„Irans Regime ist brutale Mafia“: Todesurteile und Hinrichtungen läuten neue Phase ein

Das iranische Regime geht weiter mit aller Härte gegen die Proteste vor. Über Schauprozesse, öffentliche Hinrichtungen und Druck auf Familien versucht es, die Menschen abzuschrecken. Noch ist der Wille der Bevölkerung ungebrochen. Jedes Todesurteil gießt mehr Öl ins Feuer.
Iranische Soldaten während einer Militärparade in Teheran (Archivbild).
Iranische Soldaten während einer Militärparade in Teheran (Archivbild).Foto: Iranian Presidency/dpa
Von 15. Dezember 2022

Einer der jüngsten Fälle ist der Profifußballer Amir Nasr-Asadani. Ihm droht nach seiner Festnahme im Zusammenhang mit den Protesten im Iran die Todesstrafe. Die internationale Spielergewerkschaft Fifpro äußerte sich am Dienstag „schockiert“. Auch die iranische Fußball-Legende Ali Karimi, der früher für den FC Bayern spielte, äußerte sich bestürzt auf Twitter: „Richtet Amir nicht hin.“

Nasr-Asadani, der für Irans U16-Fußball-Nationalmannschaft und in der ersten iranischen Liga gespielt hatte, war am 18. November festgenommen worden. Die Justizbehörden werfen ihm vor, an „bewaffneten Unruhen“ in der Stadt Isfahan beteiligt gewesen zu sein. Ob das tatsächlich stimmt, ist allerdings unklar.

Orchestrierte Schauprozesse zur Abschreckung

Laut „Spiegel“ unter Berufung auf iranische Quellen handelt es sich bei den Gerichtsverfahren gegen Protestierende in erster Linie um orchestrierte Schauprozesse, ohne Verfahren, ohne Anwalt. Die Angeklagten würden unter Folter Zwangsgeständnisse ablegen und anschließend dafür hingerichtet.

Zwanzig Menschen sind laut Amnesty International bislang zum Tode verurteilt worden und täglich werden es mehr. Fast immer handelt es sich um junge Männer. Zwei wurden bereits vollstreckt und auch hier spart das Regime nicht mit Grausamkeit, um den Willen der Bevölkerung zu brechen.

An Grausamkeit kaum zu überbieten

Im Fall Mohsen Shekari, dem ersten Protestierenden, der am 8. Dezember hingerichtet wurde, stellte das Regime der Familie in Aussicht, dass der Sohn begnadigt werden könnte, wenn sie über seinen Fall schweigen würde. Laut dem Exilmedium „1500tasvir“ habe die Familie noch darauf gehofft, ihn bald wiedersehen zu können, als er bereits tot war.

Bei der öffentlichen Hinrichtung von Madschidresa Rahnaward am Montag verhielt es sich ähnlich. Das Regime lud seine Mutter ins Gefängnis ein. Weder sie noch ihr Sohn wussten, dass am nächsten Tag das Urteil vollstreckt würde. „Sie ging mit einem Lächeln im Gesicht in der Hoffnung, dass ihr Sohn bald freigelassen werde“, schrieb „1500tasvir“ zu dem Foto, das das Medium auf Twitter postete.

Sie hängten ihn öffentlich am Baukran auf

Am nächsten Tag kam das bittere Erwachen. Für seine Hinrichtung ließen sie sich eine besonders brutale Methode einfallen, heißt es in den „Salzburger Nachrichten“. Rahnaward wurde mit verbundenen Augen und auf dem Rücken gefesselten Händen öffentlich an einem Baukran aufgehängt.

Ein qualvoller Tod, bei dem der Gehängte langsam am Genick nach oben gezogen wird. So kann es mehrere Minuten dauern, bis der Erstickungstod eintritt. Aber genau das sei so von der iranischen Justiz gewollt. Ein Foto ging anschließend durch die iranischen Nachrichtenagenturen – zur allgemeinen Abschreckung.

Eine Reihe deutscher Bundestagsabgeordneter setzt sich im Netz dafür ein, weitere Hinrichtungen zu verhindern. Sie richten Appelle an die iranische Botschaft in Deutschland und auch an Bundeskanzler Olaf Scholz.

Bundestagsabgeordnete übernehmen Patenschaft für zum Tode Verurteilte

So hat der SPD-Bundestagsabgeordnete Carlos Kasper die politische Patenschaft für den Rapper Saman Yasin übernommen. Seit Oktober befindet sich der Kurde im Gefängnis. Er wurde dort gefoltert, zu einem Geständnis gezwungen und daraufhin zum Tode verurteilt. Sein Foto bei der Urteilsverkündung mit beiden Händen vor dem Gesicht machte weltweit Schlagzeilen. Grund für das Todesurteil war seine Regimekritik in seinen Liedern.

Die Mutter des Rappers soll vor einer Woche in die Isolationshaftanstalt gebracht worden sein. Das sei oft die Vorstufe zur Hinrichtung, schreibt der Bundestagsabgeordnete. „Mein Sohn ist Künstler, kein Krawallmacher. Ich flehe Sie an, als Mutter mit gebrochenem Herzen. Bitte stoppen Sie die Hinrichtung meines Sohnes“, sagte sie einem Video.

Am Dienstag, dem 13. Dezember 2022, hieße es allerdings, dass der kurdische Rapper nach Raja’i Shahr verlegt wurde. Ein Indiz dafür, dass ihm womöglich die Hinrichtung droht, so Kasper in einem Folgetweet. „Das darf nicht passieren.“

Auch der direkt gewählte Berliner Bundestagsabgeordnete Hakan Demir hat eine politische Patenschaft übernommen, für die kurdischen Brüder Farhad und Farzad Tahazadeh. Sein Aufruf ging viral und erreichte eine Million Menschen. „Sie wurden am vergangenen Dienstag verurteilt. Ich habe den iranischen Botschafter aufgefordert, diese Hinrichtungen zu stoppen!“, schrieb Demir auf der Plattform. 

Die Hinrichtung war für Mittwoch, den 14. Dezember, angesetzt, soll jedoch nach Aussage des Abgeordneten bislang nicht stattgefunden haben, wie er in einer zweiten Twitter-Botschaft bekannt gab. Das heiße jedoch nicht, dass die beiden Brüder außer Gefahr seien. Er verspricht, weiter für das Leben der Männer zu kämpfen und auch weitere Bundestagsabgeordnete für den Kampf für die zu Unrecht im Iran Verurteilten zu gewinnen.

Was treibt die Menschen an

Der ebenfalls zum Tode verurteilte Rapper Toomaj Salehi sprach letzten Monat in Interview mit „BBC“ darüber, wie die Lage im Iran ist und warum die Iraner eine „Revolution“ wollen. Offene Worte, die dem Mullah-Regime sicher nicht geschmeckt haben. Ob er sich damals im Klaren war, welchen Gefahren er sich damit aussetzte, weiß man nicht. Aber noch ist er am Leben. Auf Change.org läuft eine Petition für seine Rettung.

„Mit dem Regime ist nicht zu verhandeln“, sagte er im „BBC“-Interview:

Sie haben es hier mit einer Mafia zu tun, die bereit ist, die ganze Nation zu töten – die Menschen, die Tiere und die Natur, um Macht, Geld und die Waffen in ihrer Hand zu behalten.“

Er fügt hinzu: „Gegenüber Frauen verhalten sie sich wie Tiere. Sie sind extrem barbarisch. Man kann sie nicht mit Menschen gleichsetzen.“

„BBC“ berichtete erst kürzlich darüber, wie die Revolutionsgarden gezielt auf die Genitalien und Gesichter der Frauen schießen.

In 43 Jahren hätten schon viele versucht, mit dem Regime zu verhandeln oder das Regime von innen heraus zu reformieren. Jeder, der die Einladung angenommen hatte, wurde später getötet, so der Rapper. Die Iraner seien schon von ihrer Geschichte her ein gutherziges und friedliches Volk, aber sie haben jetzt verstanden, dass sie sich trotz der Gefahren widersetzen und für eine Revolution aufstehen müssen.

In der Tat dringe nur ein kleiner Bruchteil dessen, was in Wahrheit geschieht, tatsächlich nach draußen. Die Demonstranten hätten Angst, ihre Handys zu benutzen, weil das Regime sie dadurch ausfindig machen könnten. Und wenn jemand verhaftet würde, dann hätten sie alle Kontakte oder Videos. Den Mut der Frauen hob Salehi besonders hervor. Sie seien die ersten, die bei den Protesten rufen, sich ganz vorn in die erste Reihe stellen und sich der Sittenpolizei oder dem Militär entgegenstellen.

Hoffnung auf ein freies Land

Im Interview gab er sich zuversichtlich, dass die Bevölkerung das Regime in den nächsten Monaten oder im nächsten Jahr zu Fall bringen könnte. „Öffentliches Bewusstsein schafft Freundschaft und Frieden.“ Als Rapper sei er in verschiedenen Kreisen unterwegs und bekomme da eine Menge mit. „Wir müssen weiterkämpfen und durchhalten“, sagte er.

Für danach wünsche er sich einen Übergangsrat mit Leuten aus dem Ausland oder Leuten, die aktuell im Gefängnis einsitzen, um Verhandlungen für mehr Harmonie im Land zu führen. Ein freies Iran bedeute für ihn: Ohne Angst davor, auf der Straße gehen zu können, ohne dass man entführt wird, und dass das per Gesetz geschützt wird. Sich freuen zu dürfen. Das Tanzen sei im Iran verboten. Und vor allem keine Freifahrtscheine mehr dafür, Frauen zu schlagen und zu vergewaltigen.

Erwartungen an westliche Regierung hätten sie „keine“. „Wir schauen nicht nach außen.“ Manche haben Solidarität bekundet, das sei in Ordnung als Ermutigung. Andere Regierungen hätten das iranische Regime unterstützt, wegen der starken iranischen Öl- und Gaslobby.

Doch wie sieht die Lage nun aus

Doch wie ist die aktuelle Lage nun? Mit den Todesurteilen und Hinrichtungen will das Regime offenbar beweisen, dass es auch vor Massenexekutionen wie im Jahre 1988 nicht zurückschreckt. Damals wurden in kürzester Zeit mehrere Tausend Menschen hingerichtet.

Doch bislang scheinen die Todesurteile mehr Wut in der Bevölkerung auszulösen, als Trauer.

Gleich nach dem ersten verhängten Todesurteil kam es wieder zu Protesten. Allerdings würden die Menschenmassen zunehmend schneller aufgelöst, schreibt der „Spiegel“ unter Berufung auf Quellen. Das Regime habe jeweils eine Straßenspur sperren lassen, damit die Miliz schneller zum Versammlungsort kommt und die Mengen auseinandertreibt.

 



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