Auswärtiges Amt: Abhängigkeit von China und Indien ist "schmerzhafte Erfahrung"
"Es mutet schon merkwürdig an, wenn der größte Binnenmarkt der Welt mit rund 450 Millionen Menschen offenkundig zentrale Güter überhaupt nicht mehr vorhält", sagte der für Europa zuständige Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD).

Chinesische Arbeiter bei Herstellung von Mundschutz.
Foto: STR/AFP via Getty Images
Die Bundesregierung hat den französischen Vorstoß zur Re-Europäisierung systemrelevanter Produkte begrüßt. „Wir müssen im Zweifelsfall auch für überlebenswichtige Güter eine gewisse Eigenversorgung garantieren“, sagte der für Europa zuständige Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), der „Welt“ auf die Frage, ob die EU in den vergangenen Jahren zu viele sensible Sektoren globalisiert habe. „Es mutet schon merkwürdig an, wenn der größte Binnenmarkt der Welt mit rund 450 Millionen Menschen offenkundig zentrale Güter überhaupt nicht mehr vorhält.“
Man habe feststellen müssen, „dass es bei gewissen, dringend benötigten medizinischen Produkten gar keine europäische Autonomie und Souveränität mehr gibt“. Es sei eine „schmerzhafte Erfahrung, sich einzugestehen, bei medizinischen Produkten teilweise abhängig zu sein von China und Indien“.
Der französische Präsident habe an diesem Punkt recht. „Die Tatsache, dass wir die Herstellung bestimmter Produkte in bestimmten Ländern konzentriert haben, stellt uns heute vor besondere Schwierigkeiten“, sagte Frankreichs Europaministerin Amélie de Montchalin der „Welt“. Diese Tatsache müsse man hinterfragen.
„Und wir müssen uns fragen, wie wir hier auf europäischer Ebene wieder Souveränität erlangen können. Das werden die Fragen sein, die wir uns in der Zeit nach der Krise stellen werden müssen.“ Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte zuletzt gefordert, dass Europa künftig bei sensiblen Gütern wie Medikamenten nicht mehr von Drittstaaten abhängig sein dürfe. Auf diesen Feldern die Regeln des Marktes frei walten zu lassen, sei eine „Verrücktheit“.
Krisenstab befasst sich mit Bevorratung
Zuvor hatte auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Beschränkungen bei der Versorgung und dem Schutz des medizinischen Personals eingestanden. „Der Krisenstab der Bundesregierung hat sich zudem konkret mit Bevorratungen und Beschränkungen seitens des Bundes und der Länder befasst“, sagte er der „Welt am Sonntag“.
Auch Hersteller in Deutschland seien oft selbst auf Vorprodukte aus China angewiesen. „Über das richtige Maß an Globalisierung werden wir auch diskutieren müssen“, sagte Spahn.“Wir sollten bei Arzneimitteln oder Schutzausrüstungen nicht in diesem Umfang von anderen Regionen der Welt abhängig sein. Da kommt weltweite Arbeitsteilung an ihre Grenzen. Sicherheit ist hier wichtiger als ökonomische Effizienz.“ (dts)
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