Logo Epoch Times
plus-iconBundesverwaltungsgericht Leipzig

„COMPACT“-Prozess: Ethnisch-kultureller Volksbegriff als Verbotsgrundlage?

In der Verhandlung zum Verbot des „COMPACT“-Magazins haben sich zwei grundsätzliche Fragestellungen gezeigt, zu denen das Gericht Stellung beziehen muss.

top-article-image

Jürgen Elsässer mit einer „COMPACT“-Ausgabe in der Hand kurz vor Verhandlungsbeginn am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Foto: Erik Rusch/Epoch Times

author-image
Artikel teilen

Lesedauer: 5 Min.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig will am 24. Juni sein Urteil zum Verbot des vom Bundesverfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften „COMPACT“-Magazins verkünden. Dies teilte das Gericht am Mittwochabend nach zwei Verhandlungstagen mit.
Die „COMPACT“-Magazin GmbH wurde vor knapp einem Jahr per Verfügung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) unter Leitung von Nancy Faeser (SPD) verboten. (Az. 6 A 4.24). Das Bundesinnenministerium begründete das Verbot damals mit verfassungsfeindlichen Zielen, zu deren Verwirklichung Compact eine aggressiv-kämpferische Haltung einnehme.
Dagegen wehrten sich die Betroffenen mit einer Anfechtungsklage und einem Eilantrag. Nach dem erfolgreichen Eilantrag vor dem Leipziger Gericht im August durfte das Magazin vorläufig weiter erscheinen.
Das Urteil wird mit Spannung erwartet, da eine Grundsatzentscheidung des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts zu verschiedenen grundlegenden Fragen erwartet wird. Dabei zeigten sich während der Verhandlung zwei Hauptebenen.
Eine Ebene ist die Frage, ob eine Bundesinnenministerin als Vertreterin der Exekutive einen Presseverlag überhaupt oder mithilfe des Vereinsgesetzes verbieten lassen darf.
Laut dem Rechtsbeistand des „COMPACT“-Magazins, Ulrich Vosgerau, handelt es sich bei der „COMPACT“-Magazin GmbH unbestreitbar um ein reguläres presserechtlich tätiges Organ und keineswegs um einen Verein.
Für das Presserecht seien zudem die Länder zuständig, nicht eine Bundesbehörde. Wenn überhaupt, könne ein Presseorgan nur über das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und Artikel 18 des Grundgesetzes verboten werden.
Dies sieht der Verteidiger des BMI, Professor Dr. Wolfgang Roth, anders. Um eine Gefahr für die verfassungsmäßige Ordnung abzuwenden, die von einem überregional wirkenden Organ ausgehe, sei dies möglich.

Ethnisch-kultureller Volksbegriff

Eine weitere Ebene ist die Frage, ob die Verwendung eines ethnisch-kulturellen Volksbegriffs gegen die Strafgesetze verstößt und sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet. Ist „COMPACT“ damit mehr als „nur“ ein journalistisches Medium? Oder ist es eine Organisation, die einen Umsturz der jetzigen verfassungsmäßigen Ordnung anstrebt?
Roth machte deutlich, dass sich die verfassungsmäßige Ordnung aus der Achtung der Menschenwürde, den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, dem Demokratieprinzip und dem Rechtsstaat zusammensetzt.
Mit Formulierungen wie „fremdländische Passdeutsche“ oder „ausländische Kinder mit deutschem Pass“ würde laut dem Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Redeker Sellner Dahs sowie außerplanmäßigen Professor der Universität Mannheim die Menschenwürde von Menschen mit Migrationshintergrund verletzt, da sie als eingebürgerte Deutsche als Staatsbürger zweiter Klasse bewertet würden.

Angriff auf die Menschenwürde?

Laurens Nothdurft, neben Vosgerau und Fabian Walser einer der Rechtsanwälte, die die „COMPACT“-Magazin GmbH vor dem Gericht in Leipzig vertraten, führte bei der Verhandlung aus, dass für eine Verletzung oder Aberkennung der Menschenwürde eine Minderwertigkeit des Wesens ausgedrückt werden müsse. Eine Ehrverletzung hingegen reiche nicht aus.
Eine willkürliche Herabsetzung finde durch das „COMPACT“-Magazin nicht statt, so der Rechtsanwalt, der gleichzeitig Ortsbürgermeister der AfD in Roßlau, Sachsen-Anhalt, ist.
Er führte aus, dass die journalistische Darstellung einer Polizeistatistik, die einen höheren Anteil von Migrantengruppen bei Messergewalt und Gruppenvergewaltigungen ausweist, keine Verletzung der Menschenwürde darstelle.

Abstammungsdeutsche und eingebürgerte Deutsche

Es geht in der Verhandlung auch um die Frage, ob „COMPACT“ einen ethnischen Volksbegriff vertritt und daher zwischen Abstammungsdeutschen und eingebürgerten Deutschen unterscheidet, worin das BMI eine strafbare Handlung sieht.
In der Verbotsverfügung des BMI heißt es dazu: „Eine zentrale Forderung der ‚COMPACT-Magazin GmbH‘ ist der Erhalt des deutschen Volkes in seinem ethnischen Bestand. ,,Ethnisch Fremde“ sollen nach Möglichkeit aus dem deutschen Volk ausgeschlossen bleiben. Ein dergestalt völkisch-abstammungsmäßiger Volksbegriff missachtet die Menschenwürde von Personen, die nicht den ethnischen Kriterien dieses Volksbegriffs entsprechen.“
Laut Vosgerau könne die Menschenwürde nicht durch die Einzelmeinung eines Menschen strafbar aberkannt werden, auch sei der ethnokulturelle Volksbegriff im Grundgesetz enthalten.

Keine verbindliche Definition von „Volk“

Laut dem wissenschaftlichen Dienst des Bundestages gibt es keine verbindliche Definition, was als Volk gilt. Der Begriff stehe immer in einem Spannungsverhältnis zwischen politischen, ethnischen und sozialen Bedeutungsdimensionen.
Allerdings ließen sich zwei Hauptdimensionen bilden. Einerseits werde das Staatsvolk ethnisch-kulturell als Kultur- oder Abstammungsgemeinschaft auf der Vorstellung gemeinsamer Herkunft, Geschichte, Sprache, Religion, Traditionen oder einem Gefühl der Zusammengehörigkeit definiert.
Andererseits sei das Staatsvolk über das Staatsbürgerschaftsrecht juristisch-administrativ definiert. Demzufolge ist jeder, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, Teil des deutschen Volkes (Art. 116 Abs. 1 Grundgesetz).
Am 24. Juni entscheidet sich nun, ob „COMPACT“ verboten wird oder wie bisher weiter publizieren kann. Den Termin begründete das Gericht damit, dass man Zeit für eine gründliche Beratung brauche.
Vosgerau kündigte an, dass sein Mandant im Fall einer Niederlage das Bundesverfassungsgericht und möglicherweise darüber hinaus den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anrufen werde.
Als Hauptstadtreporter ist Erik Rusch regelmäßig in der Bundespressekonferenz und überall „Vor Ort“, wo kritische Fragen zu aktuellen Themen in den Bereichen Gesellschaft und Politik zu stellen sind.

Aktuelle Artikel des Autors

Kommentare

Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.