Neue SPD-Führung: Ab Montag stimmen die SPD-Mitglieder ab, doch Votum ist nicht bindend

Einen klaren Favoriten gibt es auch nach der Veranstaltung im Münchner Löwenbräukeller nicht. Aber es gibt ein paar Tendenzen.
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Die Kandidaten zum SPD-Vorsitzen befürworten das Ende der Großen Koalition.Foto: Martin Schutt/dpa
Epoch Times13. Oktober 2019

Nach den 23 SPD-Regionalkonferenzen mit den Bewerbern für den Parteivorsitz haben ab Montag die etwa 430.000 Mitglieder das Wort: Sie können bis zum 25. Oktober online oder per Briefwahl für ihr Favoritenduo stimmen. Sechs Bewerberteams sind noch im Rennen.

Am 26. Oktober wird das Abstimmungsergebnis bekanntgegeben. Hat kein Duo die 50-Prozent-Marke geknackt, folgt vom 19. bis 29. November eine Stichwahl zwischen den Erst- und Zweitplatzierten. Falls sich eins der beiden Teams in der Stichwahl zurückzieht, ist das andere automatisch gewählt.

Allerdings ist das Mitgliedervotum rechtlich nicht bindend. Laut Parteiengesetz werden Parteivorsitzende stets durch einen Parteitag bestimmt. Somit fällt die Entscheidung formal erst auf dem SPD-Parteitag vom 6. bis 8. Dezember in Berlin. Bis dahin und auch beim Parteitag selbst sind theoretisch noch andere Kandidaturen möglich – erwartet wird dies jedoch nicht.

Das Team Mattheis / Hierschel zieht sich zurück

Auf der letzten Regionalkonferenz der SPD werfen Hilde Mattheis und Dierk Hirschel am Samstag als Bewerber um den Parteivorsitz hin. Damit spitzt sich die Suche nach den Nachfolgern von Andrea Nahles auf einen Kampf zwischen drei eher linken und drei eher in der Mitte stehenden Duos zu – der Koalitionspartner CDU/CSU wird nervös auf das Ergebnis der Mitgliederbefragung warten.

Einen klaren Favoriten gibt es auch nach der Veranstaltung im Münchner Löwenbräukeller nicht. Aber es gibt ein paar Tendenzen: Das von den Jusos unterstützte Duo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans bekommt viel Applaus. Das jüngste Bewerberduo, die nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Christina Kampmann und Europa-Staatsminister Michael Roth, wird für seine Visionen für das Jahr 2030 gefeiert – dazu zählen etwa erschwinglicher Wohnraum und die gleiche Bezahlung von Mann und Frau.

Zurückhaltende Zustimmung für Scholz/Geywitz

Wie aussagekräftig der Applaus von etwa tausend Zuhörern angesichts von rund 430.000 stimmberechtigten Parteimitgliedern ist, lässt sich indes nicht abschätzen. So fällt die Zustimmung für Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Klara Geywitz in München nur mittelmäßig aus – dabei ist Scholz der prominenteste Name unter den Bewerbern.

Aber womöglich liegt die Zurückhaltung gerade bei Scholz daran, dass er wie kein anderer der Kandidaten ein Gesicht der in der SPD zunehmend verhassten großen Koalitionen der vergangenen Jahre ist. Scholz kündigt in München an, die SPD wieder zur Partei der Arbeitnehmer und Gewerkschaften machen zu wollen – eine für manche womöglich unglaubwürdige Aussage angesichts der Tatsache, dass Scholz früher Bundesarbeitsminister war.

Dass die Frage, „Wie hältst du es mit der großen Koalition?“, einen wichtigen Einfluss bei der Abstimmung bekommen kann, ist in München abzusehen. Das dezidiert linke Duo Nina Scheer und Karl Lauterbach gilt nach Umfragen als Außenseiter. Aber Lauterbach löst mit diesem Satz starken Beifall aus: „Wir müssen den Koalitionspartner wechseln, wir können nicht so weiter machen.“

Auch der frühere nordrhein-westfälische Finanzminister Walter-Borjans will sich die Union im Falle seiner Wahl vornehmen. „Wir müssen manchmal mit unserem Koalitionspartner so kantig umgehen, wie wir das untereinander getan haben.“ Dabei klingt Walter-Borjans noch deutlich milder als seine Mitstreiterin Esken. Die große Koalition habe keine Zukunft, ruft sie – „wir müssen da raus“.

Erstes Ergebnis Ende Oktober

Am 26. Oktober wird das Ergebnis der Mitgliederbefragung bekannt gegeben, die am Montag startet. Falls wie erwartet kein Duo mehr als 50 Prozent der Stimmen bekommt, folgt eine Stichwahl, die bis zum 29. November dauert. Spätestens danach können CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und CSU-Chef Markus Söder abschätzen, ob sie sich auf Neuwahlen vorbereiten sollten – oder ob die SPD womöglich doch bei der Stange bleibt.

Endgültig gewählt wird die neue Parteispitze auf dem SPD-Parteitag Anfang Dezember. Die bei den 23 Regionalkonferenzen gegeneinander angetretenen Duos wollen spätestens dann auch gemeinsam für die SPD eine neue Epoche einläuten.

Gesine Schwan, die mit Ralf Stegner antritt, sagt, im Falle ihrer Wahl werde sie ihre Gegenkandidaten zum Abendessen einladen und über die Zukunft der Partei diskutieren. Michael Roth will „diese Fairness“ fortsetzen, die es auf den Regionalkonferenzen gegeben habe. Und Olaf Scholz möchte die „große Bandbreite“ der SPD weiter fördern.

Die SPD muss zur Geschlossenheit zurück – das ist der gemeinsame Nenner, den alle Bewerberduos auf ihrer Tour gefunden haben. (afp)



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