Aktivist: „Während Sportler um Medaillen kämpfen, werden Frauen zwangssterilisiert“

In Berlin fand eine Mahnwache statt, die sich gegen die Olympischen Winterspiele in China richtete. Der Vorwurf der Veranstalter: schwere Menschenrechtsverletzungen durch die kommunistische Führung in Peking.
Von 5. Februar 2022

Am 4. Februar trafen sich anlässlich der offiziellen Eröffnung der Olympischen Winterspiele 2022 in Peking verschiedene Initiativen und Organisationen zu einer Mahnwache in Berlin am Brandenburger Tor. Dort kritisierten Vertreter der Tibet Initiative Deutschland, der Ostturkestanischen Union in Europa, des Weltkongresses der Uiguren, der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), der „International Campaign for Tibet“ und der „Hongkonger in Deutschland e.V.“ die schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen in China scharf. Es fände eine Unterdrückung im kommunistischen China statt, während Sportler um Medaillen kämpfen, beklagen die Aktivisten.

„Heute beginnen die Olympischen Winterspiele in Peking. Die Kommunistische Partei Chinas (KPC) und das IOC lassen die Korken knallen – und wir wissen, dass in demselben Moment, in dem Sportler jetzt um Medaillen kämpfen, Frauen zwangssterilisiert und Kinder von ihren Familien getrennt werden“, so Hanno Schedler, Leiter des Menschenrechtsreferates der GfbV, in seiner Eröffnungsrede.

Mahnwache von Menschenrechtsorganisationen am Brandenburger Tor anlässlich der Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Peking am 4. Februar 2022. Foto: Erik Rusch / Epoch Times

Schedler führt weiter aus: „IOC-Chef Thomas Bach schweigt zu den Menschenrechtsverbrechen der chinesischen Regierung gegenüber Uiguren, Tibetern, Mongolen, Kasachen, Kirgisen, Usbeken. Aber auch zu den Drohungen Pekings gegenüber Taiwan und den Menschen in Hongkong, die in den letzten zwei Jahren ihre Freiheit verloren haben. Diese Spiele finden in einem Staat statt, der nichts Gutes im Schilde führt.“

Seiner Ansicht nach hätte IOC-Chef Bach aus der deutschen Geschichte nichts gelernt. „Schon häufiger wurden Olympische Spiele zu Propagandazwecken missbraucht, während gleichzeitig Menschen auf brutalste Weise unterdrückt wurden. Und dennoch finden diese Spiele statt.“

Schedler hofft, dass zukünftige politische Wahlentscheidungen auch davon abhängig gemacht werden, wie sich Politiker in Sachen Sportpolitik positionieren. „Mir ist klar, dass für die meisten Leute das tägliche Leben mit der Frage von Rente, von Gasrechnung noch mal wichtiger ist als die Lage im als fern wahrgenommenen China. Letztendlich geht es doch darum, dass die Menschenrechte unteilbar sind und dass die chinesische Regierung auch hier in Deutschland viel zu viel Einfluss hat. Und dieser Einfluss muss zurückgedrängt werden.“

Eine Frau hält ein Plakat mit der Aufschrift „No Beijing 2022“ bei einer Mahnwache von Menschenrechtsorganisationen am Brandenburger Tor anlässlich der Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Peking am 4. Februar 2022. Foto: Erik Rusch / Epoch Times

„Keiner kann mehr frei nach Tibet reisen“

Für Tenzyn Zöchbauer, Geschäftsführerin der Tibet Initiative Deutschland, ist es „ein sehr trauriger und emotionaler Tag“, weil es Erinnerungen und Emotionen an 2008 wecke, wo man schon Ähnliches erlebt habe. „Wir hatten 2008, als die letzten Sommerspiele in Peking stattfanden, dort eine ganz ähnliche Situation“, betont Zöchbauer. Bereits damals hätte die Welt bewusst weggesehen und sich entschieden, in China zu Gast zu sein und der KP Chinas eine Plattform zu bieten, ihre Propaganda in die Welt zu verbreiten. „Dies geschah rücksichtslos gegenüber allen Menschen, die sich für Menschenrechte und Demokratie eingesetzt haben.“

Die Repressalien in Tibet durch das chinesische Regime seien unerträglich und untragbar, so Zöchbauer. „Das merken wir daran, dass es immer noch eine tibetische Protestbewegung gibt und vor allem auch Selbstverbrennungen.“ Nicht ohne Grund sei Tibet 2021, als die unfreiste Region der Welt vom Freedom House Report bestimmt worden, sagt die Aktivistin. „Keiner kann mehr frei nach Tibet reisen und sich dort frei bewegen, auch keine Touristen. Auch gibt es dort keine Journalisten, die sich dort frei bewegen oder Interviews führen können.“

Von der deutschen Bundesregierung hätte sich die Tibet Initiative eine ganz klare Stellungnahme gewünscht, betont Zöchbauer. „Wir hätten uns eine klare Positionierung gewünscht, und zwar für die Menschenrechte und gegen Unterdrückung, gegen Folter und gegen einen Genozid. Ich denke, es wäre das Mindeste gewesen, dass die Bundesregierung sich klar dazu positioniert und einen diplomatischen Boykott ausspricht. Vor allem, da die neue Regierung das in ihrem Regierungspapier aufgegriffen hat.“ Die Situation in Hongkong und Turkestan sei darin zwar erwähnt worden, aber Tibet nicht – „es wurde vergessen“, erklärt Zöchbauer weiter. China hätte es nun erneut geschafft, ihr Narrativ und ihre Propaganda in die Welt zu tragen, sodass Tibet inzwischen fast schon überall vergessen und im Gedächtnis der Menschen verschwunden sei.

Für sie hat die KP in Peking mit dem Erhalt der Olympischen Winterspiele 2022 die Bestätigung bekommen, dass sie genauso weitermachen könne wie bisher. „Und die Welt akzeptiert es.“

Verschiedene Menschenrechtsorganisationen trafen sich am Brandenburger Tor anlässlich der Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Peking am 4. Februar 2022. Foto: Erik Rusch / Epoch Times

„Diplomatischer Boykott sollte Mindestanforderung sein“

Die Hongkongerin Amy Siu vom Verein „Hongkonger in Deutschland“ zeigt sich ebenfalls enttäuscht über die Haltung der Bundesregierung. „Die deutsche Bundesregierung hat keinen diplomatischen Boykott erklärt und das sollte die Mindestanforderung sein.“ In China gebe es aktuell so viel Unterdrückung. In Hongkong habe Peking in zwei Jahren die Zivilgesellschaft total zerstört. „Dass die Olympischen Spiele als Propagandashow der Kommunistischen Partei Chinas stattfinden dürfen, ist nicht in Ordnung“, so die Hongkongerin.

Sie erklärt sich den Protest von lediglich rund 20 Teilnehmern damit, dass viele Deutsche über den Einfluss Chinas in Deutschland nicht Bescheid wüssten. „Und die paar Hundert Hongkonger in Berlin gehen, seitdem das nationale Sicherheitsgesetz Pekings in der ehemaligen britischen Kronkolonie in Kraft getreten ist, nicht mehr auf die Straße, weil sie Angst haben, dass ihre Familien in Hongkong anschließend staatlichen Repressalien ausgesetzt sind.“

Manfred Grabowski, ein Berliner Leierkastenspieler, steht mit seiner fahrbaren Miniorgel beobachtend am Rande der Versammlung. Der 64-Jährige erklärt, dass er es traurig finde, dass deutsche Sportler an den Olympischen Winterspielen in Peking teilnehmen. „Es gibt ja nur einige Politiker, wie zum Beispiel Frau Baerbock und Herr Scholz, die ja nicht dort erscheinen wollen. Das finde ich auch richtig so.“ Es wäre aber besser, wenn alle Sportler die Spiele boykottieren würden. „Ja, in diesem Land kann man keine Olympischen Spiele stattfinden lassen. Einerseits werden die Leute dort hingerichtet und man hat den Leuten auch das Land weggenommen. Vielen dort geht es nicht gerade gut und dort wird nun groß gefeiert und Sport getrieben. Das finde ich nicht gut.“

„Gefängniswärter passen auf, dass keine wichtigen Organe beschädigt werden“

Zum Ende der Veranstaltung am Brandenburger Tor meldet sich aus der versammelten Gruppe Paul Hopkirk zu Wort. Der Berliner mit schottischen Wurzeln erklärt, dass viele unterdrückte Völker bei dieser Mahnwache erwähnt wurden. „Es wurde aber nicht über die in China verfolgten Falun Gong-Praktizierenden gesprochen. Sie werden wegen ihres Glaubens weggesperrt und ihrer Organe beraubt“, betont er. Man nutzte sie als lebende Organbank.

Paul Hopkirk berichtet bei einer Mahnwache von Menschenrechtsorganisationen am Brandenburger Tor anlässlich der Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Peking am 4. Februar 2022, vom Organraub an Falun Gong-Praktizierenden in China. Foto: Erik Rusch / Epoch Times

„Sie werden auch gefoltert, aber die Gefängniswärter passen immer auf, dass die wichtigen Organe nicht beschädigt werden“, berichtet der Wahlberliner. „Man braucht eine Leber oder Niere nur zu bestellen. Innerhalb von zwei Wochen kriegst du gegen Bezahlung alles, was du willst.“

Auf die Frage, warum sich heute hier nur eine kleine Gruppe in Deutschlands Millionenhauptstadt versammelt hat, erklärt er: „Ich denke, dass viele nichts davon wissen, was in China genau passiert und die meisten Leute sind leider heutzutage egoistisch.“ Sie würden zuerst an sich denken und nicht an den Rest der Welt, bis es dann irgendwann aber zu spät sei. „Bis sie dann selber dran sind und keiner ist da, um sie zu schützen oder ihnen zu helfen. Man muss sich beteiligen. Man muss es aussprechen, wenn man Unrecht sieht“, erklärt der 56-Jährige.



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