Positionierung: Laschet kritisiert Merkels Stil der deutschen Europapolitik – Mut wie in der Ära Kohl fehlt

Armin Laschet gilt als Nachfolge-Kandidat für die scheidende CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Kritik an Kanzlerin Angela Merkel kommt von ihm selten. Seine Äußerungen zur Merkelschen Europapolitik auf der Münchener Sicherheitskonferenz sorgten für Aufsehen.
Titelbild
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) auf dem Podium der Münchner Sicherheitskonferenz.Foto: Tobias Hase/dpa/dpa
Epoch Times16. Februar 2020

Am Ende der Münchner Sicherheitskonferenz diskutieren CDU-Vize Armin Laschet und Grünen-Chefin Annalena Baerbock über die deutsche Europapolitik – er fast nur auf Deutsch, sie auf Englisch. Es geht um mehr deutsches Geld für Europa, den Umgang mit Populisten und Klimaschutz.

Thematisch nichts Besonderes, doch kurz nach der Rückzugsankündigung der CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ist es ein bemerkenswerter Auftritt. Hier diskutierten ein deutscher Ministerpräsident und eine Oppositionspolitikerin vor internationalen Publikum.

Aufmerksamkeit erregten die Aussagen Laschets zur Regierungszeit von Kanzlerin Angela Merkel (CDU): Die Regierung müsse sich in ihrer Europapolitik wieder mehr zutrauen, so wie in den 1980er Jahren Helmut Kohl: „Das muss man sich mal vorstellen, dass man den Leuten gesagt hat: Gebt die D-Mark auf. Solchen Mut bräuchte man heute“, sagt Laschet. Dabei nennt er Merkel nicht namentlich.  Die Kritik ist eindeutig. Über dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung stehe zwar das Motto „Ein neuer Aufbruch für Europa“, „davon hat man in den letzten zwei Jahren aber nicht so viel gemerkt“.

Schulterschluss Laschets und Baerbocks bei vielen Themen

Laschet und Baerbock betonten beide: Deutschland muss bei der ab Sommer anstehenden EU-Ratspräsidentschaft wie einst Kohl wieder mit Frankreich Initiativen für Europa entwickeln und umsetzen.

Baerbock verzichtet in ihren Beiträgen auf der Bühne auf direkte Kritik an Merkel.  Dass die Grünen nach der nächsten Bundestagswahl beste Chancen sehen, die Opposition zu verlassen, weiß auch ein anderer Gast in München.  Am Freitagabend lud Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Baerbock und Mit-Grünen-Chef Robert Habeck zum dreistündigen Dinner. Er  sprach dabei eine Einladung zu sich nach Paris aus. Am Samstag traf auch CSU-Chef Markus Söder am Rande der Konferenz mit Macron zusammen, die Noch-CDU-Chefin ging leer aus.

Laschet bringt sich als Nachfolger in Stellung

In der Union wird Laschets Rede als sein Auftakt für den Kampf um den CDU-Chefposten verstanden. Seit Kramp-Karrenbauer vor knapp einer Woche erklärte, ihr Amt bis zum Sommer abgeben zu wollen, läuft hinter den Kulissen die Nachfolgersuche auf Hochtouren.

Drei Kandidaten werden die besten Chancen eingeräumt: Neben Laschet, der sich zu seinen Plänen noch nicht geäußert hat, sind das der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz und Gesundheitsminister Jens Spahn. Aus dem engsten Umfeld von Merz heißt es, dieser sei zu einer Kandidatur entschlossen. Bei Laschet und Spahn rechnen in der Union alle mit einer vorherigen Absprache untereinander. Wirklich eindeutig äußerte sich Laschet in München dazu nicht. Auf die Frage, ob Düsseldorf oder Berlin, sagt er lachend: „Aachen.“

Kramp-Karrenbauers schwierige Lage

Für Kramp-Karrenbauer ist der Auftritt in München schwierig. Als deutsche Verteidigungsministerin, hat sie dem Anschein nach jedoch nicht die Absicht abzudanken. Fragen zur Lage der CDU verbat sie sich in München jedoch. In der kommenden Woche wird sich das ändern. Dann will sich „AKK“ mit ihren potenziellen Nachfolgern treffen. Bis zur Sitzung des CDU-Vorstands am Rosenmontag sollen dann die Terminpläne konkretisiert werden.  Dabei geht es um den Termin für den notwendigen Parteitag zur Neuwahl des CDU-Parteivorsitzenden und ihres Rücktritts.

Während Kramp-Karrenbauer bei der Parteifrage (und danach auch bei der Kanzlerkandidatenfrage) keinen Grund zur Eile sieht, drängen viele in der Union auf eine schnelle Lösung. „Je länger die Personalfrage in der CDU offenbleibt, desto mehr werden die Grünen davon profitieren, weil sie unter dieser Situation als stabiler in der politischen Landschaft wahrgenommen werden“, sagt etwa CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der „Welt am Sonntag“. Hinter den Kulissen klingt das in der Union noch drastischer: „Sie merkt gar nicht, dass die Gespräche schon längst an ihr vorbei gehen.“ Letztlich habe AKK nur noch ihr Rücktrittsdatum selbst in der Hand. (dpa/al)



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