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Eklat wie 2018 unwahrscheinlich

G7-Gipfel in Kanada: Fokus auf Gemeinsamkeiten statt Klima und Gender – Merz trifft Trump

Kein Klima, kein Gender: Kanadas G7-Gipfel-Agenda zeigt eine Verschiebung der Prioritäten. Je größer die Differenzen zwischen den G7-Staaten, desto mehr droht die Runde an Bedeutung zu verlieren. Kanada setzt auf einen pragmatischen Ansatz.

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Steven Crowchild von der indigenen Tsuut’ina Nation begrüßte Kanzler Friedrich Merz in Calgary.

Foto: Michael Kappeler/dpa

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Lesedauer: 9 Min.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat den G7-Gipfel in Kanada mit Gesprächen begonnen. Am Sonntagabend Ortszeit traf er zunächst Kanadas Premierminister Mark Carney.
„I love this country“, sagte Merz zu Carney, der die Führungsstärke des Kanzlers in wirtschaftlich anspruchsvollen Zeiten lobte. Anschließend sprach Merz in kleiner Runde mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Für Merz ist es der erste G7-Gipfel. „Das wichtigste Ziel wird sein: Die sieben größten Industrienationen der Welt sind sich einig, und sie sind handlungsfähig“, sagte er vor seinem Abflug in Berlin.

Merz trifft Trump

Die Eskalation zwischen Israel und dem Iran werde „sehr weit oben auf der Agenda“ stehen, sagte der Bundeskanzler. Zudem solle der Gipfel ein „Zeichen größtmöglicher Geschlossenheit“ für die Ukraine senden. Im Zollstreit mit der Regierung Trump hofft er auf eine „klare Perspektive für eine Einigung“.
Für Montag ist ein kurzes Treffen von Merz und Trump geplant. Trump, der am Abend des 15. Juni (Ortszeit) in Kanada eintraf, wird bei der ersten Arbeitssitzung einen Vortrag zur Weltwirtschaftspolitik halten.
Merz hat weitere Gespräche mit den Regierungschefs von Japan, Australien, Indien, Südafrika und Brasilien vereinbart. Am Mittwochmittag will er nach Berlin zurückkehren.

Rückbesinnung auf ursprüngliche G7-Mission

Kanada rückt Themen wie Energiesicherheit, künstliche Intelligenz (KI), kritische Rohstoff-Lieferketten und globale wirtschaftliche Stabilität in den Vordergrund. Klimaschutz und Gleichstellung der Geschlechter, die in früheren Jahren im Mittelpunkt der Gipfel standen, bleiben außen vor.
Fachleute sehen darin eine Rückkehr zur ursprünglichen Mission der G7, die durch Trumps Rückkehr ins Weiße Haus verstärkt wird.
Auch Handelsspannungen, verschärft durch US-Zölle, sowie geopolitische Krisen wie der Konflikt zwischen Israel und dem Iran, der Krieg in der Ukraine und die Lage im Gazastreifen stehen auf der Agenda.
Viele Beobachter loben Kanadas pragmatischen Ansatz. „Wir begrüßen den Ansatz der Kanadier, sich in der G7 auf das Wesentliche zu beschränken und sich auf wirtschaftliche Kernthemen zu konzentrieren, bei denen die G7 einen bedeutenden, messbaren Einfluss ausüben kann“, sagte ein US-Beamter gegenüber der Epoch Times.

Fokus auf Gemeinsamkeiten statt Klima und Gender

Themen wie Klimawandel oder Gleichstellung der Geschlechter werden wohl keine neuen Verpflichtungen bringen, sagt Paul Samson, Leiter des Centre for International Governance Innovation, einer in Kanada ansässigen Denkfabrik, gegenüber The Epoch Times.
Viele Organisationen und sogar einige Länder hoffen auf neue Zusagen zu Gender und Klima, sagte er, „aber das wird auf diesem Gipfel nicht passieren“.
Kanadas Prioritäten:
  1. Die erste ist der Schutz von Gemeinschaften und der Welt, indem man sich mit Themen wie „ausländischer Einmischung und grenzüberschreitender Kriminalität“ befasst und die gemeinsame Reaktion auf Waldbrände verbessert.
  2. Die zweite Priorität ist die Verbesserung der Energiesicherheit und die Beschleunigung des Einsatzes von KI und Quantentechnologien. Dazu gehört auch die Stärkung kritischer Rohstoffversorgungsketten.
  3. Schließlich will Kanada künftige Partnerschaften erörtern, indem es private Investitionen in die Infrastruktur erhöht, gut bezahlte Arbeitsplätze schafft und dynamische Märkte öffnet.
„Der G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Kananaskis ist eine Gelegenheit für Kanada, mit zuverlässigen Partnern zusammenzuarbeiten, um den Herausforderungen mit Einigkeit, Zielstrebigkeit und Kraft zu begegnen“, so Carney in einer Erklärung. „Kanada ist bereit, die Führung zu übernehmen.“
Kanada will sich auf Gemeinsamkeiten konzentrieren, etwa bei Energieversorgungsketten und der KI-Entwicklung. Gespräche könnten gemeinsame Projekte und Rechenzentren umfassen, möglicherweise mit Partnern wie Indien.
Die erste Trump-Regierung kritisierte einst, die G7 habe sich zu sehr auf kontroverse Themen konzentriert. Caitlin Welsh, Direktorin des Global Food and Water Security Program am Center for Strategic and International Studies (CSIS), sieht in der diesjährigen Agenda eine Rückbesinnung auf die Förderung globaler wirtschaftlicher Stabilität.
„Sie können feststellen, dass Begriffe wie ‚Klimawandel‘ und ‚Gender‘ und andere Dinge in der Agenda dieses Gipfels nicht vorkommen“, sagte sie. „Diese Prioritätenliste zeigt mir, dass Kanada sein Publikum kennt.“
Welsh war während Trumps erster Amtszeit Mitglied des Nationalen Sicherheitsrats und des Nationalen Wirtschaftsrats.

Diplomatischer Marathon

Der Gipfel umfasst sieben Arbeitssitzungen, mehr als in den Vorjahren. Die erste und letzte Sitzung widmet sich dem „Globaler Wirtschaftsausblick“. Dazwischen stehen Themen wie „Wirtschaftswachstum, Sicherheit und Resilienz“, „Gesellschaften sicher machen“ oder „Die Welt sicher machen“ auf dem Programm.
Am Dienstag stoßen der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj und NATO-Generalsekretär Mark Rutte hinzu, um über „eine starke und souveräne Ukraine“ zu sprechen.
Weitere Gäste, darunter Vertreter aus Mexiko, Brasilien, Indien und Südkorea, werden erwartet.
China wird eines der zentrales Thema sein. Es wird erwartet, dass die G7-Staaten ihre Besorgnis über die zunehmenden Spannungen im Ostchinesischen Meer und im Südchinesischen Meer sowie über Chinas laufende militärische Aufrüstung äußern. Auch die Notwendigkeit von „Frieden und Stabilität in der Straße von Taiwan“ bleibt ein Schwerpunkt.
Kanada plant keine umfassende Abschlusserklärung. Stattdessen soll es einige Erklärungen zu Sachthemen wie Migration, Künstliche Intelligenz, seltene Rohstoffe und Waldbrände geben.

Kein Eklat wie 2018

2018 endete der G7-Gipfel in Kanada mit Spannungen zwischen Trump und dem damaligen Premierminister Justin Trudeau. Trump verließ den Gipfel vorzeitig und lehnte es ab, das gemeinsame Kommuniqué zu billigen – ein Novum in der G7–Geschichte.
Ein weit verbreitetes Foto vom Gipfel 2018 zeigt die Spannung des Moments:

Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump am zweiten Tag des G7-Gipfels am 9. Juni 2018 in Charlevoix, Kanada. Ebenfalls im Bild (l-r) Larry Kudlow, Direktor des Nationalen Wirtschaftsrats der USA, Theresa May (GB), Emmanuel Macron (Frankreich), Angela Merkel, Yasutoshi Nishimura, Shinzo Abe und Kazuyuki Yamazaki (Japan), John Bolton, nationaler Sicherheitsberater der USA, und Donald Trump.

Foto: Jesco Denzel /Bundesregierung via Getty Images

CSIS-Experten glauben, dass ein solches Szenario im Jahr 2025 unwahrscheinlich ist.
„Für die meisten europäischen Staats- und Regierungschefs gibt es keine politische Anreize, eine Konfrontation mit Trump herbeizuführen“, sagt Max Bergmann, Direktor des Programms für Europa, Russland und Eurasien am CSIS, während eines Briefings.
Er erwartet, dass die meisten Staats- und Regierungschefs einen ähnlich herzlichen Ansatz verfolgen werden, wie sie es in den vergangenen Monaten bei ihren persönlichen Treffen mit Trump im Weißen Haus getan haben.

Partnerprogramm mit Aussicht und Schokolade

Bundeskanzler Friedrich Merz (l) und seine Frau Charlotte Merz vor ihrem Flug zum G7-Gipfel in Kananaskis, Kanada, am 15. Juni 2025 auf dem Flughafen Berlin-Brandenburg.

Foto: John MacDougall/AFP via Getty Images

Auch Merz‘ Frau Charlotte ist in Kananaskis dabei. Für die Partnerinnen und Partner gibt es ein eigenes Programm. Sie fahren unter anderem mit einer Gondel auf den Sulphur Mountain und probieren die Schokolade eines lokalen Chocolatiers, wie eine Sprecherin der Bundesregierung mitteilte.
Friedrich Merz wurde bei seiner Ankunft auch von einem Mann mit Federschmuck begrüßt. Kananaskis in den Rocky Mountains liegt im traditionellen Siedlungsgebiet indigener Völker, was die Gastgeber herausstellen.
Einwohner gibt es dort nur sehr wenige – der Zensus von 2021 nennt eine Bevölkerung von 156 Personen. Die Gegend ist bekannt für ihre spektakuläre Naturkulisse und Wildtiere wie Bären und Pumas. Das Gipfelhotel wurde anlässlich der Olympischen Winterspiele 1988 gebaut.
Mit Material von Agenturen und The Epoch Times.
Kathrin Sumpf schreibt für Epoch Times seit über zehn Jahren über aktuelle Themen, darunter Politik und Ausland. Sie hat einen facettenreichen Hintergrund in der Erwachsenenbildung und als Supervisorin.

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