Neuer Vorstoß zur Organspende aus Hamburg: Wer nicht spenden will, wird registriert

Vor Jahren hat der Bundestag die Widerspruchslösung zu den Akten gelegt. Nun kocht die Debatte erneut hoch. Grund ist ein offener Brief der Hamburger Bürgerschaft.
Eine Entscheidung über eine mögliche Organspende setzt eine unabhängige, umfassende Aufklärung voraus. Foto: Sean Gallup/Getty Images
Eine Entscheidung über eine mögliche Organspende setzt eine unabhängige, umfassende Aufklärung voraus.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 6. Juni 2023

Zum Tag der Organspende am 3. Juni appellierten Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und sein Amtskollege Karl-Josef Laumann (CDU) einmal mehr für die Widerspruchslösung. Demnach wäre jeder Bürger automatisch potenzieller Organspender – es sei denn, er widerspricht einer solchen ausdrücklich.  Mit ihrer Forderung stehen die beiden Minister nicht allein da. Die Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft haben sich in einem offenen Brief im Mai an den Bundestag gerichtet und einen erneuten Anlauf für die Widerspruchslösung gefordert. In ihrem Dokument heißt es:

„Im Eurotransplant-Verbund ist Deutschland das einzige Land ohne Widerspruchsregelung. Der europäische Standard zeigt: Wenn nicht die Bereitschaft, sondern die Ablehnung der Organspende dokumentiert werden muss, können mehr Transplantationen realisiert werden. Wir sind davon überzeugt, dass es notwendig ist, den Anschluss an den europäischen Standard in Deutschland herzustellen, zumal regelmäßig Organe aus Nachbarländern, die unter der Widerspruchslösung entnommen wurden, auch in Deutschland transplantiert werden.“

Die Hamburger schlagen vor: Wer sich gegen eine Organspende entscheidet, könne in einem Organspende-Register im Rahmen einer „umgekehrten Dokumentation der Ablehnung statt der Zustimmung“ aufgenommen werden.

Patientenschützer drängt auf Register

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, hingegen sieht das Werben für eine Widerspruchslösung kontraproduktiv. Bereits am 16. Januar 2020 hatte der Bundestag der Widerspruchslösung eine klare Absage erteilt. Stattdessen sprachen sich die Abgeordneten für die sogenannte Entscheidungslösung aus.

Demnach sollten Bürger ab 14 Jahren laut Transplantationsgesetz alle zwei Jahre durch Hausärzte und Behörden zum Thema Organ- und Gewebespende beraten und aufgefordert werden, sich zu entscheiden, ob sie ihre Organe spenden wollen oder nicht. Eine kostenlose Registrierung ihrer Entscheidung für oder gegen eine Spende sollte auf freiwilliger Basis in einem Organspende-Register erfasst werden. Aber dieses befindet sich nach wie vor im Aufbau und soll voraussichtlich im ersten Quartal 2024 an den Start gehen.

22 Millionen Euro Beratungskosten zur Organspende-Entscheidung

Wie das „Ärzteblatt“ berichtete, wurden seit dem 1. März 2022 über drei Millionen Abrechnungen von Ärzten ausgestellt, die ihrem Beratungsauftrag zur Organspende nachkamen. Da laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung die Ärzte eine Beratung mit jeweils 7,32 Euro abrechnen können, sind bis dato rund 22 Millionen Euro Kosten entstanden.

„Doch Erkenntnisse über die tatsächliche Entscheidung dieser Patientinnen und Patienten für oder gegen die Organspende fehlen“, kritisierte Brysch laut „Ärzteblatt“.

Ob eine Registrierung von potenziellen Organspendern oder eine Widerspruchslösung tatsächlich zur Erhöhung von Organspenden führt, ist fragwürdig. Gern wird hier auf Spanien verwiesen, wo es die Widerspruchslösung bereits seit 1979 gibt. Wie der „Deutschlandfunk“ berichtete, gibt es jedoch einen gravierenden Unterschied: In Spanien erfolgt eine Organentnahme nach dem Herztod – in Deutschland gilt die umstrittene Hirntod-Diagnostik als zwingende Voraussetzung zur Organentnahme.

 



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