Moskau vermeldet teilweise Kontrolle über Sjewjerodonezk

Im Kampf um die strategisch wichtige Stadt Sjewjerodonezk in der Ostukraine erscheint die Lage der ukrainischen Kräfte zunehmend schwierig. Laut dem Bürgermeister der Stadt, Oleksandr Striuk, würde sich die Lage "stündlich" ändern.
Eine Frau blickt aus dem Fenster eines Hauses in Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine.
Eine Frau blickt aus dem Fenster eines Hauses in Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine.Foto: Vadim Ghirda/AP/dpa
Epoch Times7. Juni 2022

In erbitterten Straßenkämpfen haben ukrainische Soldaten und russische Truppen am Dienstag um die Kontrolle über die ostukrainische Stadt Sjewjerodonezk gerungen. Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu sagte in Moskau, die russischen Streitkräfte hätten die Wohngebiete der Stadt voll unter Kontrolle. Der Bürgermeister der Stadt hatte zuvor erklärt, die Lage in der Stadt ändere sich „stündlich“.

„Die Wohngebiete der Stadt Sjewjerodonezk sind vollständig befreit worden“, sagte Schoigu in einer vom russischen Fernsehen übertragenen Sitzung seines Ministeriums. Die russische Armee versuche weiterhin, Kontrolle über das Industriegebiet und die umliegenden Siedlungen zu erlangen, fügte Schoigu hinzu.

Heftige Kämpfe

Der Bürgermeister von Sjewjerodonezk, Oleksandr Striuk, hatte zuvor gesagt, die Situation in der Stadt ändere sich „stündlich, aber zur gleichen Zeit haben wir genug Soldaten und Ressourcen, um die Angriffe abzuwehren.“ „Wir haben Hoffnung, wir haben Vertrauen in unsere Streitkräfte, niemand wird Sjewjerodonezk aufgeben“, fügte Striuk hinzu.

„Unsere Helden halten ihre Positionen in Sjewjerodonezk. Die heftigen Kämpfe in der Stadt halten an“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montagabend in einer Videobotschaft. Die ukrainischen Truppen in Sjewjerodonezk seien den russischen zahlenmäßig unterlegen und die Russen seien „stärker“, warnte er nach einem Besuch an der Front vor Reportern in Lyssytschansk.

Sjewjerodonezk ist die letzte größere Stadt der Region Luhansk, die Russland noch nicht erobert hat. Erklärtes Ziel Moskaus ist es, die gesamte Donbass-Region, zu der noch die Region Donezk gehört, einzunehmen. Teile des Donbass werden bereits seit 2014 von pro-russischen Separatisten kontrolliert.

Tod eines russischen Generals

Diese bestätigten derweil den Tod eines russischen Generals in der Ukraine. Im Online-Dienst Telegram kondolierte der Separatistenführer für die Region Donezk, Denis Puschilin, den Angehörigen und Freunden von General Roman Kutusow. Dieser habe „beispielhaft gezeigt, wie der Heimat zu dienen“ sei. Der Tod Kutusows war am Sonntag bereits von einem russischen Journalisten gemeldet, aber bisher nicht offiziell bestätigt worden.

Der Tod des russischen Generals folgt dem Tod einer ganzen Reihe hochrangiger russischer Militärkommandeure seit Beginn der russischen Offensive in der Ukraine Ende Februar. Ihre genaue Zahl ist nicht bekannt, Moskau macht dazu keine Angaben.

Nach Angaben des russischen Verteidigungsministers Schoigu wurde der Hafen von Mariupol von Minen befreit. Der Betrieb laufe normal und die ersten Frachtschiffe könnten einlaufen, sagte Schoigu. Er erklärte zudem, seit dem Beginn der russischen Offensive hätten sich 6.589 ukrainische Soldaten den russischen Truppen ergeben.

Blinken: Russland stiehlt Getreide

US-Außenminister Antony Blinken äußerte unterdessen den Verdacht, dass Russland ukrainisches Getreide für den eigenen Profit stiehlt. Berichte, wonach Russland ukrainisches Getreide beschlagnahmt, um dieses selbst zu verkaufen, nannte Blinken „glaubwürdig“. Er erhob außerdem den Vorwurf, dass Moskau durch die Blockade ukrainischer Getreideausfuhren die Welt „erpressen“ wolle.

Im Bemühen um eine Verschärfung der westlichen Sanktionen ordnete die US-Justiz die Beschlagnahmung von zwei Flugzeugen des russischen Milliardärs Roman Abramowitsch an. Das US-Justizministerium begründet die Maßnahme damit, dass die Maschinen für Verstöße gegen die wegen des Ukraine-Kriegs verhängten Russland-Sanktionen verwendet worden seien.

Die Boeing 787-8 Dreamliner und das Geschäftsreiseflugzeug Gulfstream G650ER seien unter Verstoß gegen die Sanktionsauflagen nach Russland geflogen. Ein Gericht auf den Fidschi-Inseln gab zudem grünes Licht für eine Übergabe der Superjacht des russischen Milliardärs Suleiman Kerimow an die US-Behörden.

Debatte über Panzerlieferungen aus Spanien

Spanien etwa will Kampfpanzer deutscher Bauart an die Ukraine liefern. Die Union im Bundestag warnte die Bundesregierung davor, Spanien daran zu hindern. „Wenn Spanien Leopard 2 liefern will, muss die Bundesregierung das schnell ermöglichen“, verlangte der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Johann Wadephul (CDU) in der „Augsburger Allgemeinen“. „Deutschland lässt die Ukraine jeden Tag, an dem dort keine schweren Waffen ankommen, im Stich.“ Ähnlich äußerte sich der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter in der „Süddeutschen Zeitung“: „Ich erwarte, dass die Bundesregierung rasch, möglichst proaktiv, die dafür notwendige Ausfuhrgenehmigung erteilt.“

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), forderte eine schnelle Genehmigung. „Ich hoffe sehr, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck umgehend die Genehmigung für den Export erteilt“, sagte sie dem „Spiegel“. Angesichts der russischen Artillerie-Angriffe auf ukrainische Ziele sei Eile geboten.

Die spanische Zeitung „El País“ hatte am Wochenende berichtet, Spanien bereite die Lieferung von etwa 40 Kampfpanzern vom Typ Leopard 2 A4 vor. Die Panzer stammen aus deutscher Produktion, deswegen müsste Berlin wegen der sogenannten Endverbleibsklausel eine Weitergabe genehmigen. Ein offizieller Antrag liegt in Berlin nach Angaben von Kanzler Scholz bisher nicht vor.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth in Odessa

Kulturstaatsministerin Claudia Roth sieht durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine auch die kulturelle Identität des Landes bedroht. „Dieser Krieg ist auch ein Krieg gegen die Kultur, gegen die Kultur der Demokratie“, sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag bei einem Besuch in der Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer.

Nach mehr als drei Monaten Krieg seien 375 Kultureinrichtungen zerstört oder beschädigt. Auch 137 Kirchen seien betroffen. „Da wird deutlich: Es geht darum, die kulturelle Identität der Ukraine anzugreifen.“ (afp/dpa/mf)



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