„Freie Marktwirtschaft“ – Kein Modell mit Zukunft? – Groko was nun?

Eine erkennbare Diskussion über Wirtschaftspolitik vermisste Autor Richard Preuß bei den aktuellen Sondierungen und Verhandlungen über eine Groko. Mit seinem Beitrag zum Nachdenken geht er auf einige wirtschaftspolitische Grundfragen ein.
Von 25. Januar 2018

Bemerkenswert an den aktuellen Verhandlungen der Groko ist, dass die Richtung der Wirtschaftspolitik vor dem Hintergrund in Deutschland um sich greifender Massenarmut und ruinierter Rentenkassen praktisch überhaupt nicht zur Debatte stand. Auch hier scheint für Angela Merkel im Verein mit Martin Schulz unbeeindruckt von den Auswirkungen zu gelten: „Weiter so!“.

Die Richtlinien dieser Wirtschaftspolitik bekam Merkel 2000 von der Denkfabrik des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“. Grundlage dieses Konzeptes ist die von Adam Smith im 18ten Jahrhundert aufgestellte Idee, ein freier Markt würde wie von Geisterhand das Wohl der Volkswirtschaft optimal maximieren. Der freie Markt wäre folglich ein sich selbst zum Wohle Aller regulierender Mechanismus.

In der Physik nennt man so etwas ein „stabiles System“. Vergleichbar ist dies mit einer Kugel, die in einer Schale liegt und bei Veränderung ihrer Position von der Gravitation wieder in die Mitte der Schale zurückgedrückt wird. Die Kräfte, welche gegen die Störung des Gleichgewichts wirken sind folglich stärker, als die Kräfte, welche die Störung bedingen.

Das Gegenstück dazu ist ein „labiles System“. Dies kann man sich wie einen Baseball vorstellen, den man auf der Fingerspitze zu balancieren versucht. Geringe Ungleichgewichte schaukeln sich auf und bringen den Ball aus dem Gleichgewicht, bis er herunterfällt.

Ist die „Freie Marktwirtschaft“ ein stabiles System, wie Smith behauptet?

Schauen wir genauer hin: Angenommen, in einer Stadt existieren zwei Einzelhändler, die Fernseher verkaufen. Und angenommen, der eine hat eine etwas günstigere Lage, so dass er im ersten Jahr mehr verkauft. Gemäß der Smith‘schen Theorie müssten diese Mehreinnahmen ein Wettbewerbsnachteil sein, die dem Händler mit dem geringeren Umsatz einen Vorteil bringen, sodass wieder Chancengleichheit entsteht.

Doch dies stimmt offensichtlich nicht mit der Realität überein. Tatsächlich kann der Händler mit den Mehreinnahmen nun dieses Kapital einsetzen, um mehr Werbung zu machen, sowie seine Preise senken, da er die Fixkosten auf mehr verkaufte TVs umlegen kann, Stichwort Fixkostendegression. Dadurch steigert dieser Händler seinen Umsatz noch mehr und verdrängt seinen Konkurrenten schrittweise vom Markt.

Störungen des Gleichgewichts am Markt werden also erkennbar nicht durch das System des freien Marktes ins Gleichgewicht zurückgeführt, sondern verstärken sich vielmehr, wobei die Störung neue Störungen bedingt und sich das System selbst ins völlige Ungleichgewicht entwickelt. Mathematiker beschreiben eine derartige Entwicklung mit der Exponentialfunktion.

Die „Freie Marktwirtschaft“ ist folglich nicht das stabile System, das uns die Arbeitgeberverbände verkaufen wollen, sondern ein labiles System, welches die Freiheit der Marktteilnehmer mit exponentieller Geschwindigkeit beendet und die Volkswirtschaft in oligarchische- bis monopolistische Strukturen überführt.

Die „Freie Marktwirtschaft“ ist ein suizidales System, dessen chronische Labilität zur Abschaffung seiner selbst führt.

Offensichtlich ist die „Freie Marktwirtschaft“ ein gesellschaftlicher Irrweg, der unsere Volkswirtschaft ruiniert und die Bürger unfrei macht.

Das Endresultat kann man in Bereichen wie Strom, Benzin, Banken, Betriebssystemen oder Automobilen beobachten, wo Oligarchen den Markt beherrschen und der unfrei gewordenen Bevölkerung die Konditionen diktieren. [Anm.d. Die Oligarchie (von griechisch ὀλιγαρχία oligarchia „Herrschaft von Wenigen“]

Ist die „Soziale Marktwirtschaft“ eine Alternative?

Die „Soziale Marktwirtschaft“ versucht durch staatliche Gegensteuerung wie Unternehmensertrags- oder Vermögens-Steuern die exponentiell ablaufende Ungleichentwicklung des Marktes aufzufangen.

Doch dies verhindert nicht die grundsätzliche Entwicklung zur oligarchischen Kapitalkonzentration, sondern verlangsamt nur die Entwicklung. Die Soziale Marktwirtschaft ist folglich nur eine unzureichende Symptombekämpfung, welche das Problem nicht löst und langfristig zu ähnlichen Ergebnissen führt – der Oligarchie.

Das Kernproblem dieses Wirtschaftssystems ist offensichtlich die exponentielle Vermögensentwicklung bei einzelnen Marktteilnehmern, die durch Unternehmensgewinn, Zinsen, Spekulation, Handel oder Mietzins generiert wird.

Solange dieses exponentiell wachsende leistungslose Einkommen möglich ist, kann unsere Gesellschaft nie dauerhaft frei bleiben, da eine Exponentialfunktion gegen die Gesellschaft arbeitet.

Um das Problem zu lösen, wird man ein neues Wirtschaftssystem entwerfen müssen, in dem derartiges leistungsloses Einkommen unterbunden wird und Einkommen nur durch eigene Arbeit erzielt werden kann.

Dazu wird man ganz neue Formen menschlicher Arbeitsteilung entwerfen müssen, die Unternehmensgewinn ausschließen.

Wir sollten darüber nachdenken.

Siehe auch:

Haisenko über die Wertschätzung der Arbeit: Sehr wenige beuten sehr viele aus – Die Welt braucht einen „reset“

 

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion