Freiheit des Internets schwindet: KI als mächtiges Werkzeug für Autokraten

Die Freiheit des Internets, einst ein Symbol grenzenloser Möglichkeiten und Information, steht vor einer neuen Herausforderung: Künstliche Intelligenz (KI). Dies ist das zentrale Ergebnis des diesjährigen „Freedom of the Net“-Reports. Die Nichtregierungsorganisation (NGO) Freedom House untersucht Jahr für Jahr die Internetfreiheit weltweit. Im aktuellen Bericht rückt erstmals KI und ihr potenzieller Nutzen für Diktaturen in den Fokus.
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Freiheit des Internets durch KI bedroht. Symbolbild.Foto: iStock
Von 24. Oktober 2023

Künstliche Intelligenz (KI) ist der nächste große Player, der laut dem seit 13 Jahren erscheinenden Bericht die Freiheit des Internets bedroht. Der Titel des aktuellen Berichts: „The Repressive Power of Artificial Intelligence“. Demnach ist Künstliche Intelligenz eine der größten Gefahren für die Internetfreiheit und für die Demokratie durch die Verbreitung von Desinformation. Laut dem Bericht setzen Autokraten und Despoten bereits auf KI, um ihre Agenden voranzutreiben. Mit KI ist ein weiteres Tool dazugekommen als Ergänzung zu den genutzten Repressionsmechanismen.

Falschinformation durch KI im großen Umfang

Insgesamt zeigt der aktuelle „Freedom of the Net Report“, dass die Internetfreiheit im Jahr 2023 zum 13. Mal in Folge abgenommen hat. Von den 70 Ländern, die von Freedom on the Net erfasst wurden, haben sich die Bedingungen für die Online-Menschenrechte in 29 Ländern verschlechtert, während 20 Länder einen Zuwachs verzeichnen konnten. Zum neunten Mal in Folge wurde festgestellt, dass in China die schlechtesten Bedingungen für die Internetfreiheit herrschen, dicht gefolgt von Myanmar. Den größten Rückgang verzeichnete der Iran, gefolgt von den Philippinen und Weißrussland, Costa Rica und Nicaragua.

Island ist führend, was die Internetfreiheit anbelangt. Deutschland und die USA sind auch als „frei“ eingestuft worden. Nach dem Jahresbericht leben nur etwa 17 Prozent der Weltbevölkerung in Ländern mit freiem Internet. Circa 35 Prozent leben in Ländern mit teilweise freiem und unfreiem Internet.

KI als Mittel der Wahl bei Sabotage in der Politik

Laut Bericht wird in mindestens 16 Ländern KI zur Sabotage des politischen Diskurses eingesetzt. Obwohl Menschen nach wie vor den Großteil der Arbeit im Bereich der Desinformation verrichten, senken die erschwinglichen und benutzerfreundlichen KI-Technologien die Eintrittsbarrieren für den Desinformationsmarkt erheblich. Dies ermöglicht es, falsche und irreführende Informationen schnell, günstig und in nie da gewesenem großem Umfang zu verbreiten.

Laut dem Bericht müssen KI-Fälschungen nicht zwingend überzeugend sein, um den Diskurs „zu stören“. Videos und Tonaufnahmen können nicht nur durch KI generiert und verbreitet werden, betroffene Politiker können beispielsweise einfach behaupten, dass Videos oder Audiofiles durch KI generiert wurden, um die Echtheit zu leugnen.

Dafür hält der Bericht ein Beispiel aus dem indischen Bundesstaat Tamil Nadu bereit: Mehrere Videos, die einen Politiker zeigten, wie er seine Kollegen verunglimpfte, führten zu einem Skandal. Der Beschuldigte, Palanivel Thiagarajan, behauptete, dass die Videos nicht echt, sondern durch KI generiert waren. Später stellte sich aber heraus, dass mindestens eines der Videos echt war.

Die Folgen von KI-generierten Desinformationskampagnen

Selbst wenn Deepfakes offensichtlich gefälscht sind oder schnell als solche entlarvt werden, tragen sie dennoch zu einem verfallenden Informationsraum bei. Sie können das öffentliche Vertrauen – auch in demokratische Prozesse – untergraben, Aktivisten und Journalisten zur Selbstzensur veranlassen und eine zuverlässige und unabhängige Berichterstattung verdrängen.

KI-generierte Bilder, die die Empörung über kontroverse Themen anheizen, können die Gesellschaft weiter polarisieren und bereits bestehende Spannungen noch verstärken. Die Auswirkungen von KI-generierten Desinformationen werden sich ausweiten, so der Bericht, da die rasant steigende Qualität und Quantität des technologischen Outputs zunehmend die Kapazität von Moderatoren und sogenannten Faktenprüfern oder Regulierungsbehörden immer mehr übersteige.

Durch KI subtilere Zensur

Während durch den Einsatz von KI subtilere und effizientere Formen der Entfernung von Inhalten möglich geworden sind, ist auch die simple Zensur nach wie vor allgegenwärtig. Die Abschaltung von Internetdiensten und die Sperrung ganzer Social-Media-Plattformen sind nach wie vor die wichtigsten Taktiken der Informationskontrolle auf der ganzen Welt. Die Zahl der Länder, in denen die Regierungen Websites, die politische, soziale und religiöse Äußerungen enthielten, vollständig sperrten, erreichte in diesem Jahr mit 41 einen noch nie da gewesenen Höchststand.

In 46 der 70 untersuchten Staaten manipulieren regierungsnahe Kommentatoren Online-Diskussionen. In mindestens 21 Staaten gibt es Anordnungen zur schnellen Entfernung von Inhalten, sodass Onlineplattformen KI-Tools dafür verwenden müssen, um dem nachkommen zu können. In Indien beispielsweise müssen soziale Medien KI-gesteuerte Moderationswerkzeuge nutzen, um die per Gesetz verbotene Verbreitung bereits verbotener Inhalte zu verhindern.

Forderung nach Regulierung

Der Bericht mahnt an, dass die Regulierung von KI an Menschenrechtsprinzipien, Transparenz und unabhängige Aufsichtsbehörden gebunden sein muss. Es warnt auch davor, zu sehr auf die Selbstregulierung von privaten Unternehmen zu vertrauen, da dies in der Vergangenheit zu Bedrohungen der digitalen Rechte geführt hat.

Die Autoren des Berichts fordern konkrete Maßnahmen, wie beispielsweise die Kennzeichnung von KI-erzeugten Medieninhalten und die fortlaufende Analyse der Risiken von KI-Anwendungen für die Menschenrechte. Sie sprechen sich hingegen für ein Verbot von KI bei der Gesichtserkennung, Predictive Policing und der Live-Erkennung biometrischer Daten aus.

Nach dem Bericht ist die Freiheit des Internets weltweit weiterhin bedroht und die Regulierung von KI ein Schlüsselthema für die Erhaltung dieser Freiheit.

Wer steckt dahinter?

Der „Freedom on the Net“-Bericht ist eine jährliche Erhebung, die seit 2011 die Internetfreiheit misst. Die von der in den USA ansässigen NGO Freedom House ausgewählten 70 Länder machen 88 Prozent der weltweiten Internetbenutzer aus. Der Report wird derzeit vom Bureau of Human Rights and Labor (DRL) des US-Außenministeriums, von Google, der Schloss Family Foundation, dem niederländischen Außenministerium, Facebook, der Internet Society, Yahoo und X (Twitter) finanziert.

https://netzpolitik.org/2023/freedom-of-the-net-2023-ki-als-bedrohung-fuer-das-freie-internet/



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