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Heute kommt der Nikolaus

Vom Heiligen Nikolaus und seinen Begleitern: Goldklumpen, Gurkenfass und Gabenfest

Seit dem 10. Jahrhundert verehrt Europa zwei Bischöfe namens Nikolaus als Heilige und Patrone der Kinder. Ihre Legenden – von der heimlichen Mitgift bis zur Rettung zweier Knaben – prägen bis heute das Bild vom gütigen Gabenbringer.

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Foto: Wavebreakmedia/iStock

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Lesedauer: 15 Min.

Die beiden Bischöfe namens Nikolaus – der eine um 350 n. Chr. im kleinasiatischen Myra, der andere um 530 n. Chr. im lykischen Pinara – galten als besondere Wohltäter der Armen und Bedürftigen. Sie wurden in Europa ab dem 10. Jahrhundert als Heilige verehrt und galten als Patronen der Kinder. Zur Frage, wie sie zu Schutzpatronen der Kinder wurden, kursieren zwei unterschiedliche Überlieferungen.
Einmal soll Bischof Nikolaus drei Mädchen davor bewahrt haben, auf der Straße Geld zu verdienen, da die eigenen Eltern zu arm für eine Aussteuer waren. Der Bischof warf drei Goldklumpen ins Elternhaus, um die Armut zu beenden und die Mädchen zu retten.

Der Heilige Nikolaus rettet drei Jungfrauen vor dem Bordell, Flügelaltar Oberbobritzsch.

Foto: Von Jörg Blobelt – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0

Nikolaus, zwei Buben und eine Gewürzgurke

Andere Erzählungen verweisen auf die Rettung von zwei Buben, die ein böser Wirt getötet hatte und in einem Salzfass verstecken wollte. Bischof Nikolaus hat die Jungen wieder zum Leben erweckt. Letzte Begebenheit ist so fantasieanregend, dass sie im mittelalterlichen Spanien ausgeschmückt wurde und bis in die heutigen USA ihre Wirkung zeigt.
In den USA hat sich eine Tradition entwickelt, nach der nahezu alles, was sich eignet, als Christbaumschmuck Verwendung findet – von der Micky-Maus-Figur bis zur Coca-Cola-Dose mit Nikolausmotiv. In diesem Umfeld wurde auch die Gewürzgurke als weihnachtliches Symbol etabliert und im Baum versteckt. Der erzählerische Hintergrund dafür ist ein spanisches Märchen über den Heiligen Nikolaus.
Zwei Buben hätten einmal in einer Herberge übernachten wollen, doch der Wirt habe beiden ihre Taschen gestohlen und sie dann in ein Gurkenfass gesteckt. An diesem Abend sei auch der Bischof Nikolaus in diese Herberge eingekehrt, um sich auszuruhen. Als er die sonderbaren Geräusche aus dem Gurkenfass hörte, erlöste er die beiden, indem er mit seinem Stab auf das Fass klopfte.
Der Beipackzettel zum Gurkenglas ist mit einem Stempel aus Lauscha in Thüringen versehen, der auf die dort gepflogene Sitte hinweist, ein Gurkenglas im Tannenbaum zu verstecken. Offenbar soll damit den Weihnachtsgurken Glaubwürdigkeit verliehen werden.
Ein Tannenbaumschmuckfachversand aus Apellton in Wisconsin, wo sehr viele deutsche Auswanderer beheimatet sind, verschickt jedes Jahr Tausende Gläser mit der Weihnachtsgurke. Sie sind jedes Jahr ein Verkaufsschlager. Drei Größen werden verschickt: 10 Zentimeter, 8 Zentimeter und die Babygurke mit 3 Zentimetern, deren Suche im Baum besonders schwierig ist.

Bischof Nikolaus von Giotto, Badia-Polyptychon, um 1301, Uffizien, Florenz.

Foto: By Armin Kleiner, CC BY-SA 4.0

Als das Christkind den Nikolaus ersetzte

Am Namenstag des Bischofs Nikolaus, dem 6. Dezember, wurde früher in manchen Gegenden Europas ein Kind erwählt, das in bischöflichem Gewand zu Pferde durch die Stadt zog. Mit der Wahl eines Kindes zum Bischof wollte man daran erinnern, dass Gott die Mächtigen von ihrem Thron abgesetzt und die Geringeren erhoben hat. Der Nikolaustag wurde zum Kinderfest.
Aufgrund dieser Auswüchse und Luthers zwiespältigem Verhältnis zu den Heiligen wurde in manchen Gegenden Deutschlands der Nikolaus durch das Christkind, eine erwachsene Engelsfigur, als Gabenbringer ersetzt.
Die Christkindlmärkte sind besonders in vielen protestantischen Städten belegt. Sie sollten die Ideen Luthers populärer machen und den Heiligen Nikolaus verdrängen.
Doch heute kennen wir beides. Nikolaus und die Christkindlmärkte, die inzwischen immer mehr zu Weihnachtsverkaufsmärkten wurden – sicher nicht im Sinne des Reformators.
Der Nikolaus hat im Laufe der Überlieferung ein zwiespältiges Gesicht. Einmal soll er Vorfreude auf Weihnachten symbolisieren und kommt zu den Kindern, um kleine Geschenke auszuteilen. Doch zuvor sollte er die Kinder in Glaubensfragen prüfen. Er belohnte oder bestrafte entsprechend ihren Kenntnissen. Damit verdrängte Nikolaus den Heiligen Martin, der als erster volkstümlicher Heiliger Europas den Kindern Geschenke brachte.
Der Heilige wird aber nicht als kirchlicher Amts- und Würdenträger, sondern als Träger in einer bestimmten Funktion gegenüber der Kinderwelt verstanden, der je nach Bedarf (elterliches) Lob und Tadel verteilt. Er wandte sich hauptsächlich an die Buben, denn den Mädchen brachte der 13. Dezember, der Tag der heiligen Luzia, Geschenke.
Der Heilige zeigt sich im bischöflichen Ornat, wie ihn der Maler Moritz von Schwind im 19. Jahrhundert als Gestalt mit pelzverbrämtem rotem Kapuzenmantel und wallendem weißen Gottvaterbart gezeichnet hat, oder als einen in einen weißen Mantel oder in ein weißes Laken vermummten Mann mit einem langen weißen Bart. Dieses Aussehen hatte der Weihnachtsmann aber nicht immer.
Da das Bild unseres europäischen beziehungsweise deutschen Weihnachtsmannes inzwischen ebenfalls von der Entwicklung in den USA geprägt ist, lohnt sich auch hier ein Blick über den Ozean.

Wie Santa Claus zu Coca-Colas Weihnachtsmann wurde

Beim Schriftsteller Washington Irving trägt der Weihnachtsmann in „Knickerbockers Geschichten aus New York“ (1809) einen „tiefen Hut mit breiter Krempe, eine riesige flämische Kniehose und lange Pfeife“. In dem Gedicht „A Visit from St. Nicholas“ (1822) von Clement Moore wird er als „pausbäckiger, pummeliger, alter Kobold“ beschrieben.
Erst in den Zwanzigerjahren wird er wie heute üblich in den Farben Rot und Weiß geschildert. Am 27. November 1927 schrieb die „New York Times“: „Ein standardisierter Santa Claus erscheint den New Yorker Kindern. Größe, Gewicht, Statur sind ebenso vereinheitlicht wie das rote Gewand, die Mütze und der weiße Bart.“
Diese Figur des Nikolaus, der alt und dick ist, einen weißen Bart trägt und einen roten, mit weißem Pelz besetzten Mantel sowie passende Hosen, klobige schwarze Stiefel und eine Nickelbrille trägt – wurde von einem aus Deutschland stammenden, in den USA sehr erfolgreichen Karikaturisten geschaffen. Thomas Nast, 1840 in der Pfalz geboren, emigrierte mit seinen Eltern sechs Jahre später in die Vereinigten Staaten. Dort begann seine märchenhafte Karriere, er wurde zum Vater der politischen Karikatur in Amerika.

Der fröhliche alte Weihnachtsmann, Illustration von Thomas Nast (1863).

Mitten im amerikanischen Bürgerkrieg schuf er 1862 für die amerikanische Illustrierte „Harper’s Weekly“ den seitdem globalen Weihnachtsmann. Dieser ließ sich wenige Jahrzehnte später zum Werbeträger in den Hausfarben der Marke Coca-Cola gut vermarkten.
1931 machte Coca-Cola in den USA mit ihm in den Farben Rot und Weiß Firmenwerbung. Santa Claus – wie er genannt wird – machte in einer USA-weiten Plakataktion neben einem Gabenstrumpf eine erfrischende Pause: „Mach mal Pause mit Coca-Cola! Das Getränk, das die Pause erfrischend macht!“ Der schwedisch-amerikanische Zeichner Haddon Sundblom gestaltete die weihnachtliche Anzeigenserie. Er nutzte dabei die Idee von Thomas Nast, der den Heimatsitz des Santa Claus auf den Nordpol verlegt hatte.
Auf seiner Zeichnung verfolgen zwei Kinder auf einer Karte den weiten, beschwerlichen Weg des Santa Claus vom Nordpol in die Vereinigten Staaten, wo er nach Sundblum einmal ausruhen musste. Der Schriftsteller George P. Webster hatte schon 60 Jahre zuvor erklärt, dass in der Heimat des Santa Claus in den langen Sommermonaten die Spielzeugfabrik und das Haus von Santa Claus versteckt seien. Bis 1966 schuf Sundblom für Coca-Cola immer wieder neue Variationen seines Weihnachtsmannes, dem er dann auch sein eigenes Antlitz verpasste.

Der sogenannte „Coca-Cola-Weihnachtsmann“ von Haddon Sundblom.

Foto: Mark Renders/Getty Images

Wenn Santa kommt – und Rudolph ihm den Weg erhellt

Doch mit der Figur des Santa Claus verschiebt sich auch etwas die Bedeutung des Nikolaus. Er ist jetzt der Weihnachtsmann und nicht mehr derjenige, der am 6. Dezember zu den Kindern kommt. Der Weihnachtsmann ist nun nicht mehr der asketische Heilige Nikolaus aus Myra, sondern der kräftig gebaute, in einen roten Mantel gehüllte, weißbärtige Santa Claus, der auf einem Schlitten, der von seinen Rentieren Dasher, Dancer, Prancer, Vixen, Donder, Blitzen, Cupid und Comet durch die Luft gezogen wird, in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember durch den Kamin ins Haus kommt und Geschenke verteilt.
Als der Weihnachtsmann vor der Entscheidung stand, wer den Schlitten ziehen soll, entschied er sich aus dem Norden kommend für die Rentiere, die kalte Witterung gewohnt sind.
Seit 1939 ergänzt ein weiteres Rentier das Gespann: Rudolph, the „red nosed reindeer“. Die Geschichte von Rudolph wurde von Robert L. May aufgeschrieben und passt so recht in die Weihnachtszeit, die sich um benachteiligte Wesen kümmert. Wegen seiner glühend roten Nase wurde Rudolph von den anderen Rentieren ausgelacht. Keiner wollte mit ihm spielen. Doch Santa Claus hatte Mitleid und stellte das rotnasige Rentier allen anderen voran: Das kleine Rentier darf seither den Schlitten anführen und beleuchtet mit seiner roten Nase den Weg zu den Kindern dieser Welt.
Diese Geschichte kam 1964 auch als Zeichentrickfilm in die Kinos, nachdem schon seit 1949 das von Gene Autry komponierte Lied „The red-nosed reindeer“ die Charts gestürmt hatte.

Rudolph das Rentier mit der roten Nase

War einst ein kleines Rentier, Rudolph wurde es genannt,
und seine rote Nase war im ganzen Land bekannt.

Sie leuchtet Nachts im Dunkeln, heller noch als jeder Stern,
trotzdem war Rudolph traurig, denn nicht einer hat ihn gern.

Dann an einem Nebeltag kam der Weihnachtsmann:
„Rudolph zeige mir den Weg, führ den Schlitten sicher an!“

Nun hat er viele Freunde, überall ist er beliebt,
weil es nur einen Rudolph mit ’ner roten Nase gibt.

Pelznickel, Belzemartel, Zinterklos: Viele Namen, eine Schreckgestalt

Im 17. Jahrhundert bekam der bisher bekannte liebe Nikolaus einen Begleiter – den späteren Krampus beziehungsweise Knecht Ruprecht. Fortan war der Nikolaus für die braven Kinder zuständig und sein Begleiter für die bösen, der je nach Landschaft auch einen anderen Namen erhielt. Es treibt der Pelznickel, der auch in manchen Gegenden Belzemartel, Stutzesel, Benznickel, Strohnickel oder Storrnickel genannt wird, sein Unwesen. Zinterklos heißt diese Figur im nördlichen Rheinland, in Schwaben Santiklos und in Oberbayern Nicolo.
Boozenickel heißt er im Hunsrück und übernimmt hier die Bedeutung des Butzemannes, der als abendlicher Kinderschreck auch in anderen Gegenden Deutschlands bekannt ist. Aus dem östlichen Saarland ist der Name Merkolwes überliefert, der auch schon mal umgekehrt ausgesprochen wird und dann an das hebräische Wort „makkah“, was Schläge bedeutet, erinnert: Kollemackes oder Kollemolkes.
Ganz gleich, wie er genannt wird, sein Aussehen wird überall gleich beschrieben. Ein langer Mantel, ein Schlapphut, Stiefel und ein langer Bart verleihen dem Begleiter des Heiligen ein finsteres Aussehen, womit er die Kinder noch zusätzlich mit verstellter, rauer Stimme („Hoho“) erschreckt. Als Drohinstrument trägt er Rute, Knüppel oder Mistgabel.
Doch auch bei diesen Instrumenten ist der eigentliche Sinn verloren gegangen. Zunächst galt das Berühren mit der Rute – einem lebendigen Reis, also mit lebendem Holz – als Segen, als Zeichen von Wohlergehen und Fruchtbarkeit. In Ostpreußen sprach man deshalb von Lebensruten. Erst als die Bestrafung in der Pädagogik eine bedeutende Rolle spielte, wurde die Rute zum Zuchtinstrument, wie auf den erzieherischen Bildern von Hoffmanns Struwwelpeter im 19. Jahrhundert dargestellt.
Aus der Schweiz, aus Süddeutschland und aus der Pfalz ist noch eine andere weihnachtliche Schreckgestalt bekannt: die Himmelsgeiß, Habergeiß oder Schnabelgeiß. Es soll ein gespenstisches Wesen sein, bald als Vogel, bald als ziegenartiges Geschöpf. Die Figur trägt einen Vogelschnabel oder einen Ziegenkopf. Ungezogene Kinder müssen auf dem schrecklichen Tier reiten. Doch diese Figur weist auch schon auf das Jahresende hin, denn die dunkle Schreckgestalt wird zu Silvester in manchen Ortschaften in der Schweiz von einem weiß gekleideten Engel durch das Dorf geführt, um zu zeigen, dass im neuen Jahr das Böse vom Guten im Zaum gehalten wird.
Der 1947 in Ludwigshafen am Rhein geborene Hans-Jürgen Wünschel war von 1982 bis 2012 Akademischer Direktor des Historischen Seminars der Universität Koblenz-Landau. Seit 2002 ist der Historiker außerdem Honorarprofessor der polnischen Universität Tschenstochau.

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