USA: McCarthy scheitert in drei Wahlgängen zum Sprecher des Repräsentantenhauses

Auch im dritten Wahlgang gelang es Kevin McCarthy nicht, die Wahl zum Sprecher des US-Repräsentantenhauses für sich zu entscheiden. Er bekam zuletzt sogar eine Stimme weniger als in den ersten beiden Wahlgängen.
Der republikanische Fraktionschef Kevin McCarthy trifft im Kapitol ein.
Der republikanische Fraktionschef Kevin McCarthy trifft im Kapitol ein am 3.Januar 2013.Foto: J. Scott Applewhite/AP/dpa
Von und 4. Januar 2023

Chaos machte sich am Dienstag in der Kammer des US-Repräsentantenhauses breit, als die Mitglieder der neuen republikanischen Mehrheit die Kandidatur des bisherigen Minderheitenführers Kevin McCarthy um das Amt des Sprechers ablehnten, sich dann aber nicht auf einen alternativen Kandidaten einigen konnten.

In der ersten Abstimmung des ersten Tages des 118. Kongresses fehlten McCarthy 15 Stimmen zu den 218, die er brauchte, um Sprecher des Hauses zu werden. Zuvor hatte der kalifornische Republikaner die Partei bei den Zwischenwahlen im November 2022 zur Wiedererlangung der Mehrheit geführt.

McCarthy erhielt 203 Stimmen von republikanischen Mitstreitern, während 212 Demokraten für den New Yorker Abgeordneten Hakeem Jeffries stimmten. Dieser wird 2023 das Amt des Minderheitenführers im Repräsentantenhaus übernehmen. Der republikanische Abgeordnete Andy Biggs aus Arizona erhielt 10 Stimmen. Er ist der Anführer der Anti-McCarthy-Gruppe. Eine Handvoll Republikaner stimmte für Kandidaten, die nicht nominiert wurden.

Zweite Abstimmung

Für den zweiten Wahlgang nominierte der Republikaner Jim Jordan aus Ohio erneut Kevin McCarthy. Mit den Worten der Ermahnung des Heiligen Paulus rief er dazu auf, „das Rennen zu beenden.“ Auch Jeffries wurde ein zweites Mal nominiert.

Dann nominierte der Republikaner Matt Gaetz aus Florida Jim Jordan. Das, obwohl der Republikaner aus Ohio zuvor deutlich gemacht hatte, dass er McCarthy weiterhin unterstütze. Anschließend wurde namentlich abgestimmt.

Alle 19 Republikaner, die sich im ersten Wahlgang gegen McCarthy ausgesprochen hatten, stimmten nun für Jordan, darunter auch Biggs. McCarthy erhielt dieselben 203 Stimmen wie im ersten Wahlgang, womit er erneut die erforderliche Mehrheit von 218 Stimmen verfehlte. Alle 212 Demokraten stimmten wieder für Jeffries.

Einer derjenigen, die für Jordan stimmten, war der Vertreter des House Freedom Caucus (HFC), der Republikaner Scott Perry aus Pennsylvania. Er hatte vor dem zweiten Wahlgang auf Twitter seine Entschlossenheit bekundet, McCarthy zu bekämpfen, egal wie viele Wahlgänge erforderlich seien.

„Ich bin fest entschlossen, den Status quo zu ändern, egal wie viele Wahlgänge dazu nötig sind. Wenn McCarthy auch nur annähernd so hart gegen die gescheiterte giftige Politik der Biden-Regierung gekämpft hätte, wie er es für sich selbst getan hat, wäre er jetzt Sprecher des Repräsentantenhauses“, schrieb Perry.

Die Spannungen zwischen den Republikanern im Repräsentantenhaus nehmen zu. Der kalifornische Abgeordnete Darrell Issa sagte gegenüber „Fox News“: „Wenn sie nur jemand anderen als Kevin wollen, lassen Sie uns bitte ehrlich sein. Steve Scalise unterstützt Kevin, Jim Jordan unterstützt Kevin. In der Tat unterstützt jedes Mitglied des Führungsteams Kevin einschließlich jedes ranghohen Mitglieds, das nicht Vorsitzender ist. Wir befinden uns also in einer Situation, in der die 19 erklären müssen, was sie wollen.“

Die Demokraten griffen die Verwirrung der Republikaner schnell auf. Der Abgeordnete Mike Quigley aus Illinois gab nach der ersten Abstimmung eine Erklärung ab, in der er feststellte, dass „Hunter Thompson recht hatte: ‚Wenn die Dinge seltsam werden, werden die Seltsamen zu Profis.‘ Das ist es, was uns eine republikanische Mehrheit beschert: Chaos“.

„Demokraten sind hier und bereit, unsere Arbeit für das Land zu tun. Die republikanische Unordnung steht uns im Weg.“

Dritte Abstimmung

Die Republikaner im Repräsentantenhaus haben auch nach der dritten Abstimmung am 3. Januar nicht genügend Stimmen erhalten, um McCarthy zum neuen Sprecher des Repräsentantenhauses zu krönen.

McCarthy verlor bei der dritten Abstimmung des Tages die Stimme des Abgeordneten Byron Donalds aus Florida – und kam auf insgesamt 202 Stimmen. Der Demokrat Hakeem Jeffries aus New York hatte mit 212 die meisten Stimmen, wobei alle seine demokratischen Kollegen, aber kein Republikaner für ihn stimmten.

Der neue Vorsitzende des Justizausschusses des Repräsentantenhauses, Jim Jordan, erhielt 20 Stimmen, aber sein eigener Wahlzettel ging zum dritten Mal an McCarthy. Jordan erhielt im zweiten Wahlgang 19 Stimmen.

Die konservativen Rebellen, die sich gegen McCarthy gestellt und im dritten Wahlgang um Jordan geschart hatten, waren fest entschlossen, ihren kalifornischen Kollegen daran zu hindern, die Nachfolge der Demokratin Nancy Pelosi, ebenfalls aus Kalifornien, als neuer Sprecher anzutreten.

In einer leidenschaftlichen Rede zur Nominierung Jordans im dritten Wahlgang stellte der Abgeordnete Chip Roy aus Texas den Streit zwischen McCarthy und seinen internen Gegnern als eine Frage dar, wie man Präsident Joe Biden und der demokratischen Mehrheit im Senat am besten die Stirn bieten kann.

„Wie oft haben wir hier unten schon Reden gehalten, und es war keine Menschenseele im Saal? Aber das ist es, was nötig ist, um 435 Leute in die Kammer zu bekommen und eine echte Debatte zu führen“, sagte Roy vor der Kammer.

„Das amerikanische Volk schaut zu, und das ist auch gut so. Wir machen von unserem Recht Gebrauch, zu wählen, eine Debatte zu führen und über die Zukunft dieses Landes zu diskutieren, indem wir einen Sprecher wählen.

„Das ist nichts Persönliches. Das ist es nicht. Hier geht es um die Zukunft des Landes. Es geht um die Richtung des Landes.“

Machtkämpfe unter Republikanern

Das Fazit McCarthys interner Gegner war, dass sie ihm den nötigen Wandel im Repräsentantenhaus einfach nicht zutrauen.

Kurz vor der ersten Abstimmung schrieb der republikanische Abgeordnete Dan Bishop aus North Carolina auf Twitter: „Kevin McCarthy ist nicht der richtige Kandidat für das Amt des Parlamentspräsidenten. Er hat den Status quo in Washington verewigt, der dieses Gremium zu einer der erfolglosesten und unpopulärsten Institutionen des Landes macht. Hier geht es nicht um Persönlichkeit oder darum, wer das Amt  ‚verdient‘ hat, sondern darum, dem amerikanischen Volk zu dienen. Ich werde den Status quo nicht unterstützen.“

In den letzten Minuten, bevor sich das neue Repräsentantenhaus zur Wahl des Sprechers versammelte, sagte ein offensichtlich verärgerter und frustrierter McCarthy zu Reportern: „Ich halte den Rekord für die längste Rede, die jemals im Plenum gehalten wurde. Ich habe kein Problem damit, auch den Rekord für die meisten Stimmen bei der Wahl zum Sprecher zu halten.

Er bezog sich damit auf seine mehr als 90-minütige Rede im Dezember vor dem Repräsentantenhaus, in der er sich gegen Bidens 1,8 Billionen Dollar schweres Haushaltsgesetz aussprach.

Die Republikaner erwarteten Anfang 2022 eine riesige „rote Welle“, die sie bei den Zwischenwahlen im November wieder in die Mehrheit bringen würde. Deshalb begannen im Juli die Verhandlungen zwischen McCarthy und den Mitgliedern des House Freedom Caucus (HFC), den Führer der konservativen Rebellion.

Der HFC, angeführt vom Abgeordneten Scott Perry aus Pennsylvania, veröffentlichte eine lange Reihe von Änderungsvorschlägen für die Regeln des Repräsentantenhauses, die bestimmen, wie Gesetze verfasst, debattiert und bis zur endgültigen Verabschiedung oder Niederlage abgestimmt werden.

Im Mittelpunkt dieser Vorschläge stand die Wiedereinführung des „Antrags auf Räumung des Vorsitzes“. Das ist eine Regel, die es einem Mitglied des Repräsentantenhauses ermöglichte, eine neue Abstimmung über den Sprecher zu beantragen. Dieser Antrag war seit der ersten Sitzung des Repräsentantenhauses im Jahr 1789 in der Geschäftsordnung verankert.

Doch als die Demokraten 2018 die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückgewannen und die demokratische Abgeordnete Nancy Pelosi aus Kalifornien zur Sprecherin wählten, wurde der Antrag fallen gelassen. Dieser Schritt steht für einen Trend, der vor mehreren Jahrzehnten begann – nämlich die Konzentration der Macht auf den Sprecher und die von ihm oder ihr gewählten Führer des Hauses.

Die HFC-Mitglieder forderten die Wiedereinsetzung des Antrags als Voraussetzung für eine Reihe von Reformen, die ihrer Meinung nach notwendig waren, um dem Repräsentantenhaus seinen Status als direkteste Stimme des Volkes zurückzugeben.

McCarthy lehnte die Wiedereinsetzung des Räumungsantrags zunächst ab, bot aber in den letzten Tagen vor dem Drama am Dienstag einen Kompromiss an, indem er mindestens vier Mitunterzeichner für einen ursprünglichen Antrag forderte.

In den letzten Tagen vor der Abstimmung erklärte er sich auch bereit, die Wiedereinführung der Holman-Regel zu unterstützen. Das ist ein legislatives Verfahren, mit dem das Parlament die Gehälter und Leistungen eines bestimmten Beamten der Exekutive streichen kann.

Die Holman-Regel wurde erstmals in den 1870er-Jahren eingeführt und danach nur noch spärlich angewandt, hauptsächlich um Beamte zu entlassen, die sich weigerten, die Anweisungen des Kongresses zu Programmen und Politik umzusetzen.

Die HFC-Mitglieder betrachteten die Wiedereinführung der Holman-Regel als entscheidend für ihre Fähigkeit, Änderungen in der radikal liberalen Verwaltung der Biden-Regierung durchzusetzen.

Am Montag, als die letzten Stunden verstrichen, hatte McCarthy den internen Gegner mehrere Zugeständnisse gemacht, aber die letzten Verhandlungen wurden bitter, als fünf Mitglieder des informell „Never Kevin“ genannten Caucus – darunter die Abgeordneten Andy Biggs aus Arizona, Matt Gaetz aus Florida, Bob Goode aus Virginia, Ralph Norman aus South Carolina und Matt Rosendale aus Montana – weitere Zugeständnisse forderten.

Als das Repräsentantenhaus am Dienstag zum ersten Mal im Rahmen des 118. Kongresses zusammentrat, schien kein Kompromiss mehr möglich zu sein.

Rosendale gab eine Erklärung ab, in der es hieß: „Mitglieder des House Freedom Caucus haben Kevin McCarthy Monate vor der Wahl Vorschläge für Regeländerungen vorgelegt. Die im Kongress erforderlichen Änderungen gehen über den Antrag auf Räumung hinaus. Es sind ernsthafte Reformen erforderlich, um die Ordnung im Haus wiederherzustellen.“

„McCarthy hatte mehrfach die Gelegenheit, seine Führungsqualitäten unter Beweis zu stellen und sich für eine konservative Politik einzusetzen. Er hatte die Möglichkeit, vernünftige Reformen während des CR, des NDAA und der Infrastrukturgesetzgebung durchzusetzen. Er hatte die Möglichkeit gehabt, sich mit den Regeln auseinanderzusetzen und hat dies nicht getan.“

„Jetzt ist es unaufrichtig und unglaubwürdig zu erwarten, dass die von ihm vorgeschlagenen Änderungen jemals umgesetzt werden würden. Wir brauchen einen republikanischen Sprecher, der den Status quo infrage stellt und sicherstellt, dass jedes Mitglied eine Stimme hat.“

Mit diesem ersten Scheitern beginnt für das Repräsentantenhaus ein Kampf, wie es ihn seit 1923 nicht mehr gegeben hat, als neun Wahlgänge nötig waren, um sich auf einen neuen Sprecher zu einigen.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „McCarthy Fails in Votes for Speaker of the House; Bitter Battle Erupts Among GOPers“ (deutsche Bearbeitung jw)

 



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