Atemmasken und Schutzanzüge: Krisenstab prüft Lagerbestände in Deutschland – Notfalls auch Beschlagnahmungen oder Exportverbote

Die Zahl der Coronavirus-Fälle in Deutschland steigt - in Hamburg ist nun auch ein Mitarbeiter des Universitätsklinikums positiv getestet worden. Der Krisenstab der Bundesregierung berät heute über weitere Vorkehrungen.
Titelbild
Ärzte und Pflegepersonal im Krankenhaus. Symbolbild.Foto: iStock
Epoch Times28. Februar 2020

Ein Mitarbeiter der Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) hat sich mit dem neuartigen Coronavirus infiziert. Das teilten die Klinik und die Behörde für Gesundheit mit.

Alle Kinder und Eltern, die engen Kontakt mit dem Mitarbeiter hatten, gehen demnach nun 14 Tage in Quarantäne – je nach Gesundheitszustand im UKE oder zu Hause. Auch andere Mitarbeiter gehen in eine häusliche Isolation. Auf der betroffenen Station sollen vorerst keine neuen Patienten mehr aufgenommen werden.

Der Krisenstab der Bundesregierung berät am Freitag über weitere Vorkehrungen gegen das neue Virus Sars-CoV-2, das die Lungenkrankheit Covid-19 auslösen kann.

Die Fälle in Deutschland mehren sich, aktuell gibt es mehr als 30 bestätigte Infektionen. Daneben waren vor mehreren Wochen bereits 16 weitere Sars-CoV-2-Infektionen gemeldet worden – diese Menschen gelten inzwischen alle als virusfrei.

Der Virologe Christian Drosten sagte am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“: „Wir werden in den nächsten Tagen sehen, dass neue Fälle und kleine Fallgruppen wie die Pilze aus dem Boden schießen werden.“ Deutschland werde in Europa eines der Länder mit den höchsten Fallzahlen sein, „weil unsere Bevölkerung sehr reisefreudig ist“.

Allein in Nordrhein-Westfalen kamen am Donnerstag 14 neue Fälle dazu, außerdem wurden vier weitere Infektionen in Baden-Württemberg sowie jeweils ein neuer Fall in Rheinland-Pfalz, Hessen und Bayern gemeldet.

Die Bundesärztekammer rief die Bürger auf, „besonnen“ zu bleiben. Wer Bagatellerkrankungen mit nur leichten Beschwerden habe, „sollte nicht die Notaufnahmen und Praxen verstopfen, sondern zuhause bleiben“, um nicht unnötig Kapazitäten für mögliche Corona-Patienten zu verbrauchen, sagte Kammer-Vizepräsidentin Heidrun Gitter den Funke-Zeitungen. Im Zweifel könne telefonischer Kontakt zum Arzt gesucht werden.

Im Urlaub in Italien infiziert

Der Klinik-Mitarbeiter in Hamburg sei in Italien im Trentino auf Urlaub gewesen und am Sonntag an seinen Wohnort nach Schleswig-Holstein zurückgekehrt.

Am Montag habe er noch am UKE gearbeitet – und dann am Dienstag während der Arbeit Krankheitssymptome entwickelt. Daraufhin habe er den Dienst abgebrochen, hieß es weiter. Es ist die erste nachgewiesene Infektion mit Sars-CoV-2 in Hamburg.

Der Infizierte selbst ist demnach in stabilem Zustand und in häuslicher Quarantäne. Seine Kontaktpersonen sollten informiert und getestet werden. Das Trentino sei nicht als Risikogebiet für das neuartige Coronavirus definiert gewesen, hieß es.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte am Donnerstag, der neue Erreger habe „pandemisches Potenzial“ und könnte ohne die richtigen Maßnahmen „außer Kontrolle geraten“.

Sars-CoV-2 kann die Lungenkrankheit Covid-19 verursachen. Die meisten Infizierten haben nur eine leichte Erkältungssymptomatik mit Frösteln und Halsschmerzen oder gar keine Symptome. 15 von 100 Infizierten erkrankten schwer, sagte der Chef des Robert Koch-Instituts (RKI). Sie bekommen etwa Atemprobleme oder eine Lungenentzündung. Nach bisherigen Zahlen sterben ein bis zwei Prozent der Sars-CoV-2-Infizierten, was höher als bei der Grippe ist.

Beratungen über Umgang mit Messen

Der Krisenstab der Bundesregierung soll nach Angaben von Gesundheits- und Innenministerium unter anderem über den Umgang mit Großveranstaltungen wie Messen beraten.

So geht es um Auswirkungen auf die Internationale Tourismusbörse (ITB), die am 4. März in Berlin beginnen soll. Auch für andere Veranstaltungen könnten Kriterien entwickelt werden, nach denen Behörden vor Ort dann über mögliche Beschränkungen entscheiden können.

Die Bundesregierung sucht auch nach Lösungen, um im Kampf gegen das Coronavirus Schutzausrüstung etwa für medizinisches Personal verfügbar zu halten. „Wir müssen uns auf eine Knappheit in dem Bereich einstellen“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“.

Daher solle auch im Krisenstab geschaut werden, welche Lagerbestände es in Deutschland gebe. Außerdem gelte es – notfalls durch Beschlagnahmungen oder Exportverbote – auch rechtlich sicherzustellen, dass nichts davon mehr das Land verlasse.

Spahn erläuterte, es sei eine Herausforderung, dass derzeit Länder auf der ganzen Welt Ausrüstung wie Atemmasken oder Schutzanzüge bestellten. Zudem sei China, das Ursprungsland der neuen Krankheit, ein großes Produktionsland für Schutzkleidung oder Bestandteile davon.

Erste zusätzliche Maßnahmen

Der Krisenstab hat schon erste zusätzliche Maßnahmen auf den Weg gebracht. So sollen auch Passagiere, die mit Maschinen aus Südkorea, Japan, Iran und Italien kommen, Angaben zu ihrer Erreichbarkeit nach der Landung machen.

Dies gilt bereits für Direktflüge aus China. Solche „Aussteigekarten“ sollen eine Kontaktaufnahme ermöglichen, wenn sich herausstellt, dass jemand an Bord infiziert war.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sagte in den ARD-„Tagesthemen“ mit Blick auf die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus, das Gesundheitssystem hierzulande sei aktuell gut ausgerüstet und aufgestellt.

Deutschland habe weltweit die höchste Dichte an Krankenhäusern und Klinikbetten bezogen auf die Bevölkerungszahl. Zudem sei schon vor zwei Jahren die große Influenza-Welle gemeistert worden.

Er sagte weiter, manche Praxen wüssten nicht, ob sie auf das neuartige Virus testen sollten oder nicht. Sein Rat laute: Besser einmal zu viel als zu wenig. Wer Symptome hat, sollte seinen Hausarzt telefonisch kontaktieren und sich nicht unbedingt ins volle Wartezimmer setzen, um andere nicht zu gefährden.

Im am stärksten betroffenen europäischen Land Italien steigt die Zahl der mit dem neuen Coronavirus Infizierten trotz aller Eindämmungsmaßnahmen weiter. Mittlerweile seien 650 Menschen positiv getestet worden, sagte Zivilschutzchef Angelo Borrelli am Donnerstag in Rom.

Die gute Nachricht sei aber, dass Dutzende wieder genesen seien. Die Zahl der Toten liegt mittlerweile bei 17. Die meisten Fälle gibt es nach wie vor in der nördlichen Lombardei, gefolgt von Venetien und Emilia-Romagna.

In den Niederlanden wurde unterdessen erstmals eine Infektion bestätigt. In Frankreich stieg die Zahl der Infizierten von 18 auf 38.

Auch die Wirtschaft bekommt die Furcht vor der Virus-Ausbreitung zunehmend zu spüren: Nach einer leichten Stabilisierung am Vortag ging es am Donnerstag an den Börsen erneut deutlich abwärts.

Der deutsche Leitindex Dax büßte mehr als 3 Prozent ein, der Dow Jones Industrial verlor fast 1200 Punkte und schloss unter der Marke von 26.000 Punkten auf dem tiefsten Stand seit August 2019. Die Ölpreise gaben angesichts der zunehmenden Sorgen um die Weltwirtschaft ebenfalls kräftig nach und erreichten neue Tiefstände seit mehr als einem Jahr. (dpa/nh)

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