Gates-Stiftung und Milliarden deutsche Steuergelder

Ob Gesundheit, Bodenschutz oder Ernährung – die Themengebiete der Bill & Melinda Gates Foundation sind vielfältig. Eine kräftige Finanzspritze gibt es auch aus Deutschland.
Titelbild
Microsoft-Mitbegründer Bill Gates.Foto: NICHOLAS KAMM/AFP via Getty Images)
Von 14. August 2023

Eine Kleine Anfrage der Linken sorgt für Sprengstoff. Die Fraktion wollte den Stand der Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und privaten Stiftungen wissen. Die 117 Seiten umfassende Antwort der Regierung schlägt Wellen. Es geht um Milliardenbeträge der Steuerzahler und mögliche Unterwanderungen durch private Stiftungen.

Mit einem Stiftungsvermögen von 53,3 Milliarden US-Dollar und einer Mittelausschüttung von zuletzt 3,2 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 ist die Gates-Stiftung mit Abstand die weltgrößte private Stiftung, die unter anderem die Impfallianz GAVI, die Impfstoffentwicklungsagentur CEPI und das internationale Impfinstitut IVI ins Leben gerufen hat.

Milliarden Euro aus Deutschland

Deutschland hat über 2,5 Milliarden Euro (Stand Mai 2018) in den Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria eingezahlt – eine Organisation, zu deren ersten Spendern Bill Gates gehörte. Mit einem Beitrag von insgesamt rund einer Milliarde Euro für die Jahre 2020 bis 2022 ist Deutschland laut Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der viertgrößte staatliche Geber des Fonds.

Nach Ansicht der Regierung bringt die Stiftung von Bill und Melinda Gates „wertvolle Impulse“ und Ideen im Rahmen der Vorstandsarbeit in den Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria ein. Das geht aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke vom 29. Juni hervor. Die Fraktion bezeichnete die Bill & Melinda Gates Foundation als einen „der einflussreichsten Akteure bei der Gestaltung internationaler und Landeswirtschaftspolitik geworden“ und verlangte von der Regierung Auskunft über die Zusammenarbeit mit privaten Stiftungen, zu denen auch die Gates-Stiftung gehört.

Laut Regierung ist Deutschland der drittgrößte staatliche Geber bei der Impfallianz GAVI. Für Impfprogramme, die von 2021 bis 2025 laufen, wurden 600 Millionen Euro gezahlt. Jeweils 20 Millionen Euro gab die Regierung für Diagnoseforschung und Pandemieprävention aus, wiederum unter Beteiligung der Gates Foundation.

Zahlungen an die Gates-Stiftung

Aus Mitteln der Bundesregierung wurden vielfältige Zahlungen an die Stiftung von Bill und Melinda Gates in Millionenhöhe getätigt, darunter:

  • 20.612.465 Euro Stärkung des Gesundheitssystems mit Fokus auf reproduktive Gesundheit (2017-2023)
  • 231.031.596 Euro Globalvorhaben Bodenschutz und Bodenrehabilitierung für Ernährungssicherheit (2017-2023)
  • 13.304.700 Euro Deutsch-indisches Programm zu Universal Health Coverage (2020-2023)
  • 24.481.417 Euro Skalierung von digitalen Agrarinnovationen durch Start-ups (2021-2023)
  • 27.513.325 Euro Marktorientierte Wertschöpfungsketten für Jobs und Wachstum in der Region der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS  (2022-2024)
  • 5 Millionen Euro Co-Finanzierung zur globalen Ernährungssicherheit und Resilienzstärkung (2023-2026; der Auftragswert des aktuellen Projekts beläuft sich auf 282.792.593 Euro).
  • 126.490.000 Euro zur Globalen Forschungspartnerschaft für eine ernährungssichere Zukunft (2019-2026)
  • 1 Million Euro, Co-Finanzierung des Globalvorhabens Digitale Transformation (2023-2025)
  • 349.602 Euro Forschungsprojekt zur besseren Ausrichtung von Offizieller Entwicklungshilfe für Landwirtschaft und Ernährungssicherung unter Berücksichtigung von Ernährungs-, Gender- und Klima-Aspekten (2022-2023)

Armutsreduzierung, Geschlechtergerechtigkeit und Ernährungssicherheit

Noch bis 2023 läuft die Finanzierung der „Armutsreduzierung“, bei der sich die deutsche Regierung mit 2,3 Millionen Euro am Projekt der Gates-Stiftung beteiligt. 1,7 Millionen Euro gehen zugunsten der Förderung der finanziellen Einbindung von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen – ein Projekt, das bis 2023 läuft. Und weitere 1,5 Millionen für „armutsorientierte digitale Zahlweisen“ (2016-2025).

Für „Geschlechtergerechtigkeit“ zahlte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung an die Gates-Stiftung 4,9 Millionen Euro.

Insgesamt über 360 Millionen gab die Regierung an die Stiftung zur Förderung nachhaltiger Landwirtschaft und Ernährungssicherung.

Für den Zeitraum 2017 bis 2026 steckte das Bundesministerium für Forschung und Bildung insgesamt 620 Millionen Euro in die Wellcome Trust, die Bill und Melinda Gates-Stiftung und Paul G. Allen Family Foundation zur „Förderung der Entwicklung von Impfstoffen gegen Erreger mit Pandemiepotenzial“.

Weitere 111,7 Millionen wurden für die Erforschung und Entwicklung neuer Antibiotika in späteren Entwicklungsstadien (Zeitraum 2018–2027) sowie 81 Millionen zur Erforschung und Entwicklung neuer Antibiotika in frühen Entwicklungsstadien (Zeitraum 2019 bis 2026) gezahlt. Auch hier ist unter anderem die Gates-Stiftung als Begünstigte aufgeführt.

Überdies kassierte die Stiftung Gelder für die Förderung von Produktentwicklungspartnerschaften (50 Millionen Euro, Zeitraum 2023 bis 2028) und Maßnahmen zur Verbesserung der Mutter-Kind-Gesundheit in Afrika (1,3 Millionen; Zeitraum 2021 bis 2024).

Linke: Zusammenarbeit mit privaten Stiftungen nicht unumstritten

„Viele Stiftungen spielen nicht nur eine wachsende Rolle bei der Entwicklungsfinanzierung. Sie haben auch Einfluss auf die Formulierung entwicklungspolitischer Strategien und deren Umsetzung auf nationaler Ebene“, heißt es in der Anfrage der Linken-Politiker Andrej Hunko, Cornelia Möhring, Dr. André Hahn, Dr. Gesine Lötzsch und der Fraktion Die Linke.

„Die Zusammenarbeit mit privaten Stiftungen ist nicht unumstritten. Kritiker befürchten, dass durch die Einbindung von Stiftungen in staatliche Aufgabenbereiche die demokratische Willensbildung, Zielfestlegung und Kontrollmechanismen ausgehebelt werden und private Interessen eine zu große bis dominante Rolle spielen könnten“, geben die Linken in ihrer Anfrage zu bedenken. Sie fordern Transparenz und eine gründliche Prüfung der Partnerschaften.

Regierung: Agenda 2030 macht private Akteure unverzichtbar

Die deutsche Regierung sieht hier keinen weiteren Handlungsbedarf. „Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung betont explizit, dass für die Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele die aktive Einbeziehung privater Akteure unverzichtbar ist“, heißt es in ihrer Antwort. Hieraus leite sich ein Auftrag für eine entsprechende Zusammenarbeit mit diesen Akteuren, zu denen die Gates-Stiftung zählt, ab. Eine Notwendigkeit, den Einfluss privater Stiftungen generell „zurückzudrängen“, besteht laut Regierung nicht.

Mit der Agenda 2030 hat sich die Weltgemeinschaft 17 Ziele gesetzt. Armut und Hunger sollen der Vergangenheit angehören. Für Menschen jeden Alters will sie ein gesundes Leben und Wohlergehen fördern. Auch hochwertige Bildung, Geschlechtergerechtigkeit, sauberes Wasser, bezahlbare und „saubere“ Energie, menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum stehen auf dem Programm sowie Maßnahmen zum Klimaschutz und noch mehr.

Treffen mit Gates ohne Dokumentationspflicht

Die Antwort der Regierung legt auch offen, dass Regierungsbeamte in jeder Wahlperiode Kontakt mit einer Vielzahl von Akteuren aller gesellschaftlichen Gruppen pflegt. Eine Verpflichtung zur Erfassung sämtlicher geführter Gespräche und deren Ergebnisse bestehe jedoch nicht.  Insoweit seien die aufgeführten Daten „möglicherweise nicht vollständig“.

Wie die Regierung mitteilt, gab es insgesamt 25 Treffen mit Vertretern der Bill & Melinda Gates Foundation beziehungsweise Organisationen und Programmen, an denen die Stiftung beteiligt ist. Sechs fanden im Bereich des Bundesgesundheitsministers im ersten Halbjahr 2022 statt. Dabei traf Lauterbach am 19. Februar auf Bill Gates, Thema: internationale Pandemiebekämpfung.

Am 19. September 2022 traf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einem Abendessen auf Melinda Gates am Rande der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Am selben Tag fand ein „allgemeiner Austausch“ zwischen Bill Gates und Dr. Jörg Kukies statt, dem Staatssekretär des Bundeskanzleramts. Konkrete Gesprächsinhalte wurden nicht mitgeteilt.



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