Entscheidender Tag der russischen Regionalwahlen – ohne Nawalny, den aussichtsreichsten Oppositionskandidaten

Heute beginnt in Russland der entscheidende Tag der Regionalwahl. Am Hauptwahltag gaben Bürger in 41 Regionen des Landes ihre Stimme ab.
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In einem Wahllokal in Novosibirsk am 13. September 2020.Foto: ALEXANDER NEMENOV/AFP via Getty Images
Epoch Times13. September 2020

Überschattet vom Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny und der Corona-Krise hat in Russland der entscheidende Tag der Regionalwahl begonnen. Am Hauptwahltag gaben am Sonntag Bürger in 41 Regionen des Landes ihre Stimme ab, in vier Nachwahlen wurde außerdem über die Vergabe von Sitzen im russischen Parlament abgestimmt. Der dreitägige Urnengang hatte am Freitag begonnen.

Die Regionalwahlen ein Jahr vor der russischen Parlamentswahl gelten als Stimmungstest für Präsident Wladimir Putin, dessen Ansehen wegen einer unpopulären Rentenreform und der schlechten wirtschaftlichen Lage wegen der Öl-Krise und der Corona-Pandemie gelitten hat.

Proteste im Fernen Osten

Im Fernen Osten Russlands sorgte zudem die Verhaftung des Ex-Gouverneurs Sergej Furgal wegen dessen möglicher Verwicklung in 15 Jahre zurückliegende Mordfälle für die größten Proteste, die die Region bisher gesehen hat.

Die Leiterin des Analyseinstituts R.Politik, Tatjana Stanowaja, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Regionalwahlen dienten dem Kreml als Entscheidungsgrundlage in der Frage, ob die Regierungspartei Geeintes Russland reformiert werden müsse und die nationale Parlamentswahl verschoben.

Landesweit haben sich Kandidaten für vier neue Parteien aufstellen lassen, die die Themenbereiche neue Technologien, Umwelt, Unternehmertum und die Erhaltung konservativer Werte bedienen. In Nowosibirsk haben sich außerdem rund 30 unabhängige Kandidaten zu eine Allianz gegen die regierende Partei Geeintes Russland verbündet.

Manche Beobachter vermuten jedoch, dass der Kreml diese Entwicklungen sogar fördere, weil sie die Opposition spalten und der Wahl den Anschein der politischen Vielfalt verleihen.

Nawalny: Taktisch wählen

Nawalny hatte seine Unterstützer aufgerufen, die Wahl nicht zu boykottieren, sondern „schlau zu wählen“, indem sie für die Kandidaten mit den besten Chancen gegen die Regierungspartei stimmen. Im vergangenen Jahr führte diese Taktik bei Kommunalwahlen, unter anderem in Moskau dazu, dass die Regierungspartei zahlreiche Sitze verlor. Im Nachgang der Wahl gingen die Behörden verstärkt mit juristischen Mitteln, Festnahmen und Hausdurchsuchungen gegen Nawalny und seine Unterstützer vor.

Sergei Boiko, der Leiter des Nowosibirsker Hauptquartiers von Alexej Navalny und Kandidat für den Stadtrat, gibt am 13. September 2020 in einem Wahllokal in Nowosibirsk seine Stimme ab. Foto: ALEXANDER NEMENOW/AFP über Getty Images

Nawalnys Vergiftung mit einem militärischen Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe könnte nach Stanowajas Einschätzung „widersprüchliche Folgen“ für die Regionalwahlen haben.

Einerseits sei durch die Tat Nawalnys Kampagne für eine „kluge Wahl“ des jeweils aussichtsreichsten Oppositionskandidaten behindert worden, sagte die Politik-Expertin. Andererseits habe der Giftanschlag „einen Schock“ ausgelöst, der möglicherweise einige Bürger auf die Seite der Opposition getrieben habe.

Nawalny wird nach seiner Vergiftung in Sibirien weiterhin in der Berliner Charité behandelt. Der Anschlag auf ihn löste weltweit Empörung aus. (afp)



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