Trump, Israel und die Hamas
Netanjahu kündigt Gaza-Offensive „in kommenden Tagen“ an
In Katar laufen Verhandlungen über eine neue Waffenruhe im Gaza-Krieg. Sie sollen „unter Feuer“ geführt werden, wie Israels Regierung betont. Ziel ist, die Hamas vollständig zu besiegen und die verbliebenen Geiseln zu befreien.

Israelische Truppen rücken am 13. Mai 2025 an der israelischen Grenze zum Gazastreifen aus.
Foto: Menahem Kahana/AFP via Getty Images
Israel bereitet eine neue Großoffensive gegen die Hamas vor. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte gestern an, der Einsatz beginne „in den kommenden Tagen“. Ziel sei, die Hamas vollständig zu besiegen und die verbliebenen Geiseln zu befreien.
Nach Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen forderte die israelische Armee die Bewohner mehrerer Gebiete im Norden zur Evakuierung auf. Armeesprecher Avichay Adraee sprach am 13. Mai auf X von einer „letzte Vorwarnung vor dem Angriff“. Das Militär werde jedes Gebiet angreifen, aus dem Raketen kommen.
Zuvor hatten Extremisten Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert, zwei wurden abgefangen. Der mit der Hamas verbündete Islamische Dschihad bekannte sich zu Raketenangriffen auf Südisrael.
Netanjahu: Wir gehen im Gaza-Krieg „bis zum Ende“
Bei einem Treffen mit verwundeten Reservisten sagte Netanjahu, die Zerschlagung der Hamas und die Befreiung der Geiseln gehörten zusammen.
„In den kommenden Tagen werden wir mit voller Kraft hineingehen, um die Kampagne zu vollenden.“
Selbst wenn die Hamas weitere Geiseln freilasse, werde Israel den Krieg nicht beenden. Eine zeitlich begrenzte Waffenruhe sei möglich, ein dauerhaftes Ende der Kämpfe nicht.
Die Armee mobilisierte zehntausende Reservisten, wartet aber das Ende des dreitägigen Besuchs von US-Präsident Donald Trump in der Golfregion ab. Trump reiste am 13. Mai nach Saudi-Arabien und plante weitere Stopps in Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kritisierte Israel scharf. „Was die Regierung von Benjamin Netanjahu aktuell macht, ist inakzeptabel“, sagte er im Sender TF1. Israel blockiere humanitäre Hilfe aus Frankreich und anderen Ländern für Gaza. Die Krise sei verheerend, es fehle an Wasser und Medikamenten. Macron sprach von einer Schande.
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier forderte bei einem Treffen mit Netanjahu in Jerusalem, „den Zugang der Bevölkerung in Gaza zu humanitären Hilfen wieder zu gewährleisten“.
UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher warf Israel vor, im abgeriegelten Gazastreifen unmenschliche Bedingungen zu schaffen und warnte vor einem „Völkermord“. Eine neue Offensive werde die Not der Menschen weiter verschärfen. „Israel schafft bewusst und schamlos unmenschliche Bedingungen für die Zivilbevölkerung in den besetzten palästinensischen Gebieten“, sagte er vor dem UN-Sicherheitsrat in New York.
Kommt eine Ausreise von Palästinensern?
Netanjahu geht davon aus, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung den Gazastreifen verlassen würde, wenn es Ausreisemöglichkeiten gäbe. Israel arbeitet daran, Drittstaaten für eine Aufnahme zu gewinnen.
Viele Palästinenser fürchten eine neue Fluchtwelle wie 1948 während des Kriegs im Zuge der israelischen Staatsgründung und 1967 während des Sechstagekriegs.
Die Gründung Israels basierte auf dem UN-Teilungsplan (Resolution 181), den die Vollversammlung der UNO am 29. November 1947 verabschiedete. Er sah vor, das damalige britische Mandatsgebiet Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Staat zu teilen. Jerusalem sollte unter UN-Verwaltung stehen. Die arabischen Staaten und die palästinensische Bevölkerung lehnten den UN-Teilungsplan ab, ein arabischer Staat Palästina entstand nicht. Seither verteidigt Israel militärisch.
Weitere Gaza-Verhandlungen in Katar
Die von den USA, Ägypten und Katar vermittelten indirekten Gespräche zwischen Israel und der Hamas stockten zuletzt.
Nun reiste ein israelisches Unterhändlerteam nach Doha zu neuen Verhandlungen. Auch der US-Sondergesandte Steve Witkoff und Trumps Geisel-Beauftragter Adam Boehler nehmen teil.
Netanjahu kündigte an, die Verhandlungen sollten „unter Feuer“ laufen. Die Hamas lehnt eine Entwaffnung ab und fordert als Bedingung für eine Freilassung der verbliebenen Geiseln ein vollständiges Kriegsende.
Al-Sinwar und die Kassan-Brigaden
Am 13. Mai tötete ein israelischer Angriff nahe einem Krankenhaus in Chan Junis mindestens 28 Menschen. Die Armee erklärte, das Nasser-Krankenhaus sei Ziel gewesen, weil die Hamas dort ein „Kommando- und Kontrollzentrum“ zur Planung und Ausführung von Angriffen betrieben habe.
Vermutlich galt der Angriff Mohammed al-Sinwar, dem Bruder des 2024 getöteten Hamas-Führers Jihia al-Sinwar. Ob er unter den Toten ist, blieb unklar.
Mohammed al-Sinwar führt die Kassam-Brigaden, den bewaffneten Arm der Hamas. Sie ist die größte und am besten ausgerüstete bewaffnete Gruppe im Gazastreifen, und lehnt das Existenzrecht Israels kompromisslos ab. Die Kassam-Brigaden zählen 20.000 bis 30.000 Kämpfer. Die EU und andere Staaten stufen sie als Terrororganisation ein, die USA die Hamas insgesamt.
Ein israelischer Regierungsvertreter sagte der „Jerusalem Post“, sollte er tot sein, könnte das ein Abkommen erleichtern. Al-Sinwar sei der extremste Akteur aufseiten der Hamas gewesen, was deren Verhandlungsposition angeht.
„Wenn er nicht mehr dabei ist, dürfte das den Bemühungen um ein Abkommen zuträglich sein.“
Neue Raketenangriffe auf Israel
Aus dem Gazastreifen wurden erneut Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert. Zwei wurden nach Militärangaben abgefangen, eine dritte schlug in offenem Gelände ein.
Die israelische Armee fing zudem eine Rakete aus dem Jemen ab. Die mit der Hamas verbündete Huthi-Miliz erklärte, Ziel ihrer Attacke sei der Flughafen der Küstenmetropole Tel Aviv gewesen.
Der Angriff ereignete sich während des Besuchs von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Israel. Steinmeier, seine Frau Elke Büdenbender und Teile der Delegation wurden in den Luftschutzraum ihres Hotels gebracht.
Dort blieben sie etwa 15 Minuten. Zum Zeitpunkt der Attacke hatten die Gäste aus Deutschland gerade zum Abendessen in die Residenz von Israels Präsident Izchak Herzog aufbrechen wollen, was sie dann verspätet taten. (afp/dpa/red)
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