Afrika drohen US-Sanktionen, weil die Staaten weiterhin mit Russland handeln

Die US-Botschafterin bei der UN rief afrikanische Nationen dazu auf, keine Waren und Güter mehr aus Russland zu beziehen. Das könnte dazu führen, dass sich Afrika vollends vom Westen abwendet und gen China ausrichtet.
Drohen Afrika ebenfalls Sanktionen?
Das Weiße Haus in Washington, D.C.Foto: Chip Somodevilla/Getty Images
Von 19. September 2022

Noch bis vor Kurzem verband sich in den USA und in der Europäischen Union angesichts der Sanktionen gegen Russland die Hoffnung, einen großen Teil der Weltgemeinschaft hinter die eigene Vorgehensweise zu bekommen.

Dass sich diese Hoffnung nicht erfüllt hat, zeigt allein die Tatsache, dass seit dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine gut zwei Drittel aller Nationen unserer Welt weiterhin Handel mit der Russischen Föderation betreiben.

Insbesondere unter den BRICS-Nationen (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) herrscht zudem eine nach außen hin zur Schau gestellte Einigkeit, die darin gipfelt, den US-Dollar im jeweils bilateralen Handel in einem wachsenden Ausmaß zu meiden.

Die Gefahr einer Verhängung von Zweitsanktionen wächst

Bereits seit Frühsommer dieses Jahres hatte sich abgezeichnet, dass die Gefahren bezüglich einer Verhängung von Zweitsanktionen durch die US-Regierung zunehmen würden. Die Washingtoner Regierung könnte also Drittstaaten, die jene durch den Westen (einschließlich Japans) verhängten Sanktionen gegen Russland unterlaufen, vielleicht schon bald selbst sanktionieren.

Mitte August wurde diese absehbare Entwicklung anhand einer Warnung der amerikanischen Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield, deutlich. So wurden die afrikanischen Nationen offen dazu aufgerufen, fortan keine Waren und Güter – mit Ausnahme von Düngemitteln und Getreide – mehr aus der Russischen Föderation zu beziehen.

Sollten die Nationen auf dem afrikanischen Kontinent dieser Forderung nicht nachkommen, so Thomas-Greenfield während eines damaligen Besuchs in Uganda, drohe diesen Ländern eine Verhängung von (Zweit-)Sanktionen durch die US-Regierung.

Womöglich ein weiterer Schuss nach hinten

Washington scheint angesichts der aktuellen Geschehnisse rund um den Globus nicht vollauf bewusst zu sein, auf einem nur recht hauchdünnen Drahtseil zu balancieren. Einerseits lässt es sich nachvollziehen, dass die US-Regierung alles in die Waagschale zu werfen bereit zu sein scheint, um Drittländer davon abzuhalten, die durch den Westen gegen Russland verhängten Sanktionen zu unterlaufen.

Andererseits könnten offene Warnungen und Drohungen dieser Art dazu führen, dass sich die Nationen im globalen Süden auf eine noch offenere Weise von den USA abwenden und sich vollends in Richtung der BRICS-Nationen, allen voran Russland und China, ausrichten könnten.

Seitens der US-Regierung wird das Signal ausgesendet, auch Gewalt gegen Drittstaaten, die sich nicht dem eigenen Willen beugen wollen, anzuwenden. Viele afrikanische Länder haben sich bislang nicht öffentlich gegen die militärischen Aktivitäten der Russischen Föderation in der Ukraine ausgesprochen.

Afrikanische Union macht Sanktionen für Lebensmittelpreisanstiege verantwortlich

Im Juni machte der Vorsitzende der Afrikanischen Union, Macky Sall, neben dem anhaltenden Krieg in der Ukraine zudem die Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland für die steigenden Lebensmittelpreise und zunehmende Knappheit auf der Welt verantwortlich.

Für gewöhnlich sind Agrarprodukte von westlichen Sanktionen ausgenommen. Doch viele Banken und Schifffahrtsunternehmen haben ihre Geschäftsbeziehungen zu Russland in den letzten Wochen und Monaten in der Sorge eingestellt, unter Umständen vielleicht selbst ins Sanktionsvisier der USA und der Europäischen Union zu geraten.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass insbesondere China die Länder des afrikanischen Kontinents auf zunehmende Weise ökonomisch durchdringt. Doch auch der wirtschaftliche und militärische Einfluss der Russischen Föderation ist in Afrika über die letzten Jahre teils deutlich gewachsen.

Südafrika: Wir entscheiden selbst über unser Schicksal

In der laufenden Woche hatte der Präsident des BRICS-Landes Südafrika, Cyril Ramaphosa, mitgeteilt, dass es nicht die Washingtoner Regierung sei, die darüber entscheiden wird, zu welchen Nationen Südafrika diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen unterhält – und zu welchen nicht.

Cyril Ramaphosa drängte die US-Regierung dazu, afrikanische Nationen nicht zu bestrafen, indem der Druck auf die Regierungen des Kontinents mit dem Ziel einer Lossagung von der Russischen Föderation erhöht wird.

Der südafrikanische Staatspräsident verwies in diesem Zusammenhang auf ein zurzeit im US-Kongress befindliches Gesetzeswerk, das den USA im Fall einer Verabschiedung mehr Interventionsrechte auf dem afrikanischen Kontinent einräumen würde.

Dieses Gesetzeswerk, welches den Titel „Countering Malign Russian Activities in Africa Act“ trägt, würde dem afrikanischen Kontinent nicht nur Schaden zufügen, sondern die Interessen der afrikanischen Nationen zudem auch marginalisieren, wie Cyril Ramaphosa nach seinem Treffen mit US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus am Freitag erklärte.

Während der persönlichen Unterredung zwischen den beiden Staatspräsidenten ist das in den US-Kongress eingebrachte Gesetzeswerk laut dem oben verlinkten Protokoll nicht besprochen worden.

Allerdings traf sich Cyril Ramaphosa nach seiner Unterredung mit Joe Biden im Weißen Haus mit Kongressabgeordneten der Gruppe Black Caucus, um Kritik an diesem Gesetzentwurf zu üben und die entsprechenden Abgeordneten zu dessen Ablehnung aufzufordern.

Sowohl USA als auch Russland sind strategische Partner Afrikas

Sowohl die USA als auch Russland würden in Südafrika als strategische Partner betrachtet. Nationen auf dem afrikanischen Kontinent dürften durch die USA hingegen nicht dafür bestraft werden, weil sie unabhängige Sichtweisen vertreten, wie Cyril Ramaphosa warnte.

Eine solche Vorgehensweise würde zuvor durch US-Präsident Joe Biden getätigten Aussagen, die afrikanischen Nationen respektvoll sowie als gleichberechtigte und staatlich unabhängige Länder zu behandeln, diametral entgegenstehen.

Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats des Weißen Hauses, John Kirby, unternahm daraufhin den Versuch, die Sorgen des südafrikanischen Staatspräsidenten zu entkräften. Laut John Kirby verfolgten die USA nicht den Plan, irgendwelche Länder, egal ob in Afrika oder in Asien, zu bestrafen. Denn die USA respektierten die Souveränität anderer Nationen.

Zum Autor:

Roman Baudzus studierte Wirtschaftsinformatik und nach verschiedenen Tätigkeiten in der Marketing-, Technologie- und Softwarebranche sowie einer Reihe von Auslandsaufenthalten gründete der Wirtschafts- und Afrika-Kenner im Jahr 2004 sein eigenes Unternehmen. Schon seit vielen Jahren lebt er in Afrika.



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