Merkel findet Sperrung von Trumps Twitter-Konto problematisch – Bitkom reagiert befremdet

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält die Sperrung des Twitter-Kontos von US-Präsident Donald Trump für problematisch. Weitere Politiker Europas äußerten ebenfalls Kritik an der "Zensur" der amerikanischen Big-Tech-Firmen im Fall des US-Präsidenten. Der Digitalverband Bitkom reagiert verwundert auf die Aussagen Angela Merkels.
Epoch Times12. Januar 2021

In das Grundrecht auf Meinungsfreiheit könne nur eingegriffen werden „innerhalb des Rahmens, den der Gesetzgeber definiert, nicht nach dem Beschluss der Unternehmensführung von Social-Media-Plattformen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag (11. Januar) in Berlin.

Unter dem Aspekt sieht die Bundeskanzlerin es als problematisch an, das die Konten des US-Präsidenten jetzt dauerhaft gesperrt wurden.“

Im Falle des US-Präsidenten hatte der Twitter-Konzern die Sperrung des Kontos veranlasst. Er begründete diesen Schritt mit der Gefahr von Posts, die zur Gewalt aufriefen.

Die Bundesregierung ist nach Seiberts Worten der Auffassung, „dass die Betreiber sozialer Netzwerke sehr hohe Verantwortung tragen“. Sie hätten eine „hohe Verantwortung dafür, dass die politische Kommunikation nicht vergiftet wird durch Hass, durch Lüge, durch Anstiftung zur Gewalt“.

Bitkom befremdet über Merkels Kritik an Sperrung von Trumps Twitter-Konto

Der Digitalverband Bitkom hat sich infolgedessen, erstaunt über die Kritik der Bundesregierung an der Sperrung des Twitter-Kontos von Donald Trump gezeigt.

Wir wundern uns über die sehr grundsätzliche Kritik der Bundesregierung an der Sperrung der Accounts Donald Trumps durch einige große Plattformen“, erklärte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder am Dienstag.

„Die Bundesregierung vollzieht damit eine 180-Grad-Wende in ihrer Politik gegen Hassrede und strafwürdige Inhalte im Internet.“

Mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) habe die Bundesregierung erst kürzlich die Betreiber großer Plattformen wie Twitter, Facebook und Youtube gesetzlich verpflichtet, eigenständig und ohne Aufforderung durch Gerichte oder Behörden einzugreifen, wenn sie strafbare Inhalte auf ihren Plattformen entdecken.

Dass diese Praxis auch die Meinungsfreiheit einschränken wird, wurde nicht nur von Bitkom vielfach angemahnt, seitens der Bundesregierung wurde es bewusst in Kauf genommen“, fügte Rohleder hinzu.

Die Haltung der Bundesregierung sei deshalb „zutiefst widersprüchlich“.

Pariser Wirtschaftsminister „schockiert“ nach Sperrung von Trumps Twitter-Konto

Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hingegen hat nach dem Vorfall verlangt, solche Entscheidungen nicht mehr Privatunternehmen zu überlassen.

Er sei „schockiert“ darüber, dass Twitter diese Entscheidung habe treffen können, sagte Le Maire am Montag (11. Januar) dem Sender France Inter. Die Regulierung der Internet-Branche könne aus seiner Sicht „nicht von der Digital-Oligarchie selbst vorgenommen werden“.

Twitter hatte das Konto Trumps bei dem Kurznachrichtendienst am Freitag nach dem Sturm auf das US-Kapitol dauerhaft gesperrt. Als Grund gab der Kurznachrichtendienst „das Risiko weiterer Anstiftung zur Gewalt“ an.

Er sehe in den Ereignissen „einen Angriff auf die Demokratie“. Gleichzeitig sei aber auch „die digitale Oligarchie eine der Bedrohungen für die Staaten und die Demokratie“. Die Regulierung der Online-Netzwerke dürfe nicht von den „Digitalriesen“ selbst vorgenommen werden, sondern sei Aufgabe der Staaten und der Justiz.

Unterstützung für die Äußerungen kam vom FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff. Er teilte einen Tweet Le Maires mit den Aussagen und kommentierte: „So ist es.“

Weitere Kritik

Auch der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), forderte mehr Aufsicht über die Online-Netzwerke.

„Wir können es nicht den amerikanischen Big-Tech-Firmen überlassen, zu entscheiden, wie wir diskutieren und nicht diskutieren“, sagte er der Nachrichten-Website „Politico“. „Wir brauchen einen strengeren regulatorischen Ansatz.“

Auch EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton nannte es „verblüffend“, dass ein Unternehmenschef dem US-Präsidenten „ohne jegliche Kontrolle den Stecker ziehen kann“. Mit Blick auf die Vorgeschichte der Erstürmung des Kapitols müssten sich die Netzwerke aber fragen lassen, warum sie es nicht geschafft hätten, „die Fake News und Hassreden, die zu dem Angriff am Mittwoch führten, von vornherein zu verhindern“.

Breton sah die EU-Kommission durch die Vorfälle in ihren Plänen bestärkt, Online-Plattformen stärker in die Pflicht zu nehmen. Ein im Dezember vorgestellter Gesetzentwurf zu digitalen Diensten soll den Betreibern vorschreiben, konsequent gegen Hass- und Falschnachrichten, terroristische Inhalte und Kinderpornographie vorzugehen und dabei eng mit den nationalen Behörden zusammenzuarbeiten. Bei Verstößen drohen den Unternehmen hohe Strafen.

Breton regte in einem Gastbeitrag auf der Nachrichten-Webseite „Politico“ an, bei den europäischen Reformplänen die neue US-Regierung unter dem künftigen Präsidenten Joe Biden an Bord zu holen. Er schlug einen Dialog mit Washington vor, „der zu global kohärenten Prinzipien führt“. (afp/sza)



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