Aus Protest: Tausende Hongkonger kaufen pro-demokratische Zeitung „Apple Daily“

Nach der Festnahme des Hongkonger Medienunternehmers Jimmy Lai haben Tausende Hongkonger dessen Zeitung "Apple Daily" gekauft. 550.000 Exemplare hat die Hongkonger Tageszeitung „Apple Daily“ gedruckt – fünfmal so viel, wie an jedem anderen Tag. Die Solidarität der Hongkonger ist überwältigend.
Von 11. August 2020

Medienunternehmer Jimmy Lai (71) und die Aktivistin Agnes Chow – beide führende Vertreter der Demokratie-Bewegung in Hongkong – wurden am 10. August (Montag) festgenommen. Der Hongkonger pro-demokratische Aktivist wurde mit einem seiner Söhne und anderen Vertretern der Bewegung während einer Razzia abgeführt. Ihnen werden nach Angaben der Polizei unter anderem „heimliche Absprachen mit einem fremden Land, aufsässiges Reden und Verschwörung zum Betrug“ vorgeworfen.

Etwa 200 Polizisten kamen in die Redaktion der Hongkonger Tageszeitung „Apple Daily“ und durchsuchten das Büro. Die Polizisten durchwühlten Schreibtische sowie Papiere und forderten die Mitarbeiter auf, Ausweise vorzulegen. Sie warnten die Journalisten, die Razzia zu filmen oder zu fotografieren. Die Razzia dauerte etwa sechs Stunden. Obwohl ein zuständiger Kommissar behauptete, dass die Beamten keine Notizbücher oder Papiere der Reporter durchsuchten oder mitnahmen, füllte das von ihnen beschlagnahmte Material 25 Kisten.

Jimmy Lai, ein aktiver Kritiker Pekings, ist die bisher bekannteste Persönlichkeit, die aufgrund des umstrittenen Nationalen Sicherheitsgesetzes inhaftiert wurde.

Die Hongkonger Tageszeitung „Apple Daily“ reagiert auf die Verhaftung ihres Eigentümers mit Widerstand. In der neuesten Ausgabe verkünden sie auf der Titelseite: „Apple Daily muss weiterkämpfen“ und bebilderten diese mit Lai in Handschellen. Statt den üblichen 100.000 Exemplaren druckten sie mehr als 550.000 Exemplare. Die „Apple Daily“ ist in Hongkong sehr beliebt und vertritt eine pro-demokratische und Peking-kritische Linie.

Solidarität mit der „Apple Daily“ – Aktienwert stieg um fast 1000 Prozent

Dutzende Menschen standen am Dienstag in der ganzen Stadt Schlange, um die „Apple Daily“ zu kaufen. „Hongkong ist ein Ort mit Pressefreiheit, aber die Polizei unterdrückt diese Pressefreiheit jetzt. Ich bin sehr wütend“, sagte eine Frau namens Chan, die 16 Zeitungen kaufte.

Ein Restaurantbesitzer erstand 50 Ausgaben an einem Zeitungsstand im Geschäftsviertel Mong Kok, um sie zu verschenken. „Da die Regierung ‚Apple Daily‘ nicht überleben lassen will, müssen wir Hongkonger sie selbst retten“, sagte er AFP.

Seit dem Inkrafttreten des sogenannten Sicherheitsgesetzes fürchten sich viele Hongkonger davor, ähnlich wie im vergangenen Jahr auf der Straße für mehr Demokratie in der chinesischen Sonderverwaltungszone zu demonstrieren. Demokratieaktivisten werden reihenweise festgenommen. Stattdessen suchen die Hongkonger nun nach anderen Wegen, um ihren Protest auszudrücken.

Nach Lais Festnahme wurden massenhaft Aktien seiner Mediengruppe gekauft, der Aktienwert des Unternehmens stieg um fast 1000 Prozent.

Berichten zufolge seien bisher mindestens 20 Personen wegen angeblicher Verstöße gegen das Sicherheitsgesetz verhaftet wurden, doch nur gegen einen Mann wurde Anklage erhoben, berichtet die staatstreue „South China Morning Post“. Die Festgenommenen hätten Materialien bei sich gehabt, worauf die Unabhängigkeit Hongkongs gepriesen wurde.

Bereits ab 2 Uhr morgens warteten Menschen auf die Zeitung

Im Arbeiterviertel von Mongkok, einem Stadtteil Hongkongs auf der Halbinsel Kowloon, warteten bereits um 2 Uhr morgens Dutzende Menschen auf die neueste Ausgabe der Zeitung, berichtet „The Guardian“. „Was die Polizei gestern getan hat, hat die Pressefreiheit brutal beeinträchtigt“, sagte die 45-jährige Kim Yau, als sie ein Exemplar von „Apple Daily“ kaufte.

Alle Hongkonger mit einem Gewissen müssen heute Hongkong unterstützen, unterstützt Apple Daily“, sagte sie.

Aktivist Joshua Wong erhielt seine Ausgabe um 4 Uhr morgens, wie er in einem Twitter-Bild verkündete. Er schrieb:

Ich glaube @JimmyLaiApple wäre wirklich beeindruckt, wenn er wüsste, dass Hunderttausende Hongkonger @appledaily_hk gekauft haben“.

 

Internationale Reaktionen auf die Verhaftung Lais

Am Montagabend sagte US-Vizepräsident Mike Pence, die Verhaftung von Lai sei „zutiefst beleidigend und ein Affront gegen freiheitsliebende Menschen auf der ganzen Welt“.

US-Außenminister Mike Pompeo erklärt, er sei „zutiefst beunruhigt“ über die Verhaftung von Lai.

„Ein weiterer Beweis dafür, dass die KP Chinas Hongkongs Freiheiten ausgeweidet und die Rechte der Bevölkerung ausgehöhlt hat“, schrieb Pompeo in einem Twitter-Post.

Der US-Außenminister bezeichnete Lai als „Patrioten“, Peking hingegen hat Lai in der Vergangenheit oft als „Verräter“ betitelt.

 

Britische Regierung: Gesetz ist ein Vorwand, die Opposition zum Schweigen zu bringen

Die britische Regierung erklärte, die Verhaftungen von Lai und Chow seien ein weiterer Beweis dafür, dass das Gesetz zur Nationalen Sicherheit als „Vorwand benutzt wird, um die Opposition zum Schweigen zu bringen“.

Ein Sprecher des chinesischen Büros für Hongkong- und Macau-Angelegenheiten sagte gegenüber der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur „Xinhua“, Lai repräsentiere Menschen, die „gegen China, gegen Hongkong“ seien, und er plane und initiiere „illegale“ Proteste, finanziere Pro-Unabhängigkeitskräfte und benutze seine Mediengruppe, um Gerüchte zu verbreiten.

Das chinesische Regime hat die Darstellung forciert, dass die im vergangenen Jahr entfachten Massenproteste durch das Ausland angeheizt wurden, um Chaos zu schüren.

Lai suchte Unterstützung für die Demokratie in Hongkong in den USA

Der 71-jährige Lai war zuvor nach Washington gereist, wo er mit Amtsträgern wie Mike Pence, Mike Pompeo und der Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi zusammentraf, um Unterstützung für die Demokratie in Hongkong zu gewinnen.

Wir werden weiterhin nach der Wahrheit streben und ohne Furcht oder Bevorzugung berichten, was in Hongkong geschieht“, schrieb Jessie Pang, Hongkong-Korrespondentin von Reuters, auf Twitter.

Internationale Medien in Hongkong weichen aus – die „Times“ geht nach Seoul

Hongkongs Medienindustrie hatte sich schon vor der Einführung des neuen Gesetzes auf mögliche Auswirkungen vorbereitet. Die großen Nachrichtenagenturen der Welt, darunter „New York Times“ oder das „Wall Street Journal“ haben bisher Hongkong für ihre asiatische Korrespondenz als Sitz verwendet.

Nun müssen sie teilweise ausweichen; wie die „Times“ im Juli verkündet hat, nach Seoul. „Times“ berief sich dabei auf die Unsicherheit hinsichtlich des neuen Gesetzes.



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