Deutschland-Besuch: Chinas Außenminister verbittet sich Einmischung in „interne Angelegenheiten“

Von 1. September 2020

Begleitet von Kritik und Protesten wegen der Lage in Hongkong und der Situation der Uiguren hat Chinas Außenminister Wang Yi seinen Besuch in Berlin absolviert. Im Gespräch mit seinem Kollegen äußerte sich Außenminister Heiko Maas (SPD) am Dienstag besorgt über das in Hongkong verhängte sogenannte Sicherheitsgesetz. Zahlreiche deutsche Abgeordnete hatten von Maas zuvor „Klartext“ gefordert. Vor dem Außenministerium demonstrierten hunderte Aktivisten gegen Chinas Politik.

„Sie wissen, dass unsere Sorgen über die Auswirkungen des Sicherheitsgesetzes nicht ausgeräumt sind“, sagte Maas an Wang gewandt. „Wir wollen, dass das Prinzip ‚Ein Land – zwei Systeme‘ im vollen Umfang angewandt werden kann.“ Die im Gesetzbuch der Sonderverwaltungszone festgehaltenen Rechte müssten eingehalten werden. Unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bestehe Einigkeit, „dass das unser Maßstab für die Entwicklung in Hongkong bleibt“, sagte Maas.

Ende der Pressekonferenz von Wang Yi und Heiko Maas am 1. September in Berlin. Foto: MICHAEL SOHN/POOL/AFP via Getty Images

In Reaktion auf das von China verhängte Gesetz in Hongkong sei innerhalb der EU ein „gemeinsamer Werkzeugkasten“ geschaffen worden, der nun zum Einsatz komme. Der Außenminister forderte China auf, die Einschränkungen unter dem Sicherheitsgesetz rückgängig zu machen und die verschobene Wahl des Hongkonger Legislativrats „schnell und ungehindert“ stattfinden zu lassen.

Das Ende Juni von China verabschiedete sogenannte Sicherheitsgesetz erlaubt den Behörden in Hongkong ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen. Das Gesetz bedeutet den bislang schwersten Eingriff in den Autonomiestatus Hongkongs. Der früheren britischen Kronkolonie waren bei ihrer Übergabe an China 1997 eigentlich für 50 Jahre Sonderrechte nach dem Prinzip „Ein Land – zwei Systeme“ gewährt worden, darunter Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

Wang: Es handelt sich um „interne Angelegenheiten“

Wang wies jegliche Kritik an Chinas Politik zurück: „Wie können so viele Chinesen mit der Arbeit der Regierung zufrieden sein, wenn sie wirklich so schlecht ist?“, sagte er bei der Pressekonferenz mit Maas. Es handele sich außerdem um „interne Angelegenheiten“ der chinesischen Gesellschaft.

Maas sprach gegenüber Wang auch die Menschenrechtslage der unterdrückten muslimischen Minderheit der Uiguren in der Region Xinjiang im Nordwesten Chinas an und forderte den Einsatz einer UN-Beobachtermission. „Wir würden es sehr begrüßen, wenn China einer unabhängigen Beobachtermission der Vereinten Nationen Zugang zu den Lagern gewähren würde“, sagte Maas. Er habe von Seiten Wangs „eine Bereitschaft dazu gehört“.

Die Lage der Uiguren werde auch Thema des in der kommenden Woche stattfindenden deutsch-chinesischen Menschenrechtsdialogs sein. Der Menschenrechtsdialog zwischen den beiden Staaten hatte zuletzt im Dezember 2018 stattgefunden.

Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen sind in Xinjiang mehr als eine Million Uiguren und andere Muslime in Haftlagern eingesperrt. Sie werden dort nach Angaben der Aktivisten zur Aufgabe ihrer Religion, Kultur und Sprache gezwungen und teilweise auch misshandelt. Peking weist die Vorwürfe zurück und spricht von „Bildungszentren“, die dem Kampf gegen islamistische Radikalisierung dienten.

Wie lässt sich Ausbau der Handelsbeziehungen bei gleichzeitigem Organraub rechtfertigen?

Auch die Anhänger der buddhistischen Kultivierungsschule Falun Gong (Falun Dafa) werden unvermindert durch das chinesische Regime verfolgt, wie Menschenrechtler immer wieder anprangern. In Umerziehungslager verschleppt, werden sie dort misshandelt und gefoltert, um sie zur Aufgabe ihres Glaubens zu zwingen. Menschenrechtsanwälte und Wissenschaftler legten Beweise dafür vor, dass Glaubensgefangenen in China insbesondere den Falun Gong-Praktizierenden in erheblichem Maß staatlich organisiert Organe zwangsentnommen werden.

Uiguren, Tibeter und Falun Gong Anhänger protestieren vor dem Außenministerium in Berlin, anlässlich des Treffens des chinesischen Außenministers Wang Yi mit seinem deutschen Amtskollegen Heiko Maas (1.9.2020). Foto: Epoch Times

Auf eine Anfrage der AfD-Fraktion Anfang 2019 an die Bundesregierung hieß es seitens der Regierung, dass man die Berichte dazu kenne. „Aufgrund mangelnder Transparenz seitens der chinesischen Regierung und fehlenden Zugangs zu verlässlichen Daten“ wäre der Wahrheitsgehalt dazu „nicht überprüfbar“. Zudem hätte die chinesische Regierung „trotz wiederholter Aufforderung auch durch die Bundesregierung“ keine nachprüfbaren Informationen zur Herkunft der Organe zur Verfügung gestellt.

Auf die Frage der AfD-Fraktion, wie sich nach Ansicht der Bundesregierung der forcierte Ausbau der deutsch-chinesischen Handelsbeziehungen, mit schwersten Menschenrechtsverletzungen, im Rahmen von Massentötungen zur Organentnahme rechtfertigen ließe, hieß es:

„Die Bundesregierung setzt in ihren Beziehungen mit China auf umfassenden Dialog, der unter anderem auch die Themen Menschenrechte und Handel einschließt.“ Dabei wäre der bilaterale Menschenrechtsdialog mit China, der zuletzt am 7. Dezember 2018 in China stattgefunden hätte, eines der zentralen Instrumente, sowie öffentliche Erklärungen zur Menschenrechtslage in China im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf.

Grünen-Politikerin: „Die deutsche Industrie darf nicht gleichgültig sein“

Vor dem Außenministerium in Berlin versammelten sich am Vormittag einige hundert Aktivisten aus Hongkong sowie Vertreter der Uiguren, der Tibeter und von Falun Gong. Als Redner und Unterstützer fanden sich dort auch Bundespolitiker und der Hongkong-Aktivist Nathan Law ein.

Die Bundestagsabgeordnete Margarete Bause (Grüne), Obfrau im Menschenrechtsausschuss nimmt an einer Kundgebung teil, anlässlich des Besuchs des chinesischen Außenministers Wang Yi in Berlin (1.9.2020). Foto: Epoch Times

Die Bundestagsabgeordnete Margarete Bause (Grüne), Obfrau im Menschenrechtsausschuss, äußerte dort:

„Die deutsche Industrie und die Industrie insgesamt darf nicht gleichgültig sein gegenüber dem, was in Hongkong geschieht. Auch ihre Rechte werden dort verletzt: Menschen aus dem Ausland, die mit der Demokratiebewegung in Hongkong sympathisieren, werden kriminalisiert und bedroht. Deshalb liegt es im ureigenen Interesse der deutschen Wirtschaft, sich mit der Demokratiebewegung solidarisch zu zeigen, denn freier Handel setzt eine freie Gesellschaft voraus. Ich erwarte von der deutschen Wirtschaft, dass sie sich klar auf die Seite der Menschen- und Bürgerrechte stellt“.

Hongkong-Aktivist fordert Sanktionen von deutscher Regierung

Der Hongkonger Demokratie-Aktivist Nathan Law vor dem Auswärtigen Amt (1.9.2020). Foto: Epoch Times

„Wir müssen handeln, bevor es zu spät ist“, sagte Nathan Law, einer der prominentesten Vertreter der Hongkonger Demokratiebewegung. Der 27-jährige Law, der wegen des Sicherheitsgesetzes nach London geflohen ist, forderte die deutsche Regierung unter anderem auf, „Sanktionen gegen Beamte der Regierungen in Peking und Hongkong zu erwägen“.

(mit Material von reuters und afp)



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