Gaza: Kämpfe im Schifa-Krankenhaus neu aufgeflackert – Feuergefechte mit Hamas

Israel liefert sich erneut Gefechte in der Klinik. Derweil schickt die Regierung eine neue Delegation zu den Vermittlungsgesprächen über eine Feuerpause. Die Ereignisse im Überblick.
Das Schifa-Krankenhaus ist das größte im Gazasteifen.
Das Schifa-Krankenhaus ist das größte im Gazasteifen.Foto: Victor R. Caivano/AP/dpa
Epoch Times18. März 2024

Bei einem erneuten Einsatz der israelischen Armee im Bereich des Schifa-Krankenhauses im umkämpften Gazastreifen ist es nach eigenen Angaben zu Feuergefechten mit Terroristen der islamistischen Hamas gekommen. Während des „präzisen“ Einsatzes hätten Terroristen das Feuer auf die israelischen Soldaten aus dem Krankenhaus heraus eröffnet, teilte die Armee mit. Die Truppen hätten das Feuer erwidert und „Treffer festgestellt“.

Am späten Vormittag forderte das israelische Militär die Bevölkerung im Gazastreifen zur Evakuierung des Krankenhauses Al-Schifa in der Stadt Gaza auf. „Um Ihre Sicherheit zu gewährleisten, müssen Sie das Gebiet sofort verlassen“, erklärte Armeesprecher Avichay Adraee am Montag im Onlinedienst X. „Alle Menschen vor Ort“ sollten sich erst in Richtung Westen und dann nach Süden in ein „humanitäres Gebiet“ begeben.

Zivilisten als Schutzschilde für die Hamas

Wie Augenzeugen berichteten, wurden über dem Gebiet um das Al-Schifa-Krankenhaus Flugblätter mit der gleichen Botschaft abgeworfen. Darauf stand demnach: „Sie befinden sich in einer gefährlichen Kampfzone!“ Die Armee wirft der Hamas vor, Kliniken als  militärische Stellungen zu nutzen – und die Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.

Das israelische Militär teilte mit, die Soldaten seien angewiesen worden, „Schaden von den Patienten, der Zivilbevölkerung, dem medizinischen Personal und der medizinischen Ausrüstung abzuwenden“. Arabisch sprechende Soldaten würden eingesetzt, um „den Dialog mit den im Krankenhaus verbliebenen Patienten zu erleichtern“.

Augenzeugen berichteten aus dem Stadtbezirk al-Rimal, in dem sich das Krankenhaus befindet, von israelischen Luftangriffen. Rund um das Gelände seien dutzende Panzer positioniert. Auf dem Gelände und rings um das Krankenhaus hätten kurz nach dem Morgengrauen Schusswechsel und Kämpfe begonnen.

In einer gemeinsamen Erklärung von israelischer Armee und Geheimdienst hieß es später: „Terroristen haben vom Krankenhaus aus das Feuer auf unsere Truppen eröffnet. Die Soldaten haben zurückgeschossen.“ Möglicherweise seien durch die Schüsse Menschen getroffen worden.

Das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium sprach von „dutzenden Märtyrern“, die getötet worden seien. Eines der Gebäude des Krankenhauses sei durch die israelischen Angriffe in Brand geraten. Insgesamt befänden sich auf dem Gelände „zehntausende“ Personen.

Anführer der Hamas gesucht

In das Al-Schifa-Krankenhaus war die Armee bereits Mitte November eingedrungen – und hatte sich später wieder daraus zurückgezogen. Die Soldaten fanden dort nach Armeeangaben Munition, Waffen, und Militärgerät – und stießen auf einen 55 Meter langen Tunnel. Die Hamas bestritt dies.

Israel ist weiterhin auf der Suche nach den Anführern der Hamas im Gazastreifen. Man werde weiter im Einklang mit dem Völkerrecht gegen die Hamas vorgehen, die systematisch Krankenhäuser und zivile Infrastruktur benutze, erklärte die Armee bei der Bekanntgabe über einen erneuten Einsatz im Schifa-Krankenhaus. Terroristen würden festgenommen, teilte die Armee mit.

Auch die US-Regierung hatte Israels Darstellung gestützt, wonach die Hamas das größte Krankenhaus im Gazastreifen als Kommandozentrum und Waffenlager benutzt haben soll.

Israels Armee: Hamas hat sich neu gruppiert

Nachrichtendienstliche Informationen hätten ergeben, dass das Krankenhaus von ranghohen Mitgliedern der Hamas zur Durchführung terroristischer Aktivitäten genutzt werde, hieß es. Man wisse, dass sich die Islamisten dort neu gruppiert hätten, um Angriffe gegen Israel zu befehligen, sagte Armeesprecher Daniel Hagari.

Wurde ein Tunnel übersehen? Hier stehen israelische Soldaten am Eingang eines Tunnels, den die Hamas Berichten zufolge am 7. Oktober für einen Angriff auf Israel über den Grenzübergang Erez genutzt hat. Foto: JACK GUEZ / AFP

„Alles, was es braucht, ist ein offener Tunnel, von dem wir nichts wussten, damit die Hamas-Kämpfer vom Süden in den Norden kommen können“, sagte die frühere Offizierin der israelischen Streitkräfte der US-Zeitung. Die andauernden Kämpfe ließen erahnen, wie schwierig es sein könnte, die Hamas zu unterwerfen, schrieb das „Wall Street Journal“.

Die Hamas habe zwar die Kontrolle über einen Großteil des Gazastreifens verloren, setze aber den Kampf von den Tunneln aus fort. Die Kämpfe würden dabei sporadischer.

Die Zerstörung der weitverzweigten unterirdischen Tunnel der Islamisten könnte nach Ansicht der israelischen Militärexpertin Miri Eisin noch das ganze Jahr über dauern, so die Zeitung.

Hamas legte neuen Vorschlag vor – Israel schickt Delegation nach Katar

Die Hamas hatte den Vermittlern kürzlich einen neuen Vorschlag vorgelegt. Darin verlangt die Hamas nicht mehr, dass Israel den Krieg beendet, bevor die ersten Geiseln gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen ausgetauscht werden. Dem Vorschlag zufolge würden die Islamisten die Einstellung der Kampfhandlungen durch Israel erst zur Voraussetzung für eine zweite Phase der Geiselfreilassungen machen.

Damit näherte sich die Hamas den Inhalten eines mehrstufigen Plans an, den die Vermittler vor mehreren Wochen vorgelegt hatten und den Israel akzeptiert hatte.

Weil sich die Hamas nun bewegt hat, ist Israel bereit, erstmals seit zwei Wochen wieder an den indirekt geführten Vermittlungsgesprächen in Katar teilzunehmen. Direkt verhandeln Israel und die Hamas nicht. Das israelische Sicherheitskabinett habe die Abreise einer Delegation unter Leitung des Chefs des Auslandsgeheimdienstes Mossad, David Barnea, an diesem Montag nach Katar genehmigt, berichteten israelische Medien.

In der dortigen Hauptstadt Doha bemühen sich die Vermittler Katar, Ägypten und die USA, die zuletzt ins Stocken geratenen Gespräche voranzubringen. Israels Sicherheitskabinett habe der Delegation aber nur ein allgemeines Mandat erteilt, schrieb der gut vernetzte israelische Journalist Barak Ravid vom Nachrichtenportal „Axios“ auf der Plattform X (vormals Twitter).

Netanjahu bekräftigt Einsatz in Rafah

Die Drohung mit einer unmittelbar bevorstehenden Offensive in Rafah im Süden des abgeriegelten Gazastreifens sei nach Ansicht israelischer Beamter und Analysten ein wichtiges Druckmittel Israels bei den Gesprächen, berichtete das „Wall Street Journal“. In Rafah suchen derzeit nach Schätzungen 1,5 Millionen Palästinenser auf engstem Raum und unter elenden Bedingungen Schutz.

Während einer vom israelischen Militär am 8. Februar 2024 organisierten Medientour zeigten israelische Soldaten einen Tunnel. Dieser sei, so die Armee, ein „Hamas-Kommandotunnel“ unter einem Gelände des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) in Gaza-Stadt. Foto: JACK GUEZ/AFP über Getty Images

Hilfsorganisationen warnen vor vielen weiteren zivilen Todesopfern. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte vor seinem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz am Sonntag nochmals klargemacht, dass er an einem Militäreinsatz in Rafah festhalte und ein Ende des Gaza-Krieges vor Erreichen aller israelischen Ziele entschieden ablehne.

Israel habe aber noch keine Truppen für den Einmarsch in die an Ägypten grenzende Stadt in Stellung gebracht, berichtete das „Wall Street Journal“. Netanjahus Regierung stecke in einer Zwickmühle, zitierte die Zeitung einen Militäranalysten des Instituts für Nationale Sicherheitsstudien in Tel Aviv.

Netanjahu könne keine Truppen nach Rafah beordern, bevor er nicht einen klaren Evakuierungsplan für die Menschen dort aufgestellt habe. Man werde in Rafah vorgehen, sagte Netanjahu zu Beginn einer Kabinettssitzung. Das werde einige Wochen dauern, aber es werde passieren. Unklar war, ob er damit meinte, dass der Einsatz in Rafah in einigen Wochen stattfinden oder mehrere Wochen dauern würde.

Einige in der internationalen Gemeinschaft versuchten, den Krieg zu beenden, bevor alle Ziele erreicht seien, zitierte die „Jerusalem Post“ Netanjahu weiter. „Sie tun dies, indem sie falsche Anschuldigungen gegen die israelischen Streitkräfte, gegen die israelische Regierung und gegen den israelischen Ministerpräsidenten erheben“, fügte Netanjahu demnach hinzu.

„Sie tun dies, indem sie versuchen, jetzt, mitten im Krieg, Wahlen herbeizuführen. Und sie tun dies, weil sie wissen, dass Wahlen jetzt den Krieg beenden und das Land für mindestens sechs Monate lähmen würden“, zitierte die Zeitung Netanjahu.

Weder Israel noch die Hamas wollen die Zweistaatenlösung

US-Präsident Joe Biden machte unterdessen erneut deutlich, dass er eine Aufstockung der humanitären Hilfe für die Menschen im Gazastreifen und eine Verständigung über eine Feuerpause für dringend notwendig hält.

Man müsse außerdem vorankommen mit einer Zweistaatenlösung, die der „einzige Weg“ zu dauerhaftem Frieden und Sicherheit sei. Damit ist ein unabhängiger palästinensischer Staat gemeint, der friedlich Seite an Seite mit Israel existiert.

Netanjahu lehnt eine solche Zweistaatenlösung genauso ab wie die Hamas. (dpa/red)



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