Enteignungs-Initiative: Was folgt auf den Berliner Volksentscheid?

Die Enteignungs-Initiative befürchtet, die Landesregierung wird den Volksentscheid aussitzen wollen.
Epoch Times3. Oktober 2021

Ende September hat die Berliner Bevölkerung die Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ mit 56,4 Prozent angenommen.

Da es sich bislang noch um keinen Gesetzesentwurf zur Abstimmung handelt, sondern lediglich eine Aufforderung an den Senat, sich mit der Frage der Enteignungen auseinanderzusetzen, ist die Abstimmung für die Politik rechtlich nicht bindend.

Es wurde jedoch das nötige Mindestquorum erreicht, was bedeutet, dass der Berliner Senat nun aufgefordert ist „alle Maßnahmen einzuleiten“, die zur Überführung von Immobilien in Gemeineigentum erforderlich sind, und dazu ein Gesetz zu erarbeiten, schrieb die „Berliner Morgenpost“.

Auf Twitter gab die Enteignungs-Initiative bekannt, sie wolle den Gesetzgebungsprozess „eng begleiten“. Betroffen wären alle privaten Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen in der Hauptstadt, ausgenommen die Genossenschaften. Nach Angaben der Initiative gehe es um rund 240.000 der insgesamt 1,5 Millionen Mietwohnungen in Berlin.

Politik reagiert skeptisch

Die Berliner SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey sicherte der Bevölkerung eine ernsthafte Prüfung zu. „Dieser Volksentscheid ist zu respektieren und die notwendigen Schritte sind einzuleiten“, sagte Giffey im „ARD-Morgenmagazin“.

Gleichzeitig äußerte sie Zweifel an der Umsetzbarkeit der geforderten Vergesellschaftung. „Wenn das nicht verfassungskonform ist, können wir es auch nicht machen.“ Giffey erneuerte ihren Standpunkt, dass Enteignungen nicht zum Bau der benötigten neuen Wohnungen beitragen würden.

Die Initiatoren der Volksinitiative fürchten nun, dass die neue Landesregierung dem Votum nicht folgen wird. Dem Nachrichtenportal „Watson“ gegenüber sagte Moheb Shafaqyar, ein Sprecher der Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“: „Ich denke, Frau Giffey wird nach Möglichkeiten suchen, wie sie das Thema versanden lassen kann.“ Das sei auch die SPD-Linie während des Wahlkampfs gewesen.

Der Sprecher kündigte für diesen Fall weitere Schritte an: „Ich glaube aber, sie unterschätzt, was innerhalb dieser Bewegung mittlerweile entstanden ist. Giffey wird das nicht einfach aussitzen können.“ Sollte die neue Berliner Landesregierung kein entsprechendes Gesetz auf den Weg bringen, gebe es immer noch die Möglichkeit eines weiteren Volksentscheids.

Shafaqyar weiter: „Es wäre ein Skandal, wenn der Wille der Bevölkerung missachtet würde. Wir haben für das Abgeordnetenhaus ja schon einen Gesetzentwurf vorgelegt. Und was jetzt noch unverbindlich ist als Beschluss, können wir über einen weiteren Volksentscheid auch verbindlich machen. Also über das Gesetz selbst abstimmen lassen – so hätte der Senat dann keine Handlungsspielräume mehr“.

Investoren und Privatanleger treiben die Preise

In Berlin würden internationale Investoren und auch wohlhabende Privatanleger ihr Geld in Wohnimmobilien anlegen und in Erwartung einer Rendite, die Kaufpreise und Mieten ansteigen lassen, beschreibt der „Welt“-Immobilienexperte Michael Fabricius die Situation.

Die steigenden Preise träfen dabei auf eine Mieterbevölkerung, deren Einkommen teilweise deutlich unter dem Durchschnitt liegt. Für diese Menschen ist es unmöglich, sich eine Wohnung zu kaufen und sie sind auf bezahlbare Mieten angewiesen.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen würden jedoch wenig zur Problemlösung beitragen, urteilt der Experte. In den Wohngebieten, wo die Initiative die meiste Zustimmung bekam, ist die Stadt zu über 90 Prozent bebaut. Ein Ausweg sieht der Experte eher bei der Neugestaltung des Mietrechts.

Die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch warb bereits für eine alternative Idee: dem freiwilligen Pakt zwischen Politik, Vermietern und anderen Beteiligten für Neubau und faire Mieten. Die Wohnungsunternehmen hätten das in der Hand, so Jarasch. (nw)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion