Orbán und Abascal als Stargäste
„Patrioten für Europa“ fordern neue Richtung für die EU
Am Pfingstwochenende kamen führende Vertreter der Parteienfamilie „Patrioten für Europa“ im französischen Fontainebleau zusammen. Ziel: Eine gemeinsame Strategie zur Verteidigung europäischer Interessen, Kritik an der EU-Zentralisierung und ein Appell für Frieden, nationale Souveränität und wirtschaftliche Selbstbestimmung.

Jordan Bardella könnte 2027 für den Rassemblement National bei der Präsidentschaftswahl ins Rennen gehen. (Archivbild)
Foto: Thomas Padilla/AP/dpa
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Die EU-weit organisierte Parteienfamilie „Patrioten für Europa“ (PfE) nutzte das Pfingstwochenende, 8./9. Juni, um im französischen Fontainebleau ein Treffen abzuhalten. Während der Sonntag internen Beratungen gewidmet war, endete die Zusammenkunft am Montag mit einer Kundgebung in Mormant-sur-Vernisson in der Region Loiret.
Mit dieser sollte der Jahrestag des Erfolges des Rassemblement National bei den EU-Wahlen 2024 begangen werden. Die Partei, die zu den führenden Kräften der „Patrioten für Europa“ gehört, hatte damals unter Führung von Parteichef Jordan Bardella 31,4 Prozent der Stimmen gewonnen. Damit wurde der RN stärkste Kraft. Wenige Wochen später wiederholte die Partei diesen Erfolg in der ersten Runde der vorgezogenen Parlamentswahlen. Aus der Stichwahl ging jedoch das Linksbündnis als stärkste Kraft hervor – seither herrscht in der Nationalversammlung ein Patt zwischen Links- und Rechtsblock sowie dem liberalen Bündnis von Präsident Emmanuel Macron.
Patrioten für Europa stellen größte rechte Fraktion in der EU – aber nicht erfolgreichste
Als prominenteste ausländische Vertreter der „Patrioten für Europa“ waren am Wochenende Ungarns Premier Viktor Orbán, Italiens Vizepremier Matteo Salvini und Spaniens Vox-Präsident Santiago Abascal angereist. Dazu kamen Repräsentanten von Mitgliedsparteien aus Tschechien, Griechenland, Polen und Belgien.
Nicht anwesend waren Vertreter der polnischen PiS, deren Kandidat Karol Nawrocki in der Vorwoche die polnischen Präsidentschaftswahlen gewann. Auch von der rumänischen AUR, deren Kandidat George Simion dort die Stichwahl erreichte, oder den Fratelli d’Italia war niemand anwesend. Diese Parteien gehören der auf EU-Ebene konkurrierenden Parteienfamilie „Europäische Konservative und Reformer“ (EKR) an.
Dennoch würdigten mehrere Redner die jüngsten Wahlergebnisse in Rumänien und Polen als Ausdruck eines Aufbruchs für die Rechte in Europa. Im EU-Parlament ist diese gleich durch drei Fraktionen vertreten. Neben PfE und EKR gibt es noch das von der deutschen AfD geführte Bündnis „Europa der Souveränen Nationen“ (ESN).
Neuer Antisemitismus von links
Im Rahmen des Kongresses verabschiedeten die Teilnehmer ein Neun-Punkte-Papier für die „Verteidigung der eigenen Interessen Europas“. In einer Erklärung wirft das Parteienbündnis der EU vor, „in der Vergangenheit gefangen“ zu sein. Ihre Politik diene nicht den europäischen Interessen, stattdessen sorge sie dafür, dass „Europa und seine Nationen von der weltweiten Bildfläche verschwinden“.
Die Patrioten für Europa wollten sich demgegenüber als Verteidiger von Wirtschaft, Gewerbetreibenden und Bauernstand präsentieren. Ihr Gegenprogramm soll den Bürgern der EU Freiheit, Sicherheit und Wohlstand sichern – unter anderem durch industrielle Entwicklung und Energiesouveränität. Der sogenannte Green Deal verkörpere das Gegenteil davon.
Während das Parteienbündnis angesichts des geopolitischen Kontexts das Ziel einer Stärkung der Verteidigung befürwortet, sollte es „keine Rückkehr zur Kriegstreiberei“ geben. Statt Truppen in die Ukraine zu senden, sollte Europa eine Vermittlerrolle einnehmen und Frieden in der Region zur Priorität machen.
Zudem solle ein „Europa des Friedens“ verhindern, dass „internationale Konflikte an seine Grenzen importiert“ werden. In der Erklärung bezeichnen die PfE Europa als „Opfer der Nazi-Barbarei“ – obwohl ein Viertel der Freiwilligen in der Waffen-SS Nichtdeutsche waren und Millionen Europäer in besetzten Gebieten kollaboriert hatten. Die antisemitische Gefahr komme jedoch heute von links, so die Erklärung, in der es heißt:
„Europa kann die Entwicklung einer neuen Form des Antisemitismus, die durch die Rhetorik der radikalen Linken angestachelt wird, nicht dulden.“
Patrioten für Europa gegen Green Deal, für Deeskalation in der Ukraine
In dem Neun-Punkte-Programm fordern die Patrioten für Europa unter anderem „Respekt vor Demokratie, Freiheit und Souveränität der Mitgliedstaaten“ – sowie deren Recht, in freien Wahlen ihre Repräsentanten zu wählen. Damit nimmt die Erklärung unter anderem Bezug auf die Annullierung der ersten Runde der rumänischen Präsidentenwahlen.
Die PfE fordern zudem ein Ende des „Missbrauchs der Prinzipien von Demokratie und Freiheit durch politisierte Gerichte“. Diese würden Oppositionspolitiker verurteilen, Wahlen annullieren und die Mitgliedstaaten dafür bestrafen, dass sie ihre Grenzen schützten. Weitere Punkte umfassen die Forderung nach einem „Ende des Green Deal“ und teurer Energie sowie einer „verfehlten Migrationspolitik“ der EU. Die PfE sprechen sich gegen „jede Initiative“ aus, die „Grenzen öffnet und Migranten über Europa verteilt“.
Darüber hinaus enthält die Erklärung eine Forderung nach einem „aktiven Kampf gegen Antisemitismus“ und eine Erinnerung daran, dass es „für Gewalt gegen welche Religion auch immer“ keinen Platz in Europa gebe. Weitere Punkte betreffen eine Deeskalation des Ukrainekriegs, eine Stärkung der Verteidigung ohne Souveränitätstransfer an Brüssel. Bedenken werden auch gegen eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine geäußert. Zuletzt heißt es, die Patrioten für Europa setzten sich für eine Konsolidierung und einen Wiederaufbau ein, der Frieden, Sicherheit und Wohlstand sichere.
Orbán gegen eine „globalistische“ Vision der EU
Hauptredner in Mormant-sur-Vernisson war Ungarns Premierminister Viktor Orbán. Er erinnerte an den Widerstand seines Landes gegen den Kommunismus und bezeichnete Ungarn als die „letzte Bastion des Christentums“. Deutliche Kritik richtete er an die Adresse der EU. Orbán betonte:
„Die eierköpfigen Brüsseler Bürokraten, die Ungarn angreifen, haben keine Ahnung, was es bedeutet, für die Freiheit, für die Demokratie oder für das eigene Heimatland zu kämpfen. Sie sollten ruhig sein und sich an die Arbeit machen.“
Die „globalistische“ Vision für den Westen führe in den Abgrund, äußerte der ungarische Premier weiter. Die Geburtenraten seien ins Bodenlose gestürzt, die Länder würden durch globale Konzerne geplündert und die Bildungseinrichtungen seien zu progressiven Ideologieschmieden geworden. Man werde nicht zulassen, so Orbán, dass „Medien und NGOs über uns regieren“ – und: „Wir wollen nicht in der Ukraine sterben“. Deshalb müsse man „die Generäle wieder zugunsten der Diplomaten entmachten“.
Linke Parteien halten Gegenkundgebung in Nachbargemeinde ab
Die Kundgebung am Montag sollte auch die Einigkeit zwischen Marine Le Pen und Jordan Bardella verdeutlichen. Drei Monate zuvor hatte ein Gericht Le Pen im Zusammenhang mit einem angeblichen Korruptionsskandal um Mitarbeiter des Europäischen Parlaments verurteilt. Das Gericht sprach der Politikerin für fünf Jahre die Wählbarkeit ab. Dies würde bedeuten, dass sie nicht zu den Präsidentschaftswahlen 2027 antreten könnte. Das Berufungsgericht hat für Sommer 2026 eine Anhörung in Aussicht gestellt.
In der benachbarten Stadt Montargis fand am Montag eine Gegendemonstration statt. An dieser nahmen Abgeordnete von Sozialisten, Kommunisten, La France Insoumise und Gewerkschaften teil.
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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