Das EU-Ölembargo geht weiter: Nun auch kein Diesel mehr aus Russland

An diesem Sonntag ist eine weitere Stufe des Ölembargos gegen Russland in Kraft getreten: ein Importstopp für Diesel und Co. Steigen nun erneut die Preise an der Zapfsäule?
Das EU-Ölembargo geht weiter: Nun auch kein Diesel mehr aus Russland
Vor zehn Jahren war der Dieselpreis noch 47 Cent niedriger.Foto: iStock
Epoch Times5. Februar 2023

Fast ein Jahr nach Beginn des Ukraine-Krieges greifen seit dem 5. Februar weitere EU-Sanktionen gegen Moskau.

Schon seit Anfang Dezember darf bereits kein russisches Rohöl mehr per Tanker in die EU eingeführt werden, seit Anfang Januar verzichtet Deutschland auf Importe über die Pipeline Druschba. Ab jetzt will die EU auch keine Raffinerieprodukte wie Diesel, Benzin oder Schmierstoffe mehr aus Russland abnehmen.

Zudem gilt ab sofort eine Regelung, die Russland dazu zwingen soll, Erdölprodukte künftig unter Marktpreis an Abnehmer in anderen Staaten zu verkaufen. Die Maßnahmen sollen es Präsident Wladimir Putin schwerer machen, den Krieg von seiner Seite aus weiter zu finanzieren. Zu erwarten sind auch Folgen für Deutschland.

Wie groß ist die Abhängigkeit zu Russlands Diesel?

„Die allgemeine Versorgungssicherheit und die Sicherheit der Versorgung mit Kraftstoffen ist gewährleistet“, versichert ein Sprecher von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Auch der Mineralölverband Fuels & Energie sieht keine Versorgungslücke. Es geht vor allem um Diesel. Zwar deckte Deutschland laut Branchenverband 2022 rund 12,5 Prozent seines Verbrauchs aus Russland ab, doch Ersatz sei in Planung. Zum Beispiel aus den USA, Westeuropa und dem arabischen Raum, teilt der Mineralölverband mit. Benzin werde nicht aus Russland importiert. Für den Notfall gebe es eine Kraftstoffreserve für 90 Tage.

Was die Lage der EU betrifft, beäugt der Rohstoffexperte der Commerzbank, Christian Fritsch, die Lage kritischer. Gegenüber der „Tagesschau“ macht er deutlich:

Die EU-Staaten hatten nach dem Beschluss des Öl-Embargos acht Monate Zeit, unabhängiger von Diesellieferungen aus Russland zu werden. Unternommen haben sie aber nichts.“

Aus dem monatlichen Ölmarktbericht der Internationalen Energieagentur geht hervor, dass die Dieselimporte aus Russland keinesfalls abgenommen haben. Stattdessen importierte die EU im Dezember 2022 sogar 720.000 Barrel Diesel pro Tag aus Russland. Das stellt den höchsten Wert seit März 2021 dar.

Auch der russische Energieexperte Alexej Belogorjew bezweifelt, dass die EU diesen Lieferanten einfach so ersetzen kann. Wenn man die USA, Saudi-Arabien und Indien zusammen nehme, kämen diese nämlich nur auf 200.000 Barrel Diesel pro Tag.

Wird der Diesel dann noch teurer?

Der Düsseldorfer Energieexperte Jens Südekum erklärt: „Ich glaube nicht, dass wir dramatische Preissprünge sehen werden.“ Die nun greifende Embargostufe sei lange angekündigt.

„In den vergangenen Wochen und Monaten haben wir an den wichtigen Häfen Rotterdam, Antwerpen oder Amsterdam regelrechte Hamsterkäufe gesehen“, berichtet der Ökonom. „Das heißt, man hat vor dem Embargo rangeschafft, was noch ging. Die Diesellager sind voll bis zum Anschlag. Das wird die Preisanstiege begrenzen.“

Auch Thomas Puls vom Institut der Deutschen Wirtschaft weist darauf hin, dass Diesel auf dem Weltmarkt knapp sei. Wenn die EU nicht mehr in Russland kaufe, müsse der Treibstoff aus entfernteren Gegenden kommen, etwa aus Saudi-Arabien. Die Kapazität der Spezialschiffe sei begrenzt, die Wege seien länger, die Transporte somit teurer.

Nicht vergessen werden sollte, dass bereits im Jahr 2022 die Dieselpreise so teuer waren wie noch nie in Deutschland. Laut einem ADAC-Bericht lag der Durchschnittspreis für Diesel bei 1,95 Euro. Das stellt den höchsten Wert seit zehn Jahren dar. Damals betrug dieser noch 47 Cent weniger, also 1,48 Euro.

Der Plan der EU, um Preissteigerungen zu verhindern

Mit einem neu geltenden Preisdeckel für russische Erdölprodukte will die EU Preissteigerungen verhindern. Das heißt, sie will gemeinsam mit Partnern wie den USA Russland zwingen, diese Stoffe an Drittstaaten unter Marktpreis zu verkaufen.

Funktionieren soll das so: Wichtige Dienstleistungen für die russischen Exporte – etwa Transporte westlicher Reedereien oder Versicherungen – sollen nur dann erlaubt sein, wenn der Preis des exportierten Guts die gesetzte Obergrenze einhält. Ziel der EU: Die Kombination aus Importstopp und Preisdeckel soll Russlands Einnahmen „signifikant reduzieren“ und zugleich die globalen Preise stabilisieren.

Für hochwertige Ölprodukte wie Diesel wurde eine Preisobergrenze von vorerst 100 US-Dollar pro Barrel vereinbart. Umgerechnet sind das derzeit rund 92 Euro. Zum Vergleich: An internationalen Börsen wurde ein Barrel Diesel zur Lieferung nach Europa zuletzt zu Preisen von umgerechnet etwa 100 bis 120 Euro gehandelt. Für weniger hochwertige Erdölprodukte wie Heizöl soll eine Preisobergrenze von zunächst 45 Dollar (rund 41 Euro) pro Barrel gelten.

Tut das Embargo Russland wirklich weh?

Niemand in Russland gibt Sanktionsschmerzen zu. Vielmehr betont die Führung in Moskau, dass sich das Öl auf dem Weltmarkt ohnehin vermische und sie andere Absatzwege fände – in Indien etwa. Allerdings muss Russland große Preisnachlässe gewähren, nach Südekums Angaben etwa 30 Prozent im Vergleich zu westlichen Ölsorten.

2022 stiegen Russlands Einnahmen aus dem Verkauf von Gas und Öl nach Angaben von Vizeregierungschef Alexander Nowak um knapp ein Drittel. Die Ausfuhr von Erdöl habe um sieben Prozent zugelegt. Das EU-Embargo gegen Rohöl auf Tankern griff erst zum 5. Dezember. Bei Gas gibt es kein Embargo, Russland selbst hat die Exporte in die EU gedrosselt.

Nowak räumt Unsicherheiten ein, was künftige Einnahmen betrifft. Zugleich hofft Russland auf Milliardengebühren, wenn es statt eigenen Öls künftig Öl aus der Ex-Sowjetrepublik Kasachstan durch die russische Druschba nach Deutschland durchleitet.

Wird das EU-Embargo eingehalten?

Russland hat nach einer Recherche des „Economist“ bereits Mittel gefunden, das Ölembargo zu umgehen. Demnach entwickelt sich ein Graumarkt mit eigenen Schiffs- und Versicherungskapazitäten, teils gestützt auf Garantien des russischen Staats. Gegen den internationalen Preisdeckel für Rohöl wehrte sich Putin mit der Anordnung, ab 1. Februar nicht mehr in Länder zu liefern, die ihn einhalten.

Bei der neuen Embargostufe sieht Ökonom Südekum neue Schlupflöcher: „Ein Haupteffekt des Embargos wird sein, dass russischer Diesel nicht mehr direkt in die EU gelangt, wohl aber indirekt. Russland liefert an Nationen wie Indien oder Saudi-Arabien, die das billige Öl einkaufen, in ihren Raffinerien verarbeiten und uns dann den Diesel verkaufen.“

Das sei nicht Sinn des Embargos. Aber selbst wenn es gelänge, diese Umgehung zu unterbinden, „dann wäre die Frage der Diesel-Preise in Europa auch sicher kritischer“. Mit anderen Worten: Diese Einfuhren verhindern noch größere Knappheit in der EU. (dpa/il)



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