Wie das Coronavirus die Schuldenbremse aushebelt
Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus macht auch vor der Schuldenbremse nicht halt: Am Mittwoch soll Bundestag darüber abstimmen, ob bei dieser im Grundgesetz verankerten Vorschrift zum ersten Mal der Passus für "außergewöhnliche Notsituationen" zum Tragen kommen soll, der mehr neue Schulden erlaubt.

Im deutschen Bundestag (8. November 2019).
Foto: JORG CARSTENSEN/dpa/AFP via Getty Images
Was ist die Schuldenbremse?
Der Begriff umschreibt die Festlegungen in den Artikeln 109 und 115 des Grundgesetzes. „Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen“, heißt es in Artikel 109. Artikel 115 besagt, dass sich der Bund im Normalfall maximal in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschulden darf.
Außerdem sind „bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung“ Abweichungen in begrenztem Umfang erlaubt. Für die Bundesländer regeln jeweils eigene Landesgesetze die Details.
Welche Ausnahmen sind möglich?
„Im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen“, kann der Bund die vorgegebenen Kreditgrenzen überschreiten. Dass dies bei der aktuellen Corona-Pandemie der Fall ist, dürfte wohl niemand ernsthaft bestreiten.
Wie wird eine Ausnahme festgelegt?
Die Aufhebung der Kreditbegrenzung muss von der Mehrheit der Mitglieder des Bundestags beschlossen werden. Hierbei handelt es sich um die sogenannte Kanzlermehrheit von aktuell 355 Stimmen.
„Der Beschluss ist mit einem Tilgungsplan zu verbinden“, heißt es im Grundgesetz weiter. Die Regierung muss also darlegen, wie sie die angestrebten Kredite wieder zurückzahlen will, denn dies muss „binnen eines angemessenen Zeitraumes“ geschehen.
Warum wurde die Schuldenbremse eingeführt?
Hintergrund war unter anderem der hohe Stand der Staatsverschuldung nach der Finanzkrise 2008/2009. Unter diesem Eindruck wurden Forderungen laut, die Verschuldungsmöglichkeiten des Staates grundsätzlich einzuschränken.
Zugleich muss Deutschland innerhalb der EU den Stabilitäts- und Wachstumspakts einhalten und beteiligt sich auch am sogenannten Fiskalpakt, der ebenfalls Vorgaben zur Begrenzung der Neuverschuldung und des Gesamtschuldenstands gibt.
Die Grundgesetzänderung trat 2011 in Kraft. Anschließend galten noch Übergangsregelungen – für den Bund bis einschließlich 2015 und für die Länder bis einschließlich 2019.
Welche Kritik gibt es an der Schuldenbremse?
Neben Unzufriedenheit mit der konkreten Ausgestaltung der Schuldenbremse gibt es auch Stimmen, die eine solche Beschränkung der Staatsverschuldung grundsätzlich für problematisch halten.
So forderte etwa die Linksfraktion im Bundestag erst vor einigen Monaten in einem Antrag die Abschaffung der Schuldenbremse, um mehr Investitionen in die öffentliche Infrastruktur zur ermöglichen. Die Grünen-Fraktion plädierte für eine „Weiterentwicklung“, damit mehr Geld insbesondere in die Bekämpfung des Klimawandels gesteckt werden kann. (afp)
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