Trotz Reichweitenrekord: Österreichs „Wochenblick“ muss „ehrenvoll den Hut nehmen“

Der österreichische „Wochenblick“ hört auf. Zu groß und vielfältig waren offenbar die Anfeindungen und finanziellen Fesseln, um sich trotz Reichweitenrekord länger über Wasser halten zu können. Ein Verlust für die Medienvielfalt, findet so mancher.
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Der österreichische „Wochenblick“ hört auf.Foto: iStock
Von 22. Dezember 2022

Kürzlich teilte der Geschäftsführer der österreichischen Wochenzeitung „Wochenblick“ seinen Lesern mit: „Es ist meine traurige Pflicht, Sie darüber zu informieren, dass der ‚Wochenblick‘ nun tatsächlich aufhört.“ Man werde noch im Dezember die Berichterstattung Print und Online einstellen. Für viele der Mitarbeitenden sei der „Wochenblick“ nicht nur ein Job gewesen, sondern eine Herzensangelegenheit, erklärte Norbert Geroldinger.

Doch offenbar konnte die kritische Zeitung den Angriffen ihrer Gegnerschaft nicht länger standhalten. Wie Geroldinger schilderte, habe die Beurteilung der wirtschaftlichen Situation ergeben, „dass der Betrieb nicht länger haltbar ist“. Der Zeitungsverleger berichtete von „unzähligen Widerstände[n] und Anfeindungen“, es habe „unzählige Anzeigen und Angriffe“ gegeben.

Wie Geroldinger ausführte, habe man 2022 sogar den eigenen Reichweitenrekord geknackt und seit der Gründung 2016 noch nie so viele Leser gehabt. Der „Wochenblick“-Chef sagte aber auch, dass ihnen Google die Werbung abgeschaltet habe und die sozialen Medien sie boykottiert und zensiert hätten.

Man habe die eigene Linie nie aufgegeben, immer den Standpunkt vertreten, den man als wahr recherchiert habe, sich nie angedient und nie verkauft. Das werde man auch jetzt nicht tun. Letztlich meinte Geroldinger, man werde „ehrenvoll den Hut nehmen“. Es sei der Zeitpunkt, „an dem es am schönsten war“.

Das „rechte“ Blatt hört auf

Der österreichische „Standard“ schreibt unter dem Titel „Rechter ‚Wochenblick‘ stellt Berichterstattung ein“: „Das vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) als ‚rechts außen‘ und FPÖ-nahe eingestufte Medium war in der Pandemie stark mit Verschwörungsmythen aufgefallen.“ Hauptthemen des Mediums seien „Corona-Diktatur“ und „Great Reset“ gewesen, wird angegeben.

Zudem sei der „Wochenblick“ immer wieder vom Presserat gerügt worden – „zuletzt nach der Veröffentlichung eines Vergewaltigungsvideos“. Der „Standard“ hatte in einem anderen Beitrag ausführlich darüber berichtet, dass der Presserat festgestellt habe, dass durch die Veröffentlichung des Videos die Menschenwürde und Intimsphäre der vergewaltigten Frau „grob missachtet“ worden sei. Der „Wochenblick“ habe damit schwerwiegend gegen den Ehrenkodex der österreichischen Presse verstoßen und die vermittelte Grausamkeit sei „verstörend und erschütternd“.

Bei dem Video vom August dieses Jahres soll es sich um Aufnahmen einer Überwachungskamera handeln, die Szenen der Vergewaltigung einer mutmaßlich 55-jährigen Ukrainerin auf offener Straße in Italien zeige. Die Schreie der nicht genau erkennbaren Frau sind zu hören, als ein Mann mit dunkler Hautfarbe sich an ihr vergeht.

Nach Angaben des „Wochenblicks“ habe auch die jetzige italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni das Video auf Facebook geteilt und kommentiert: „Man kann angesichts dieser grausamen Episode sexueller Gewalt gegen eine ukrainische Frau, die tagsüber in Piacenza von einem Asylbewerber begangen wurde, nicht schweigen.“ Die linke Presse habe daraufhin Meloni „Pietätlosigkeit“ vorgeworfen.

„Schade“, meinte eine Autorin in einem Meinungsbeitrag auf der österreichischen Blog-Seite „TKP“ über das Ende der Wochenzeitung. Obwohl der „Wochenblick“ nach Angaben der Autorin „das rechte Spektrum der Gesellschaft“ bedient habe und viele Themen „in einer Art und Weise ansprach, die ich persönlich nicht teilen kann bzw. konnte“, sei es in ihren Augen ein Verlust für die „wirkliche Medienvielfalt“, die allein für Meinungs- und Pressefreiheit sorge.

Schließlich erinnert die Autorin an ein bekanntes Zitat, das unter anderem dem englischen Schriftsteller George Orwell zugeschrieben wird: „Journalismus ist zu drucken, was andere nicht gedruckt sehen wollen. Alles andere ist Public Relations.“ Orwells bekanntestes Werk war der dystopische Roman „1984“, der von einem totalitären Überwachungsstaat handelt, beherrscht von einer fiktiven sozialistischen Partei.

Ob Orwell tatsächlich diese Worte sagte, ist indes ungewiss. Sie werden auch anderen Personen der Geschichte zugeschrieben, teils mit leichten Abwandlungen. Am Sinn des Zitats ändert diese Quellenunsicherheit jedoch nichts.

Redakteur-Statements zum Ende

Einige der im „Wochenblick“ veröffentlichten Autoren wollten zum Aus der Zeitung ihr Statement abgeben.

Eine von ihnen ist Birgit Pühringer, eine ehemalige Polizistin, die nach 20 Jahren Staatsdienst für „öffentliche Kritik an der derzeitigen Politik und Vorgehensweise der Polizei mit Regierungskritikern“ eine Disziplinaranzeige bekam. Nach ihrem Freispruch hängte sie die Uniform an den Nagel. Die vierfache Mutter wollte fortan selbst „einen Teil zur aufrichtigen und ehrlichen Berichterstattung“ beitragen. Sie habe ihre wahre Berufung gefunden, heißt es bei „Wochenblick“.

Zum Ende der Wochenzeitung schrieb Pühringer: Sie habe den „Wochenblick“ von Anfang an gekannt und regelmäßig in Oberösterreich gelesen – als sie noch bei der Polizei war. „Ich schätzte die kritische Berichterstattung. Endlich gab es ein Medium, das ein Gegengewicht zur gleichgeschalteten Medienlandschaft in Österreich bildete und Dinge beim Namen nannte“, so die Ex-Polizistin. „Nun ist es so weit. Eine Ära in der Aufklärung neigt sich dem Ende zu.“

Kurt Guggenbichler, der Jahrzehnte lang als Journalist und leitender Angestellter bei renommierten Zeitungen gearbeitet hatte, schrieb: „Zum Abschied ein leises Servus“. Guggenbichler kündigte aber auch an, dass sein „publizistischer Einsatz für Demokratie, Freiheit und die Rechte der Bürger“ noch lange nicht beendet sei. Er schreibe weiter. Dem „Wochenblick“ half Guggenbichler als erster Chefredakteur der 2016 gegründeten Zeitung auf die Beine. Zwei Jahre lang. Dann widmete er sich wieder mehr seinem eigenen journalistischen Schreiben.

Über die „anfänglichen Verleumdungen und Verunglimpfungen durch sogenannte Journalistenkollegen“ schrieb Guggenbichler, dass sie diese für den überschwänglichen Dank ihrer Leser für ihren „publizistischen Einsatz und unser Eintreten für Freiheit und Demokratie“ gern in Kauf genommen hätten, zumal sich viele der ihnen unterstellten „Verschwörungstheorien“ mittlerweile als sehr real herausgestellt hätten.



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