Israel: Vierjährige überlebte unter Leiche ihres Vaters

Ein Mädchen überlebte das Massaker der Hamas am 7. Oktober und wurde mit etwa 240 anderen Menschen nach Gaza verschleppt. Nun kam die Kleine frei. Wie ist der aktuelle Stand in Israel?
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Ein Fahrzeug des Internationalen Roten Kreuzes mit von der Hamas freigelassenen thailändischen Geiseln. Die israelische Armee teilte in einer Erklärung vom 26. November 2023 mit, dass 13 freigelassene Geiseln auf israelischem Territorium seien, weitere vier auf dem Weg zwischen dem Gazastreifen und Ägypten.Foto: MAHMUD HAMS/AFP über Getty Images
Epoch Times27. November 2023

Das Schicksal eines vierjährigen von der islamistischen Hamas freigelassenen US-amerikanischen Mädchens bewegt die Herzen vieler Menschen. Die Kleine musste vor ihrer Verschleppung in den Gazastreifen die Ermordung ihrer beiden Eltern mit ansehen.

An jenem 7. Oktober war die damals Dreijährige mit ihren beiden 10 und 6 Jahre alten Geschwistern gerade zu Hause in einem Kibbuz an der Grenze zum Gazastreifen, als die Terroristen der Hamas einfielen und vor den Augen der drei Kinder die Mutter erschossen, wie US-Medien berichteten.

Als ihr Vater sich schützend über seine Tochter legte, sei auch er erschossen worden. Ihre Geschwister überlebten, weil sie sich in einem Schrank versteckten, wo sie 14 Stunden lang ausgeharrt hätten, bevor sie gerettet wurden, hieß es.

Aufgegriffen und verschleppt

Ihre kleine Schwester, die zunächst für tot gehalten worden sei, sei unter der Leiche ihres Vaters hervorgekrochen und zum Haus eines Nachbarn gerannt, zitierte die „Washington Post“ eine Verwandte des Mädchens. Die Terroristen griffen sich dort das Mädchen zusammen mit der fünfköpfigen Nachbarsfamilie und verschleppten sie mit vielen anderen Zivilisten in den Gazastreifen.

Am vergangenen Freitag wurde die Kleine in Gefangenschaft vier Jahre alt. „Was sie ertragen musste, ist unvorstellbar“, sagte US-Präsident Joe Biden, nachdem das Mädchen am Sonntag als erste US-Staatsbürgerin unter den Geiseln im Zuge der Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas freigekommen war.

„Sie hat eine ganze Nation, die sie umarmt“

„Sie hat ein furchtbares Trauma erlebt“, sagte Biden. „Was für eine Freude ist es, sie bei uns zu sehen, aber andererseits ist es auch traurig, dass sie in eine Realität zurückkehrt, in der sie keine Eltern hat“, sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. „Sie hat keine Eltern – aber sie hat eine ganze Nation, die sie umarmt, und wir werden uns um alle ihre Bedürfnisse kümmern“.

Die Großtante und die Cousine sagten am Sonntag laut der Zeitung in einer Erklärung, sie hätten „keine Worte, um unsere Erleichterung und Dankbarkeit“ auszudrücken.

Das kleine Mädchen werde vereint mit ihren Geschwistern und bei ihrer Tante, ihrem Onkel und ihren Großeltern in Israel leben, wurde eine Verwandte weiter zitiert. Seit Freitag sind bisher 58 der etwa 240 Geiseln aus der Gewalt der Hamas freigekommen. An diesem Montag wird die Freilassung weiterer zehn Geiseln erwartet.

84-Jährige Geisel in Lebensgefahr

Nach ihrer Freilassung durch die Hamas im Gazastreifen ist die Israelin Elma Avraham noch nicht gerettet: Die 84-Jährige liege auf der Intensivstation und schwebe in Lebensgefahr, teilte der Direktor des Soroka-Krankenhauses in Beerscheva, Schlomi Codisch, am Sonntagabend mit.

Die 84-Jährige war am Sonntag zusammen mit 16 weiteren Geiseln im Gazastreifen freigelassen worden. Sie wurde sofort per Hubschrauber in die Klinik gebracht. Weil sie während ihrer Geiselhaft seit dem 7. Oktober nicht versorgt worden sei, müsse sie nun stabilisiert werden. „Ihr Leben ist in Gefahr“, sagte der Klinikdirektor.

Die alte Dame, eine Künstlerin, war bei dem Überfall der radikalislamischen Hamas aus ihrem Kibbuz Nahal Oz im Süden Israels verschleppt worden.

Feuerpause, Geiselaustausch

Damit befinden sich noch rund 200 Geiseln in den Händen der Hamas. Die zurzeit andauernde Kampfpause soll mindestens vier Tage halten. Gemäß der Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas sollen in der Zeit insgesamt 50 Geiseln freigelassen werden.

Seit Freitag kamen bisher 58 Geiseln frei, darunter acht deutsche Doppelstaatsbürger. Im Gegenzug wurde am Sonntag erneut eine Gruppe von 39 palästinensischen Häftlingen aus israelischen Gefängnissen freigelassen, wie die israelische Gefängnisbehörde am Abend mitteilte. Palästinensischen Berichten zufolge handelte es sich um 39 männliche Jugendliche unter 19 Jahren. Damit wurden seit Freitag bisher insgesamt 177 palästinensische Häftlinge freigelassen.

Eine Verlängerung der bis Dienstagmorgen befristeten Feuerpause deutet sich an. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu signalisierte grundsätzliche Bereitschaft. Auch die Hamas strebt nach eigener Darstellung eine Verlängerung an, um im Austausch gegen Geiseln mehr palästinensische Häftlinge aus Israel zu bekommen.

Das bisherige Abkommen sehe die Möglichkeit vor, die Kampfpause im Gegenzug für die Freilassung zehn weiterer Geiseln pro Tag zu verlängern, sagte Netanjahu nach einem Gespräch mit Biden. „Das wäre zu begrüßen.“ Gleichzeitig habe er Biden gesagt, dass die Kämpfe nach der Feuerpause wieder aufgenommen würden. Nach Ende des Abkommens werde Israel seine Kriegsziele „mit voller Kraft verwirklichen“.

Man hoffe, dass der Schwung, der durch die Freilassungen der beiden vergangenen Tage und der vereinbarten Feuerpause entstanden sei, „es uns ermöglicht, die Feuerpause über diese vier Tage hinaus zu verlängern und somit ernsthaftere Gespräche über die restlichen Geiseln zu führen“, sagte der Sprecher des katarischen Außenministeriums, Majed Al-Ansari, dem US-Fernsehsender CNN.

Katar werde außerdem mit Partnern in Ägypten, den USA und beiden Konfliktparteien zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die vereinbarte Menge an Hilfslieferungen in den Gazastreifen gelangen kann, sagte Al-Ansari dem Sender weiter, wie CNN in der Nacht zum Sonntag berichtete. Laut israelischen Medienberichten von vergangener Woche sieht der Deal vor, dass 300 Lastwagen mit Lebensmitteln, medizinischen Gütern und Treibstoff nach Gaza einfahren dürfen.

US-Präsident vermittelt im Konflikt

Nur wenige Stunden vor der Freilassung der zweiten Gruppe von Geiseln hatte die Hamas eine Übergabe in letzter Minute überraschend gestoppt. Als Grund nannte die Terrororganisation, dass Israel aus ihrer Sicht gegen einen Teil des Geisel-Deals verstoßen habe. Sie warf Israel unter anderem vor, nicht ausreichend Hilfslieferungen in den nördlichen Teil des Gazastreifens ermöglicht zu haben. Israel wies das zurück und drohte mit einer Aufkündigung des Abkommens.

US-Präsident Joe Biden schaltete sich daraufhin persönlich ein, wie eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats der US-Regierung auf Anfrage mitteilte. Der 81-Jährige habe mit dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, und dem katarischen Premier- und Außenminister, Mohammed bin Abdulrahman Al Thani telefoniert. Am Ende lenkte die Hamas nach Einschreiten Katars am späten Samstagabend ein.

Freilassung zehn weiterer Geiseln erwartet

An diesem Montag wird zunächst die Freilassung zehn weiterer Geiseln erwartet. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier setzt unterdessen seinen Besuch in Israel fort. Nach einem Besuch in einem Kibbuz und einem Gespräch mit Netanjahu will er eine Klinik in Ost-Jerusalem aufsuchen, wo palästinensische Patienten behandelt werden, die jetzt nicht zu ihren Angehörigen zurück können.

Am selben Tag trifft Tech-Milliardär Elon Musk in Jerusalem Israels Präsidenten Izchak Herzog. Bei dem Termin seien auch Vertreter der Familien der Geiseln dabei, teilte das Büro Herzogs mit. Zudem wolle Herzog die Notwendigkeit betonen, „gegen zunehmenden Antisemitismus im Internet vorzugehen“. Unklar war, ob Musk bei seinem Besuch in Israel auch Regierungschef Netanjahu treffen wird.

Bundespräsident Steinmeier hatte am Vortag Israel die unverbrüchliche Unterstützung Deutschlands zugesagt. „Unsere Solidarität mit Israel gilt“, sagte er in Jerusalem bei einer Pressekonferenz mit Israels Staatspräsidenten Herzog. „Sie gilt nicht nur mit dem Israel als Opfer des Terrors. Unsere Solidarität gilt auch mit dem Israel, das sich wehrt, das kämpft gegen eine existenzielle Bedrohung.“ Steinmeier sagte dies mit Blick auf Kritik an Israels Kriegsführung in Gaza, die bereits Tausende zivile Opfer gekostet hat. Es sei nötig, die Zivilisten in Gaza zu schonen und sie mit dem Lebensnotwendigsten zu versorgen, sagte Steinmeier. „Das verlangt das humanitäre Völkerrecht.“

(dpa/afp/red)



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