Kinderhilfswerk: Regelung zum Familiennachzug verletzt Grundrechte

"Mit der Verabschiedung des Gesetzes wurden Grund- und Menschenrechte zur Disposition gestellt und damit in Kauf genommen, dass Menschen - und insbesondere Kinder - in ihren Rechten verletzt werden", so die Vizepräsidentin des Deutsche Kinderhilfswerks.
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Flüchtlingskinder.Foto: THOMAS COEX/AFP/Getty Images
Epoch Times1. März 2018

Die Neuregelung zum Familiennachzug verstößt laut einem Gutachten für das Deutsche Kinderhilfswerks gegen das Grundgesetz.

„Mit der Verabschiedung des Gesetzes wurden Grund- und Menschenrechte zur Disposition gestellt und damit in Kauf genommen, dass Menschen – und insbesondere Kinder – in ihren Rechten verletzt werden“, erklärte Vizepräsidentin Anne Lütkes am Donnerstag.

Der Familiennachzug ist für Flüchtlinge mit dem eingeschränkten subsidiären Schutz seit zwei Jahren ausgesetzt. Er soll ab August für monatlich 1000 Angehörige wieder ermöglicht werden, wie der Bundestag Anfang Februar auf Grundlage von Vereinbarungen zwischen Union und SPD beschlossen hatte. Hinzu sollen Härtefälle kommen. Am Freitag befasst sich auch der Bundesrat mit dem Thema.

Die Menschenrechtsorganisation Jumen erstellte das Gutachten im Auftrag des Kinderhilfswerks. Demzufolge verstößt das Gesetz unter anderem gegen Artikel sechs des Grundgesetzes, wonach Ehe und Familie „unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“ stehen. Auch Artikel der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie der UN-Kinderrechtskonvention würden verletzt.

Grünen-Fraktionsvize Katja Dörner nannte die Regelung zum Familiennachzug mit Blick auf das Gutachten ein „Armutszeugnis für die Bundesregierung“. „Nach Deutschland geflüchtete Kinder und Jugendliche haben ein Recht, ihre Familien nachzuholen“, erklärte die Familienpolitikerin.

Dass für Härtefälle weiterhin Ausnahmen gemacht werden sollen, ändert dem Kinderhilfswerk zufolge nichts. „Die Praxis der vergangenen zwei Jahre hat gezeigt, dass die Härtefallklausel nur äußerst selten in besonderen Ausnahmefällen zum Zuge kommt, und damit den Kindern nicht hilft, ihre Familie nach Deutschland nachzuholen“, erläuterte Lütkes.

Das Kindeswohl sei jedoch bei der Abwägung im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung vorrangig zu berücksichtigen, verlangte die Organisation. Problematisch sei zudem, dass es für Betroffene sehr schwer sei, bei Behörden und vor Gerichten angehört zu werden.

Die Organisation wies außerdem auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1987 hin: Im Hinblick auf die Dauer der Trennung von Familien habe sich ergeben, dass eine Wartezeit von drei Jahren bei Ehegatten den Rahmen der Angemessenheit weit überschreite. Die Verlängerung der Aussetzung des Familiennachzugs über zwei Jahre hinaus sei auch insofern nicht mit den Grund- und Menschenrechten vereinbar, erklärte Lütkes. (afp)



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