Manfred Weber unterstützt Wahlkampf in Italien – Linke schäumt

Jüngste Umfragen gehen von einem deutlichen Sieg des Mitte-rechts-Bündnisses unter Giorgia Meloni bei den Parlamentswahlen in Italien aus. EVP-Chef Manfred Weber sucht die Nähe zu Alt-Premier Berlusconi. Deutschlands Linke und Teile des bürgerlichen Lagers sind erzürnt.
In Italien stehen Wahlen bevor.
Die italienische Abgeordnete Giorgia Meloni.Foto: ALBERTO PIZZOLI/AFP via Getty Images
Von 19. September 2022


Am 25. September werden in Italien beide Kammern des Parlaments neu gewählt – und in ganz Europa blickt man mit großem Interesse auf den Ausgang der Wahlen, die erhebliche Auswirkungen – auch auf das politische Gefüge in Brüssel – haben könnten.

Das ist auch dem Vorsitzenden der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, bewusst. Er taucht in einem Wahlkampfvideo auf. Für Irritationen in Deutschland sorgt nun, dass er ausgerechnet für den mittlerweile 85-jährigen Unternehmer und ehemaligen Premierminister Silvio Berlusconi und dessen „Forza Italia“ wirbt.

Weber sieht Chance auf „pro-europäische Regierung“ in Italien

Erforderlich geworden waren die Neuwahlen, nachdem die von der Demokratischen Partei (PD) geführte Regierung unter dem früheren EZB-Chef Mario Draghi infolge der Instabilität des vormaligen Koalitionspartners, der linken Fünf-Sterne-Bewegung, zerbrochen war.

Nun rechnen Beobachter mit einem deutlichen Erfolg des Mitte-rechts-Bündnisses, dem auch Berlusconi angehört. Forza Italia gehört wie CDU und CSU dem christdemokratischen europäischen Zusammenschluss EVP an.

Webers Sonnenscheinpolitik gegenüber dem früheren Premier dürfte aber auch dem Umstand geschuldet sein, dass die politischen Entscheidungsträger in Brüssel sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine tiefgreifende Änderung in der Zusammensetzung der Regierung in Rom einstellen müssen.

Neben Weber zeigte sich auch der frühere Präsident des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani, in dem Wahlkampfvideo. „Italien braucht eine pro-europäische Regierung und Stabilität“, erklärte Weber auf Anfrage der „Tagesschau“ sein Engagement. „Die linken Parteien, wie die Fünf-Sterne-Bewegung, haben gezeigt, dass sie dies nicht garantieren können.“

Manfred Weber (CSU) ist seit 2014 Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europäischen Parlament, dem er seit 2004 angehört. Foto: Sean Gallup/Getty Images

Deutsche Medien brandmarken Fratelli und Lega als „ultra-nationalistisch“

Demgegenüber gehen deutsche Politiker auf Distanz zu Webers Auftritten bei Forza Italia, die einem Bündnis angehören, das dem Wording deutscher Medien zufolge von „Ultra-Nationalisten“ angeführt wird.

„In meinen Augen können Menschen wie Frau Meloni und Herr Salvini keine Partner für Christdemokraten sein“, äußert sich der EVP-Abgeordnete Dennis Radtke in der ARD. „Weil sie unsere Werte nicht teilen, sondern sie mit Füßen treten.“

Wie im Fall von Le Pen verberge Melonis Partei ihre Radikalität durch „geschickte Rhetorik und Marketing“, dies ändere jedoch „nichts am postfaschistischen Kern dieser Partei“.

Jens Geier von den europäischen Sozialdemokraten zeigt sich „ziemlich erschüttert“ darüber, dass „eine christdemokratische Partei zum demokratischen Feigenblatt von einem rechtsextremen Bündnis wird“. Eine Regierungsübernahme des Mitte-rechts-Bündnisses würde die EU vor „riesengroße Probleme“ stellen. Auch Politiker aus den Reihen von FDP und Grünen zeigten sich „befremdet“ ob der Wahlkampfaktivitäten Webers.

Berlusconi brachte Italien höheres Maß an Stabilität

Berlusconi hatte der italienischen Politik von Mitte der 1990er-Jahre bis zum Beginn der 2010er seinen Stempel aufgedrückt. In der Zeit von 1994 bis 1995, von 2001 bis 2006 und von 2008 bis 2011 war er Premierminister des Landes. Das über die gesamte Nachkriegszeit von politischer Instabilität und häufig wechselnden Regierungen gekennzeichnete Italien hatte unter seiner Führung längere Phasen der Stabilität erlebt.

Gleichzeitig wurde der Medienmogul europaweit vor allem im linken und liberalen Spektrum beargwöhnt. Neben seinem exzentrischen Lebensstil und Vorwürfen rund um ausschweifende Partys und behauptete Korruption nahm man ihm dort übel, dass er den neofaschistischen MSI in ein Mitte-rechts-Bündnis unter seiner Führung aufnahm – unter der Bedingung, dass dieser sich von seiner Vergangenheit lossage.

Im Jahr 1994 setzte dessen damaliger Vorsitzender Gianfranco Fini diesen Wandel durch und bildete die „Alleanza Nazionale“. Nach mehreren Spaltungen und Führungswechseln bildet deren Kern das Grundgerüst der heutigen „Fratelli d’Italia“ unter Giorgia Meloni. Die Fratelli liegen derzeit in Umfragen mit 24,5 Prozent deutlich voran, und ihr Bündnis mit der ehemals separatistischen Lega unter Matteo Salvini, der Forza Italia und einigen zentristischen und regionalen Parteien käme derzeit auf 45,5 Prozent.

Bei einer Kundgebung der italienischen Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) im Rahmen des Wahlkampfs für die Parlamentswahlen auf der Piazza Duomo in Mailand, Italien, am 11. September 2022. Foto: PIERO CRUCIATTI/AFP via Getty Images

Cattaneo Institut: 91,5 Prozent Wahrscheinlichkeit für absolute Mehrheit

Demgegenüber käme das Mitte-links-Bündnis unter Führung der PD nur noch auf 27,7 Prozent. Die „Fünf Sterne“ könnten sich mit 13,2 Prozent gegenüber den noch schlechteren Werten von vor einigen Wochen etwas verbessern, würden jedoch gemessen an ihren mehr als 32 Prozent des Jahres 2018 einen beispiellosen Absturz erleben.

Obwohl es mit der Liste „Italexit“, die bei knapp drei Prozent der Wählerstimmen liegt, eine direkte Konkurrenz für Lega und Fratelli außerhalb des Mitte-rechts-Bündnisses gibt, könnte dieses in beiden Kammern nach derzeitigem Stand auf absolute Mehrheiten hoffen. Das Cattaneo Institut sieht das Bündnis bei 131 von 200 Sitzen im Senat und 258 von 400 in der Abgeordnetenkammer – und beziffert die Wahrscheinlichkeit absoluter Mehrheiten mit 91,5 Prozent.

Berlusconi macht auch heute noch keinen Hehl aus seiner engen freundschaftlichen Beziehung zum russischen Präsidenten in den 2000er-Jahren. Allerdings erklärte er vor einigen Wochen auch, dass dieser Kontakt abgebrochen sei und man im Kreml nicht mehr auf Kontaktaufnahmen seinerseits reagiert habe. Laut „Kurier“ nimmt Berlusconi für sich in Anspruch, durch ein längeres Telefongespräch mit Putin entscheidend zum Stopp der russischen Militäroperation in Georgien im Sommer 2008 beigetragen zu haben.



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