Was weiß die Bundesregierung?
Bundesregierung sieht keinen Deutschlandbezug bei Laborergebnissen zu Nawalnys Tod
Nachdem die Witwe des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny erklärt hatte, dass zwei Laborergebnisse eine Vergiftung als Todesursache ihres Ehemannes bestätigt hätten, wurde die Bundesregierung zu ihrem Wissen dazu befragt.

Kremlgegner Alexej Nawalny starb im Februar 2024 in einem russischen Gefängnis.
Foto: Uncredited/AP/dpa
In Kürze:
- Witwe Nawalnys: Zwei Laborergebnisse sollen die Vergiftung Nawalnys bestätigen.
- Der Bundesregierung ist ein Deutschlandbezug nicht bekannt.
- Ein Nawalny-Mitarbeiter wirft Gefängniswärtern vor, nicht versucht zu haben, ihn zu retten.
- Die Bundesregierung macht russische Behörden für Nawalnys Tod verantwortlich.
Der 2024 in einem Straflager verstorbene russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist nach Angaben seiner Witwe „vergiftet“ worden.
Dabei steht im Raum, dass eine der Untersuchungen in einem deutschen Labor stattfand.
Julia Nawalnaja erhob den Vorwurf am Mittwoch, 17. September, in einem in Onlinenetzwerken veröffentlichten Video unter Berufung auf Laboranalysen „biologischer Proben“, die Vertraute Nawalnys vor dessen Beerdigung heimlich entnommen und außer Landes geschmuggelt hätten. Der Kreml äußerte sich zu den Vorwürfen nicht.
„Labore in zwei Ländern sind zu dem Schluss gekommen, dass Alexej getötet wurde. Genauer gesagt: vergiftet“, sagte Nawalnaja zur Todesursache ihres Mannes. Weitere Angaben zu den Proben und den Laboruntersuchungen machte sie zunächst nicht und veröffentlichte keine Analyseergebnisse.
Auch machte sie keine Angaben dazu, welches Gift eingesetzt worden sein soll oder in wessen Auftrag die Untersuchungen durchgeführt wurden. Sie begründete dies damit, dass sie nicht in der Lage sei, die „offiziellen Resultate“ zu veröffentlichen, aus denen genau hervorgehe, welches Gift gegen ihren Mann verwendet worden sei.
Laut Nawalnaja hätten die Labore ihre Ergebnisse aus „politischen Überlegungen“ heraus bislang nicht veröffentlicht. Sie rief die beiden Labore auf, ihre Analysen zu veröffentlichen.
Regierung: „Deutschlandbezug ist uns nicht bekannt“
In der Regierungspressekonferenz am Freitag, 19. September, wurde die Bundesregierung daher gefragt, ob eine der Analysen in einem staatlichen oder militärischen Labor in Deutschland durchgeführt worden ist.
„Ein Deutschlandbezug ist uns nicht bekannt“, antwortete der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Giese.
Nawalny sei Sinnbild für ein demokratischeres Russland. Genau deswegen musste er im Straflager sterben. „Die russischen Behörden sind für seinen Tod verantwortlich“, so Giese weiter.
Die „politisch motivierten Verfahren“ gegen Nawalny sowie gegen zahlreiche weitere Kritiker der russischen Regierung und die „unmenschlichen Haftbedingungen“ würden zeigen, wie „brutal die russische Justiz gegen Andersdenkende vorgeht“ und mit welchen Mitteln Präsident Putin die Meinungsfreiheit in Russland unterdrücke.
„Wir verurteilen dies in aller Schärfe und fordern ausdrücklich die Freilassung aller in Russland aus politischen Gründen Inhaftierter“, so Giese.
Ob aufgrund der Laborergebnisse Deutschland ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hätte, könne er als Sprecher des Auswärtigen Amtes nicht sagen.
Fotos von Nawalnys Zelle?
Laut Nawalnaja habe ihr Team Zugang zu den Aussagen von fünf Gefängnismitarbeitern in dem Straflager Charp am Polarkreis erhalten, in dem Nawalny im Februar 2024 gestorben war. Die Aussagen seien zwar teils widersprüchlich, vermittelten jedoch „einen allgemeinen Eindruck davon, was geschehen ist“, erklärte die Witwe.
Zu den mutmaßlichen Umständen von Nawalnys Tod äußerten sich auch weitere Mitarbeiter des Oppositionellen. Maria Pewtschich schrieb im Onlinedienst Telegram, zum Zeitpunkt seines Todes habe Nawalny „auf dem Boden gelegen, sich erbrochen und vor Schmerz geschrien“. Statt ihn zu retten, hätten Gefängniswärter ihn aber in seiner Zelle liegen lassen, das Gitter und die Tür seiner Zelle geschlossen.
Pewtschich veröffentlichte Fotos einer Zelle, die gemäß ihren Angaben nach Nawalnys Tod aufgenommen wurden. Darauf scheinen auf dem Fußboden Spuren von Erbrochenem und Blut sichtbar zu sein.
Der Nawalny-Vertraute Leonid Wolkow warf dem russischen Präsidenten Wladimir Putin im Onlinedienst Telegram vor, den Oppositionellen „ermordet“ zu haben. Nawalny sei „auf grausame Weise getötet, vergiftet“ worden, schrieb Wolkow und fügte an: „Auch wenn die Daten aus den Krankenakten getilgt und die Spuren verwischt wurden, wissen wir alles über seinen letzten Tag – und wie er ermordet wurde.“
Nervengift Nowitschok
Nawalny war bereits im August 2020 in Sibirien mit dem Nervengift Nowitschok vergiftet worden und ins Koma gefallen. Der Kreml-Kritiker wurde anschließend nach Deutschland gebracht und in der Berliner Universitätsklinik Charité behandelt. Im Januar 2021 kehrte er nach Russland zurück und wurde bei seiner Ankunft in Moskau verhaftet.
Nawalnaja selbst wurde nach dem Tod ihres Mannes vom Föderalen Dienst für Finanzüberwachung der Russischen Föderation auf eine schwarze Liste von „Terroristen und Extremisten“ gesetzt. Zudem erließ ein russisches Gericht gegen sie einen Haftbefehl wegen „Beteiligung an einer extremistischen Organisation“.
Nawalny galt als der schärfste Widersacher Putins. Der von den russischen Behörden als „Extremist“ eingestufte Oppositionspolitiker starb im Februar 2024 im Alter von 47 Jahren unter ungeklärten Umständen in dem Straflager in der Arktis, wo er eine 19-jährige Haftstrafe verbüßte.
Die russischen Behörden erklärten damals, Nawalny sei bei einem Hofgang plötzlich zusammengebrochen und gestorben. Seine Angehörigen mussten nach seinem Tod mehrere Tage warten, bis die Leiche freigegeben wurde. Nawalnys Anhänger und zahlreiche westliche Politiker machten die russische Führung für den Tod des Oppositionellen verantwortlich. Der Kreml weist die Anschuldigungen zurück.
Zu den Vorwürfen Julia Nawalnajas Mittwoch äußerte sich Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch nicht. Auf eine Frage dazu in seinem täglichen Pressebriefing sagte Peskow, er habe dazu „nichts zu sagen“ und fügte an: „Ich weiß nichts zu diesem Thema.“
(Mit Material der Nachrichtenagenturen)
Als Hauptstadtreporter ist Erik Rusch regelmäßig in der Bundespressekonferenz und überall „Vor Ort“, wo kritische Fragen zu aktuellen Themen in den Bereichen Gesellschaft und Politik zu stellen sind.
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