Während Live-Sendung: Chinesische Polizei umringt Schweizer Reporter

Für Medienschaffende ist die Berichterstattung in und über China stets mit Risiken behaftet. Sie werden eingeschüchtert und bedroht. Dies hat ein Schweizer Journalist mitten in der größten Protestwelle seit Jahrzehnten im Reich der Mitte am eigenen Leib erfahren müssen.
Titelbild
Polizeifahrzeuge stehen am 29. November 2022 in Shanghai.Foto: HECTOR RETAMAL/AFP via Getty Images
Epoch Times30. November 2022

Der Schweizer Journalist Michael Peuker ist vor laufender Kamera von der chinesischen Polizei bedrängt worden, als er am Sonntagabend über die Proteste in Shanghai berichten wollte. „Die Spannung hier ist auf dem Höhepunkt. Beweis dafür ist, dass ich jetzt von drei Polizisten umringt bin“, sagte Peuker live in die Kamera – sein Blick stets nach rechts gerichtet, wo die Polizisten offenbar standen.

„Ich werde nach dieser Liveschaltung auf die Polizeistation abgeführt“, erklärte der 36-Jährige, der für das Westschweizer Fernsehen „RTS“ als Korrespondent in Shanghai arbeitet.

Wie das Nachrichtenportal „Blick“ berichtet, erwähnte Peuker während der Sendung die Protestslogans, die die Demonstranten skandierten. Dabei fiel auch der Name des Staatschefs Xi Jinping. Offenbar bemerkten dies die Polizisten und rückten näher. Noch während er sprach, streckte Peuker den Beamten abwehrend die Hand entgegen. „Weil sie trotzdem näherkamen, beendete ich meinen Satz frühzeitig und schloss die Übertragung“, sagte der Reporter zu „Blick“.

Plötzlich freigelassen

Auf Twitter berichtete Peuker noch am selben Tag über den Vorfall. Entgegen seiner Befürchtung wurden er und sein Kameramann nicht verhaftet. Die Polizisten schickten seinen Ausweis zunächst an die Zentrale und beschlagnahmten das Aufnahme-Equipment – „für die Dauer der Ermittlungen“, erklärte man ihm. Die Beamten forderten ihn auf, in sein Büro zu fahren, um weitere Sachen zu holen. Doch noch während er im Polizeiauto saß, erhielten die Beamten einen Anruf von ihren Vorgesetzten, und ehe er es sich versah, wurde der Schweizer Journalist freigelassen.

Laut „Blick“ hätten die Polizisten ihn noch gefragt, worüber er vor der Kamera gesprochen hätte. „Als ich ihnen sagte, dass es um die Demonstration ging, fragten sie nur: welche Demonstration?“ Insgesamt dauerte dieser Zwischenfall rund 40 Minuten.

Inzwischen habe sich die Lage in Shanghai etwas beruhigt, berichtete Peuker weiter. Es gebe viele Menschen, die zum Schauen kommen. Doch dies gelte für viele schon als „stiller Protest“.

Auch wenn der Vorfall für den Schweizer Reporter glimpflich ausgegangen war, zeigt die Situation einmal mehr, wie ausländische Journalisten in China behandelt werden: „Behinderungen, Einschüchterungen und Schikanen vor Ort sind alltäglich geworden“, so Peuker. Mehrere Korrespondenten haben ihre Stellen aufgrund der Null-COVID-Politik verlassen müssen. „China isoliert sich und wird zu einer Blackbox“.

So beschreibt Michael Peuker den Vorfall mit der chinesischen Polizei auf Twitter:

Ausländische Journalisten werden bedrängt

Weit weniger Glück hatte ein Korrespondent der BBC. Wie der britische Sender berichtet, wurde Ed Lawrence, der in China als akkreditierter Journalist arbeitet, in Shanghai festgenommen und im Gewahrsam geschlagen und getreten worden. Der Journalist erklärte nach seiner Freilassung bei Twitter, er glaube, dass „mindestens ein Einheimischer verhaftet wurde, nachdem er versucht hatte, die Polizei davon abzuhalten, mich zu verprügeln“.

Auch die ARD-Korrespondentin Tamara Anthony berichtet von Behinderungen ihrer journalistischen Arbeit. „Sie haben jedes Interview von uns gestört und unsere live Berichterstattung für die Tagesschau verhindert“, schrieb sie auf Twitter.

Druck auf einheimische Reporter

Aus Angst vor einer Ausweitung der Demonstrationen gegen die rigorosen staatlichen Corona-Maßnahmen hat die Polizei ihre Präsenz in mehreren Metropolen Chinas in den letzten Tagen massiv verstärkt. Die Behörden löschten zudem sämtliche Berichte zu den Protesten in chinesischen Online-Netzwerken.

Insbesondere einheimische Journalisten und Schriftsteller stehen unter enormen Druck – und das nicht erst seit Kurzem. Wie „Reporter ohne Grenzen“ schreibt, hat die Kommunistische Partei Chinas (KPC) „mithilfe modernster Technologie ihre umfassende Kontrolle über Nachrichten und Informationen weiter ausgebaut“. Das Internet werde umfassend zensiert und überwacht. Tabu sind Themen wie Menschenrechtsverletzungen und politische Proteste. Journalisten, die den Mut haben, kritisch darüber zu berichten, sind „unter teils lebensbedrohlichen Bedingungen inhaftiert.“ (dl)

(Mit Material von Nachrichtenagenturen)



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