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Verfremdetes RAF-Fahndungsplakat

Stefan Aust gewinnt auch vor dem BGH: Satire von Böhmermann überschreitet Grenzen

Der Bundesgerichtshof hat den Rechtsstreit zwischen Stefan Aust und dem ZDF zugunsten des „Welt“-Herausgebers entschieden. Im Zentrum steht ein verfremdetes Fahndungsplakat aus dem „ZDF Magazin Royale“, auf dem Austs Name mit dem Bild eines Schauspielers kombiniert worden war.

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Das Pressefoto zeigt Jan Böhmermann, den Moderator des „ZDF Magazin Royale“.

Foto: ZDF/Jens Koch

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Lesedauer: 6 Min.


In Kürze:

  • BGH bestätigt: Verfremdetes Fahndungsplakat im „ZDF Magazin Royale“ enthält unwahre Tatsachenbehauptungen.
  • Satirefreiheit deckt die unzutreffende Bild-Name-Zuordnung laut Richtern nicht.
  • Journalist Stefan Aust wirft dem Sender vor, Beitragsgelder zu verschwenden.
  • Das ZDF könnte nun das Bundesverfassungsgericht anrufen.

 
Der frühere „Welt“-Herausgeber Stefan Aust hat seinen Prozess gegen das ZDF auch vor dem Bundesgerichtshof (BGH) gewonnen. Dies hat das Fachmagazin „Legal Tribune Online“ am Mittwoch, 3. Dezember, berichtet. Mit Beschluss vom 11. November 2025 hat der BGH eine Nichtzulassungsbeschwerde des ZDF gegen das Urteil des OLG Hamburg vom 14. Januar 2025, abgewiesen. Anlass für das Verfahren war eine Sendung des „ZDF Magazin Royale“ von Jan Böhmermann.

Böhmermann und die „FDP als neue RAF“

Im November 2023 hatte der Moderator eine gesamte Ausgabe von Befürchtungen gewidmet, Klimaschutzbewegungen könnten sich zu einer „neuen RAF“ radikalisieren. Diese hatten Politiker wie Alexander Dobrindt (CSU), Journalisten wie Aust, aber auch Vertreter der FDP geäußert.
Böhmermann hatte vor allem Letzteres zum Aufhänger dafür gemacht, die FDP mit satirischen Mitteln selbst zur „neuen RAF“ zu erklären. Dafür zog er bewusst groteske und konstruierte Argumente heran. Auf diese Weise wollte er die aus seiner Sicht bestehende Absurdität der Annahme unterstreichen, von Klimabewegungen könne terroristische Gewalt ausgehen.
Im Rahmen der knapp 26-minütigen Sendung verwendete Böhmermann auch ein verfremdetes RAF-Fahndungsplakat. Dieses war Originalen nachempfunden, die in den vergangenen Jahrzehnten in Polizeidienststellen, Amtsgebäuden oder Postämtern aushingen. Das satirisch gemeinte Fahndungsplakat zeigte zum Großteil Fotos von Personen, die entweder ein Amt in der FDP ausüben oder zu deren politischem Umfeld gerechnet werden.

Foto von Schauspieler statt von Aust selbst verwendet

Auch der Name von Stefan Aust befand sich auf dem fiktiven Fahndungsplakat. Aust klagte nicht dagegen, dass sein Name als solcher im Rahmen der Sendung Verwendung fand. Er verwahrte sich jedoch dagegen, dass das dazugehörige Bild den Schauspieler Volker Bruch zeigte. Dieser hatte in dem 2008 erschienenen Film „Der Baader Meinhof Komplex“ Aust dargestellt.
Aust gewann das einstweilige Verfügungsverfahren vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht Hamburg. Anschließend gaben ihm die Zivilgerichte auch in der Hauptsache recht. Durch die unzutreffende Verbindung von Bild und Name enthalte der Beitrag eine unwahre Tatsachenbehauptung, so die Richter. Dies sei auch nicht durch die Kunst- und Satirefreiheit gedeckt, weil der Gesamtkontext dafür spreche, dass Zuschauer von einer korrekten Zuordnung ausgingen.
Das ZDF hatte hingegen erklärt, das Fahndungsplakat habe insgesamt keine authentische Darstellung beansprucht. Es sei eine „einheitliche satirische Gesamtkonzeption mit mehreren Ebenen“. Diese umfasse auch den Umstand, dass durch die Verfilmung des Buches von Aust, dem seiner Person eine Rolle zudenke, auch die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwömmen. Im Gegensatz zum Aussagekern der Satire sei deren Einkleidung nicht mit dem Maßstab der Wahrheit zu messen.

ZDF stützte sich auf BGH-Urteil zu „Die Anstalt“-Sendung von 2014

Austs Anwaltsteam warf dem Sender vor, Geld von Beitragszahlern zu verschwenden, da das Ergebnis „vorhersehbar“ gewesen sei. Das ZDF konnte sich im Zivilverfahren hingegen Rückenwind durch ein Urteil im bekannten „Die Anstalt“-Verfahren erhoffen. Damals hatten Journalisten gegen einzelne Detailbehauptungen im Zusammenhang mit Verbindungen zu transatlantischen Organisationen geklagt.
Der BGH urteilte zugunsten des ZDF und der Sendung „Die Anstalt“, weil es – so das Urteil – bei der Satire auf den Gesamtzusammenhang und nicht auf deren Einkleidung im Detail ankomme.
Laut „Legal Tribune Online“ könnte das Urteil das Sendungskonzept von Böhmermann selbst infrage stellen. Dieses sei darauf angelegt, in einzelnen Fällen die Zuschauer bewusst über den Wahrheitsgehalt einer Darstellung im Unklaren zu lassen – etwa im Fall des „Stinkefinger“-Bildes des früheren griechischen Ministers Yanis Varoufakis.
Das ZDF steht es nun nur noch frei, das Bundesverfassungsgericht anzurufen.

Aust: „Wenn schon verunglimpfen, dann wenigstens richtig zuordnen“

Aust stand auf dem Standpunkt, es könne nicht angehen, dass sich „linke“ Satire Rechte herausnehme, die man „rechter“ nie zubilligen würde. Gegenüber der „Welt“ sagte er:
„Wer Leute verunglimpfen will, sollte wenigstens das richtige Foto nehmen. Und selbst das können sie nicht.“
Böhmermann war in den vergangenen Jahren mehrfach mit Beschwerden und Klagen gegen die Inhalte seiner Sendung konfrontiert. Diese bezogen sich auf Tatsachenbehauptungen ebenso wie auf journalistische Praktiken.
Das Landgericht München I untersagte dem ZDF mit einem Urteil vom Dezember 2024 vier Tatsachenbehauptungen über den früheren Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik, Arne Schönbohm. Diese seien unwahr und verletzten das Persönlichkeitsrecht. Dabei gehe es insbesondere um den Vorwurf von Kontakten zu russischen Nachrichtendiensten.

Böhmermann wiederholt im Visier von Klagen und Programmbeschwerden

Im Juli 2023 hatte sich das ZDF selbst von einer Bezeichnung der CDU als „Nazis mit Substanz“ distanziert, mit der Böhmermann eine Aussage des heutigen Bundeskanzlers Friedrich Merz auf Twitter verspottete.
Der Sender entfernte im Dezember 2023 nach einer Programmbeschwerde eine Folge aus der Mediathek, in der Böhmermann den Wahrheitsgehalt von Aussagen mutmaßlicher Opfer von Sexualstraftaten angezweifelt hatte.
Anfang dieses Jahres hatte der Moderator in einer Sendung über das Künstlerensemble Shen Yun Aussagen von Opfern politischer Verfolgung durch die KP Chinas ins Lächerliche gezogen. Sein Team hatte im Vorfeld der Sendung auch Redaktionsräume bespitzelt.
Derzeit ist vor Gericht eine Klage des Polizeigewerkschafters Manuel Ostermann wegen persönlicher Herabwürdigung in einer Böhmermann-Sendung anhängig.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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