Altkanzler Kohl ruft seine Partei zur Ordnung

Zwei Tage vor dem 20. Jahrestag der Wiedervereinigung von Ost und West sprach Helmut Kohl auf dem Vereinigungsparteitag der CDU vor seiner Partei und hat dabei nicht nur lobende Worte.
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Foto: Michael Kappeler/dapd
Von 2. Oktober 2010

Als Helmut Kohl am Freitag den Saal im Berliner Palais im Funkturm betrat empfingen ihn die Anwesenden mit stürmischem Applaus. Der alt wirkende Ex-Kanzler war sichtlich bewegt und begrüßte Kanzlerin Angela Merkel mit Handkuss.

Bei seiner Rede vor CDU und Parteifreunden warnte Helmut Kohl dann vor einer „Beschönigung der DDR. Um es klar zu sagen, die DDR war ein Unrechtsstaat. Wer etwas anderes behauptet, hat aus der Geschichte nichts gelernt, aber auch gar nichts gelernt.“

Jedoch äußerte sich der Altkanzler nicht nur zur deutschen Einheit, sondern auch zur momentanen Situation der Politik und seiner Partei. „Die CDU ist kein Auslaufmodell, die CDU bleibt ein Zukunftsmodell“, sagte er. Auch zur unterdrückten Konservatismusdebatte der CDU fand Kohl einige Worte. „Lassen wir uns doch nicht einreden, dass konservativ und fortschrittlich Gegensätze sind. Das Gegenteil ist wahr: Konservativ und fortschrittlich sind zwei Seiten einer Medaille.“

Zur mangelnden Einheit innerhalb der CDU sagte Kohl, dass man innerhalb einer Partei nicht streitet, sondern dass diskutiert wird und „wer das abtut, der hat keine Ahnung vom Leben einer Partei“ und versuchte so den öffentlichen Druck, der auf seiner Partei lastet, zu mindern.

Unsicherheit im Publikum über Aussagen zur Wehrpflicht

Kritisch äußerte sich Helmut Kohl jedoch zur aktuellen Politik seiner Partei. Zur Wehrpflicht sagte Kohl, dass er nicht erkennen könne, „dass sich die Welt in den vergangenen Jahren so verändert hat, dass die Wehrpflicht nicht mehr möglich sein soll.“ Dies kann man als Seitenhieb auf seine Ziehtochter Angela Merkel werten, die die Abschaffung der Wehrpflicht offen unterstützt. An dieser Stelle schien das Publikum auch unsicher, ob es nun applaudieren oder lieber still sein soll. Kohl rief zur „gründlichen Diskussion“ auf „bevor eine Entscheidung getroffen wird.“

Versöhnungsangebot in Richtung Wolfgang Schäuble

Helmut Kohl nutzte die große Aufmerksamkeit um Wolfgang Schäuble, mit dem er seit der Parteispendenaffäre zerstritten ist, die Hand zur Versöhnung zu reichen. „Wolfgang Schäuble hat in unserer Partei mehr Einsatz gebracht als viele andere. Er ist immer ein Teil von uns gewesen und er wird es immer sein. In diesen schwierigen Tagen soll er das wissen.“ Schäuble, der sich zurzeit im Krankenhaus befindet, hat jedoch bereits auf frühere Freundschaftsangebote seitens Kohl nicht reagiert.

Merkel wie gewohnt sachlich und abgeklärt

In ihrer Rede lobte die Kanzlerin Helmut Kohl für seine Verdienste um die Einheit Deutschlands und nannte ihn so auch den „Kanzler der Einheit.“ Für etwas Unmut dürfte sie bei Helmut Kohl mit der Erwähnung des ehemaligen DDR-Ministerpräsidenten und zeitweisen Chef der Ost-CDU Lothar de Maizière gesorgt haben. Dieser habe laut Merkel maßgeblich Anteil an der Wiedervereinigung Deutschlands gehabt. De Maizière beschrieb Helmut Kohl in seinem Buch über die Wiedervereinigung, das die Kanzlerin vorgestellt hatte, eher als hinderlich denn als förderlich.

Foto: Michael Kappeler/dapd

 



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