Noch mehr für Ukraine: Deutschland beteiligt sich mit 11,5 Milliarden Euro 2026
Die Unterstützung der Ukraine in ihrem Kampf gegen Russland soll weitergehen. Das haben die Teilnehmer des „Group of Five“-Treffens europäischer Verteidigungsminister in Berlin bekräftigt. Die bisherige Zusammenarbeit wolle man auch untereinander weiter verstärken. Deutschland will der Ukraine im kommenden Jahr mit mehr als 11,5 Milliarden helfen.
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Der Bundesminister der Verteidigung, Boris Pistorius (SPD), und die Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Kaja Kallas (l.), beim gemeinsamen Pressestatement der „Group of Five“ am 14. November 2025 in Berlin.
Die Verteidigungsminister von Deutschland, Frankreich, Polen, Italien und Großbritannien stehen weiter fest zur Ukraine
Pistorius will Anstrengungen verstärken: 2026 sollen mehr als 11,5 Milliarden Euro aus Deutschland nach Kiew fließen
Projekt zum gemeinsamen Kauf von Drohnenabwehrgütern soll kommen
Keine Aussage zu Taurus-Lieferungen
Pistorius: „Sind weit entfernt, China zum Feind zu erklären“
Wehrpflichtige sollen nicht zur Teilnahme an Friedenstruppen herangezogen werden
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat sich am 14. November 2025 im Berliner Bendlerblock erneut mit seinen Amtskollegen aus Frankreich, Großbritannien und Italien getroffen. Als fünftes Land der „Group of Five“ (GoF) hatte Polen statt des ursprünglich angekündigten Verteidigungsministers Władysław Kosiniak-Kamysz dessen Stellvertreter geschickt – Staatssekretär Paweł Zalewski.
Bei der mittlerweile sechsten GoF-Konferenz nahmen auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas aus Estland und – per Videoschalte – der ukrainische Verteidigungsminister Denys Schmyhal teil. Es ging um weitere Maßnahmen zur Stärkung der Sicherheit und Verteidigung in Europa sowie um die Lage in der Ukraine.
Deutschland wird Kiew 2026 mit über 11,5 Milliarden helfen
Bei der anschließenden Pressekonferenz bekräftigten alle Teilnehmer, dass die Ukraine sich weiterhin auf den Beistand der fünf Länder, der EU und der NATO verlassen könne – „so lange wie es nötig sein wird“, wie sich die französische Verteidigungsministerin Catherine Vautrin ausdrückte.
Pistorius erklärte, dass der Bundestag gerade erst am 13. November auf seinen Vorschlag hin zur Ausweitung der Ukrainehilfe zugestimmt habe: „Im Jahr 2026 werden wir damit auf mehr als 11,5 Milliarden Euro kommen.“
Über den „PURL-Mechanismus“ werde man weitere Waffen für die Ukraine kaufen, die nur in den Vereinigten Staaten von Amerika erhältlich seien. Als „prominentestes Beispiel“ nannte er die Patriot-Systeme und deren Flugkörper. Deutschland habe erst kürzlich auch die Finanzierung eines PURL-Pakets in einem Volumen von 500 Millionen Euro übernommen, betonte der Sozialdemokrat.
Mit dem NATO-Generalsekretär Mark Rutte habe man sich ebenfalls schon am Vortag darauf verständigt, weitere „mindestens 150 Millionen Euro“ aus deutschen Haushaltsmitteln für ein neues Paket beizusteuern.
Man werde sich auch an einem neuen Projekt zur „gemeinsamen Beschaffung kostengünstiger Drohnenabwehr“ beteiligen, das der britische Verteidigungsminister John Healey initiiert habe, versprach der Deutsche. Gute Erfahrungen habe man diesbezüglich zuletzt in Dänemark und Belgien gemacht. Beim nächsten GoF-Treffen Anfang 2026 in Warschau solle dazu „etwas Substanzielles, unterzeichnungsfähiges“ vorgelegt werden, kündigte Pistorius an.
Über den Status quo zum Thema Taurus-Lieferung könne er leider nichts sagen, antwortete Pistorius auf die Frage eines polnischen Pressevertreters.
Gemeinsames Pressestatement nach dem sechsten GoF-Treffen in Berlin. Von links: der polnische Staatssekretär Paweł Zalewski, Italiens Verteidigungsminister Guido Crosetto, die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Kaja Kallas, Bundesverteidigungsminister, Boris Pistorius, seine Amtskollegen Catherine Vautrin (Frankreich) und John Healey (Großbritannien).
Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Pistorius: „Russland versucht, von eigenen Problemen abzulenken“
Zur aktuellen Lage in der Ukraine erklärte der deutsche Verteidigungsminister, dass Russland „bewusst, massiv und immer gezielter die zivile Infrastruktur“ des Landes angreife. „Es geht Putin erkennbar und klar darum, den Winter für die Ukraine so unerträglich wie möglich zu machen, die Moral zu zerstören und den Widerstand der Ukrainerinnen und Ukrainer zu brechen.“ Doch das gelinge ihm nicht, so Pistorius.
Es sei „ganz offensichtlich“, dass Russland versuche, „von eigenen Problemen und Unzulänglichkeiten abzulenken“. Pistorius nannte beispielhaft „die erfolgreichen Schläge der Ukrainer im russischen Hinterland, aber auch die hohen Verluste an der Front“. Zugleich versuche Russland, „unsere Gesellschaften zu verunsichern und zu ängstigen“. Es sei bislang nicht erkennbar, „dass Putin auch nur im Entferntesten einen Schritt macht in Richtung Waffenstillstands oder gar Friedensverhandlungen“.
Wie Pistorius erwähnten auch die übrigen Konferenzteilnehmer immer wieder „hybride Angriffe“ verschiedener Natur, denen es auch mit Abschreckung zu widerstehen gelte.
Auf die Frage nach Beweisen für die russische Urheberschaft von Drohnensichtungen über Europa verwies Pistorius auf das Cui-bono-Prinzip: „Wem nutzt das Ganze?“ So habe beispielsweise die „massive Drohnenbedrohung in Belgien“ aus jüngster Zeit für ihn einen erkennbaren „Bezug zur Überlegung, die russischen Vermögenswerte in die Verwendung zu bringen“. Bestimmte Dinge seien naheliegender als andere, argumentierte Pistorius.
Pistorius: „Weit davon entfernt, China zum Feind zu erklären“
Auch die Ansprüche Chinas seien „immer auch ein Thema“ für die größeren NATO-Partner, räumte Pistorius auf Nachfrage von Epoch-Times-Reporter Erik Rusch ein. Gerade in den vergangenen Jahren habe man „einmal mehr sehr eindrucksvoll lernen müssen, wie sehr Konflikte, Auseinandersetzungen und gegenseitige Ansprüche miteinander verlinkt sind und unmittelbar Einfluss“ nähmen – ganz egal, ob es sich nun um China und seine Interessen im Indopazifik, um Nordkorea und Südkorea, um Indien und Pakistan oder eben um Russland handele, erklärte der Verteidigungsminister. Und weiter:
„Deswegen spielt es natürlich eine Rolle, wie wir uns als Europäer gegenüber China positionieren, ohne China zum Feind zu erklären. Davon sind wir weit entfernt.“
Die EU-Außenbeauftragte Kallas bestätigte ebenfalls, dass China schon wegen seiner Rolle als ein „Hauptakteur im russischen Krieg“ bei den Gesprächen eine Rolle spiele. Es bestünden auch Bedenken hinsichtlich der „wirtschaftlichen Zwangspraktiken“ im Reich der Mitte.
„Wir beobachten eine zunehmende Instrumentalisierung des Handels, beispielsweise bei kritischen Rohstoffen, die auch für unsere Rüstungsindustrie unerlässlich sind“, sagte Kallas. „Um die alten Abhängigkeiten loszuwerden, müssen wir einiges tun. Aber wir müssen auch sehr darauf achten, keine neuen zu schaffen, die uns genauso schaden könnten.“
Wehrdienstleistende auch in Friedenstruppen? Pistorius erteilt Absage
Gefragt nach der neuen deutschen Wehrpflichtregelung und einem möglichen Einsatz von Rekruten in Friedenstruppen, antwortete Pistorius, es gebe da „überhaupt keinen Zusammenhang“, zumal es keine Entscheidung über die Beteiligung an derartigen Truppen gebe. „Und Wehrdienstleistende würden an sowas rein spekulativ ohnehin nicht teilnehmen.“ Er präzisierte:
„Der Wehrdienst hat zwei Zwecke. Zum einen, den Aufwuchs einer Reserve von 200.000 Reservistinnen und Reservisten bis zum Ende des Jahrzehnts zu gewährleisten. Und der Wehrdienst hat den Auftrag, während der Zeit der Ausbildung der Wehrdienstleistenden-Verweildauer in der Bundeswehr – zwischen sechs und 23 Monaten – die aktive Truppe ebenfalls zu verstärken. Was wiederum der Erreichung der NATO-Fähigkeitsziele bis Mitte der Dreißiger Jahre dient.“
Der auch unter dem Kürzel „E5-Format“ bekannte, regelmäßige Austausch der fünf Länder wurde vor einem Jahr ins Leben gerufen. Treibende Kräfte waren nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums (BMVG) Deutschland und Frankreich. Die „Group of Five“ zeichnet sich demnach „vor allem durch seinen europäischen Charakter aus“. Im Mittelpunkt stünden dabei stets „die Unterstützung der Ukraine sowie die europäische Sicherheit“.
Das erste GoF-Treffen hatte am 25. November 2024 ebenfalls in Berlin stattgefunden. Damals standen neue Finanzierungsansätze und strategische Fähigkeitslücken im Fokus. Danach folgten Konferenzen in Helenow bei Warschau, Paris, Rom und London.
Patrick Reitler, geboren in den späten Sechzigerjahren am Rande der Republik. Studium der Komparatistik, Informationswissenschaft und Sozialpsychologie. Seit der Jahrtausendwende als Journalist hauptsächlich in Online-Redaktionen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und als Fußballkommentator unterwegs. Seit Ende 2022 freier Autor. Bei Epoch Times vorwiegend für deutsche Politik zuständig.