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Gegen Chinas subventionierte Stahlindustrie

50-Prozent-Zölle: EU-Kommission schlägt deutliche Ausweitung der Stahlzölle vor

Künftig soll nur noch halb so viel Stahl zollfrei auf den EU-Markt gelangen wie bislang. Brüssel will die europäische Stahlindustrie so vor der billigeren Konkurrenz aus China schützen. Für große Lieferanten wie die Türkei und Indien sind Ausnahmen vorgesehen.

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Die europäische Stahlindustrie kämpft mit dem staatlich billig gehaltenen chinesischem Stahl, das den Markt flutet.

Foto: PetersenN/iStock

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Lesedauer: 5 Min.

Die EU-Kommission hat eine Ausweitung der EU-Zölle auf Stahl vorgeschlagen. Künftig solle jährlich nur noch halb so viel Stahl zollfrei auf den EU-Markt gelangen wie bislang, erklärte EU-Industriekommissar Stéphane Séjourné am Mittwoch im Onlinedienst X.
Darüber hinaus solle ein 50-prozentiger Zoll fällig werden. Brüssel will die europäische Stahlindustrie so vor der billigeren Konkurrenz aus China schützen. Die EU-Kommission erklärte, man wolle mit gleichgesinnten Nicht-EU-Ländern zusammenarbeiten, um sich vor globalen Überkapazitäten zu schützen und den gegenseitigen Marktzugang zu verbessern.

Sonderregeln für die Türkei und Indien

Stahlimporte in die EU sind bis zu einer bestimmten Menge pro Jahr zollfrei, für große Lieferanten wie die Türkei und Indien gelten spezifische Quoten. Überschreitet die Einfuhrmenge die jeweilige Obergrenze, wird bislang ein Zoll von 25 Prozent fällig, den die Kommission nun verdoppeln will.
Ziel ist es, dass sich Einfuhren in die EU oberhalb der neuen, niedrigeren Obergrenze nicht mehr lohnen. Die Importe sollen also sinken, die Produktion innerhalb der EU steigen.
Bevor die neuen Regeln in Kraft treten können, müssen auch das Europaparlament und die EU-Staaten zustimmen. Es gehe darum, die europäischen Stahlproduzenten und Arbeitsplätze zu retten. „Das ist die Reindustrialisierung Europas“, so Séjourné.
Ein derzeit gültiger Schutzmechanismus für die europäische Stahlindustrie läuft im Juni kommenden Jahres aus. Die neuen Maßnahmen sollen ihn durch eine dauerhafte Regelung ersetzen.
Zustimmung kommt bereits aus dem EU-Parlament. Der CDU-Abgeordnete Dennis Radtke spricht von einem wirksamen Schutz für Europas Industrie. Anna Cavazzini von den Grünen teilte mit: „Der vorgeschlagene Stahlmechanismus ist nötig und längst überfällig.“ Auch der SPD-Handelsexperte Bernd Lange ist überzeugt und sieht in dem Vorschlag der Kommission einen wichtigen Etappensieg.

Chinas subventionierte Stahlindustrie

„Die weltweiten Überkapazitäten schaden unserer Industrie“, sagte die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen (CDU). Man müsse jetzt schnell handeln.
„Die Kommission wird weiterhin mit der Industrie zusammenarbeiten, um gute Arbeitsplätze zu schützen und zu schaffen, und mit den Mitgliedstaaten und globalen Partnern – auch auf WTO-Ebene -, um langfristige Lösungen für gemeinsame Herausforderungen zu finden“, sagte sie. „Ein starker, dekarbonisierter Stahlsektor ist für die Wettbewerbsfähigkeit, die wirtschaftliche Sicherheit und die strategische Autonomie der Europäischen Union unerlässlich.“
Die EU wirft insbesondere China vor, seiner Stahlindustrie mit staatlichen Hilfen einen unfairen Vorteil zu verschaffen und dafür zu sorgen, dass weltweit zu viel Stahl auf dem Markt ist.
Zahlen des Weltstahlverbands zufolge produzierte China im vergangenen Jahr mehr als 1.000 Millionen Tonnen und damit mehr als die Hälfte des Stahls weltweit. Zum Vergleich: Die deutsche Industrie kam auf rund 37 Millionen Tonnen Stahl.
In der Kommission wird von deutlich mehr als 600 Millionen Tonnen weltweiter Überkapazitäten gesprochen. Damit sind Waren gemeint, für die es keine Abnehmer gibt. Weltweite Überkapazitäten sind jüngst relevanter geworden, nachdem die USA ihre Einfuhrzölle massiv erhöht haben.
Die EU befürchtet, dass Exporte, die bislang nach Nordamerika verkauft wurden, nun nach Europa umgeleitet werden. Dadurch könnten europäische Hersteller zusätzlich unter Druck geraten.

Thyssenkrupp Steel begrüßt die Pläne

Die europäischen Hersteller leiden unter hohen Energiepreisen, zugleich ist die Umstellung der energieintensiven Stahlproduktion auf grüne Energie sehr teuer.
Deutschlands größter Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel begrüßt die Pläne. Die Kommission habe klar erkannt, dass die europäische Stahlindustrie und mit ihr verbundene Wertschöpfungsketten ohne einen wirksamen Handelsschutz in ernster Gefahr sind, erklärte Stahlchef Dennis Grimm in einer Mitteilung. „Entscheidend ist nun, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen zügig und konsequent umgesetzt werden.“
Innerhalb der EU hat Deutschland die mit Abstand größte Stahlindustrie – weltweit liegt Deutschland nach Branchenangaben auf Platz sieben. Doch die Stahlindustrie hierzulande leidet auch unter der Krise in Abnehmerbranchen, vor allem der Autoindustrie.
Es sei „wichtiger denn je, dass sich die EU-Kommission nun voll auf die Schaffung eines neuen, tatsächlich schützenden Handelsinstruments konzentriert“, teilte etwa die Wirtschaftsvereinigung Stahl im August mit. Es brauche Schutz „vor unkontrollierten, oft gedumpten Importen“.
Nach Angaben des Lobbyverbands arbeiten in Deutschland etwa vier Millionen Menschen in stahlintensiven Branchen, davon rund 80.000 für die Stahlindustrie direkt. 2024 verzeichnete die Industrie zum zweiten Mal in Folge einen Umsatzrückgang – minus 5,3 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr auf 45,3 Milliarden Euro. Bundeskanzler Friedrich Merz will im Herbst einen „Stahlgipfel“ abhalten, um die Probleme der Branche anzugehen. (afp/dpa/red)
 

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