Wahl ohne Misstöne
Neue Richter am Bundesverfassungsgericht gewählt: Klare Mehrheiten für Spinner, Kaufhold und Emmenegger
Der Bundestag hat am Donnerstag die Nachfolger von Josef Christ, Ulrich Maidowski und Doris König ins Bundesverfassungsgericht gewählt. Die Kandidaten Günter Spinner, Ann-Kathrin Kaufhold und Sigrid Emmenegger erhielten die erforderlichen Zweidrittelmehrheiten. Zuvor war die Wahl verschoben worden, nachdem es Vorbehalte gegen die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf gegeben hatte.

Die Wahlurnen blieben im Bundestag zwei Stunden lang geöffnet.
Foto: Michael Kappeler/dpa
In Kürze:
- Der Bundestag wählte am 25. September drei neue Richter für das Bundesverfassungsgericht.
- Günter Spinner, Ann-Kathrin Kaufhold und Sigrid Emmenegger treten die Nachfolge von Josef Christ, Ulrich Maidowski und Doris König an.
- Zuvor war die Wahl wegen des Streits um die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf verschoben worden.
- Alle Kandidaten erreichten problemlos die notwendige Zweidrittelmehrheit.
Am Donnerstag, 25. September, hat der Bundestag mit den erforderlichen Mehrheiten die Wahlvorschläge des Wahlausschusses für die Richter des Bundesverfassungsgerichts bestätigt. Damit stehen die Nachfolger für die Richter Josef Christ im Ersten und für Ulrich Maidowski und Doris König im Zweiten Senat fest. Christ und König scheiden aus Altersgründen aus, Maidowski machte gesundheitliche Erwägungen geltend.
An die Stelle von Christ wird der bisherige Richter am Bundesarbeitsgericht, Günter Spinner, treten. Von 613 Abgeordneten, die Stimmzettel abgegeben hatten, stimmten 424 für den von der Union nominierten Kandidaten. Gegen ihn sprachen sich 178 Abgeordnete aus, es gab elf Enthaltungen. Zum Erreichen der erforderlichen Zweidrittelmehrheit waren 316 Stimmen notwendig.
Wahl der Richter mit deutlicher Verspätung erfolgt
Ann-Kathrin Kaufhold, die Maidowski nachfolgt, konnte 440 Abgeordnete von sich überzeugen. Gegen die Kandidatin stimmten 166 Parlamentarier bei sieben Enthaltungen. Sigrid Emmenegger erhielt 446 Ja-Stimmen bei 161 Gegenstimmen bei sechs Enthaltungen. Sie wird Doris König ersetzen. Die Wahl der Richter war geheim. Eine Aussprache gab es nicht.
Ursprünglich war die Wahl der Richter für das Bundesverfassungsgericht für den 11. Juli geplant. Sie wurde jedoch von der Tagesordnung genommen, nachdem sich in der Unionsfraktion zu starke Bedenken gegen die ursprünglich von der SPD nominierte Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf bemerkbar gemacht hatten. Diese hätten ein Ausmaß erreicht, das die erforderliche Zweidrittelmehrheit infrage gestellt hätte.
Die Juristin aus Potsdam hatte in den Reihen konservativer Fraktionsmitglieder für Irritationen gesorgt. In der Frage der Geltung der Menschenwürdegarantie auch für ungeborene Kinder hatte sie sich in einem Aufsatz gegen die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gestellt. Auch öffentliche Äußerungen zur Impfpflicht und zu einem möglichen AfD-Verbot hatten für Vorwürfe gesorgt, Brosius-Gersdorf sei zu „aktivistisch“, um sich für Karlsruhe zu eignen. In den Reihen von SPD, Grünen und Linken sprach man von einer „Hetzkampagne“.
Bundesrat hätte an die Stelle des Bundestages treten können
Neben den Koalitionsfraktionen hatten im Vorfeld der Abstimmung auch die Grünen dazu aufgerufen, alle Kandidaten zu wählen. Fraktionschefin Britta Haßelmann erklärte gegenüber der Epoch Times, dies sei erforderlich, um „weiteren Schaden vom Bundesverfassungsgericht abzuwenden“.
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch gab den Abgeordneten seiner Fraktion das Abstimmungsverhalten im Fall von Spinner frei. Die von der SPD nominierten Kandidaten sollten die Mitglieder der Linksfraktion unterstützen, erklärte Bartsch im Vorfeld.
Es ist vorgesehen, dass der Bundestag die Richterposten nachbesetzt, die er ursprünglich besetzt hatte. Gelingt ihm dies nicht, könnte gemäß Paragraf 7a Abs. 5 BVerfGG der Bundesrat diese Aufgabe übernehmen. Dieser würde damit nicht einmal sein turnusmäßig vorgesehenes Vorschlagsrecht für die Nachbesetzung zuvor von ihm besetzter Richter verlieren.
Keine Probleme bei der Bestätigung auch bei Kaufhold
Bezüglich der Wahl von Spinner hatte es im Vorfeld die wenigsten Bedenken gegeben. Neben Union, SPD und Grünen hatte auch AfD-Fraktionschefin Alice Weidel ihren Fraktionsmitgliedern eine Zustimmung empfohlen. Damit galt es von vornherein als sehr wahrscheinlich, dass die erforderliche Zweidrittelmehrheit im Bundestag zusammenkommen würde.
Am 10. September hatte die SPD mit Sigrid Emmenegger ihre Ersatzkandidatin für Brosius-Gersdorf präsentiert. Seit 2021 ist die Juristin als Richterin am Bundesverwaltungsgericht tätig. Die 48-Jährige hatte bereits in der Zeit von 2009 bis 2013 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesverfassungsgericht gewirkt. Anschließend wechselte sie als Richterin ans Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz. Anders als Brosius-Gersdorf ist Emmenegger zu keiner Zeit durch kontroverse öffentliche Statements zu politischen Fragen in Erscheinung getreten.
Nach dem Rückzug von Brosius-Gersdorf hatte es auch gegenüber Kaufhold Bedenken vor allem von konservativer Seite gegeben. Diese hatte in einem Aufsatz die Meinung vertreten, man solle darüber diskutieren, ob Interessensträgern wie Naturgütern „ebenfalls (Grund)-Rechtsfähigkeit verliehen werden sollte“. Dies hatten Teile der Bevölkerung als Plädoyer für die Schaffung eines linksautoritären Hebels zur Durchsetzung einer invasiven Klimapolitik aufgefasst.
Andererseits vertrat Kaufhold im Klimaverfahren 2020/21 vor dem Bundesverfassungsgericht Bundestag und Bundesregierung gegen die klagenden Umweltverbände. Sie betonte dabei, dass die politische Legitimation des Parlaments höher einzustufen sei als die gerichtliche.
Bundesverfassungsgericht hatte erstmals eigene Richtervorschlagsliste vorgelegt
Die neuen politischen Realitäten nach der Bundestagswahl hatten zur Folge, dass die eingespielten Gepflogenheiten nicht mehr gelten konnten. Bis dahin hatten Union und SPD ein Vorschlagsrecht für jeweils drei Richter der beiden Senate. Grüne und FDP konnten je einen Kandidaten pro Senat nominieren.
Die FDP ist jedoch nicht mehr im Bundestag vertreten. Hingegen besteht unter den übrigen Parteien ein Konsens, der AfD kein Vorschlagsrecht zu geben. Die Linke fordert, anstelle der FDP in den unverbindlichen Mechanismus aufgenommen zu werden. Dagegen sperrt sich jedoch vor allem die Union, für die auch der Linkspartei gegenüber ein Unvereinbarkeitsbeschluss gilt.
Möglicherweise als Konsequenz einer Vorahnung potenzieller Unwägbarkeiten bei der Richterwahl hat das Bundesverfassungsgericht erstmals sein Recht nach Paragraf 7a BVerfGG ausgeübt. Dieses kommt den Karlsruher Richtern zu, sollte innerhalb von zwei Monaten nach dem Ablauf der Amtszeit oder dem vorzeitigen Ausscheiden eines Richters noch kein Nachfolger gewählt sein.
SPD und Grüne hatten Unionskandidaten als „zu konservativ“ abgelehnt
Günter Spinner war bereits auf der Liste, die im Mai aus Karlsruhe vorgelegt wurde. Später schlug ihn die Union gegenüber dem Wahlausschuss als ihren Kandidaten vor. Die weiteren eigenen Vorschläge des Bundesverfassungsgerichts waren Oliver Klein, Richter am Bundesgerichtshof, und Eva Menges, Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof.
Ursprünglich hatten CDU und CSU Robert Seegmüller vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig als Nachfolger von Josef Christ vorgeschlagen. SPD und Grüne hatten diesen jedoch abgelehnt. Seegmüller hatte sich unter anderem öffentlich zugunsten einer restriktiven Asylpolitik exponiert.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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