Steingart: Berufspolitiker sollten mal den Praktikern zuhören

Die Jugend kann mit „Merkels kollektiven Vorruhestand“ nichts anfangen, Widerstand baut sich auf. Unterstützung bekommen die Jüngeren von vielen Seiten.
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Am 15. August 2020 in Berlin.Foto: Adam Berry/Getty Images
Epoch Times27. August 2020

Die Lockdown-Politik findet Anklang bei Älteren und Senioren sowie bei CDU/CSU-Wählern. Behaglich fänden den „kollektiven Vorruhestand“ und das „Entschleunigungsparadies“ der Pandemie, wie es der Psychologe und Marktforscher Stephan Grünewald nennt, diese Gruppen. An den Schulen und Kinderklinken baue sich allerdings Widerstand auf, stellt Gabor Steingart im „Fokus“ fest.

Steingard schreibt: „Der zunehmend autoritäre Auftritt des Staates, der mithilfe von Ordnungsamt, Zugbegleitern, Polizei und Lehrkörpern seine Corona-Regeln – Maske tragen, Abstandhalten, Hygiene beachten – durchsetzen will, wird hier mit stillem Befremden und offener Ablehnung verfolgt. Immer häufiger kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, die den Beginn einer neuen Jugendkultur bedeuten könnten.“

Unterstützung bekommen die Jüngeren von vielen Seiten. Darunter ist der Marburger Bund ebenso wie die Bundesschülerkonferenz. Die Ärzte des Marburger Bundes sehen die Maskenpflicht im Unterricht als Schikane. Bundesvorsitzende Susanne Johna sagt: „Wenn alle auf ihren Plätzen sitzen und Abstand sichergestellt ist, macht das Tragen von Masken während der Unterrichtsstunden überhaupt keinen Sinn.“

„Wenn vier medizinische Fachgesellschaften dazu aufrufen, Kitas und Schulen vollständig zu öffnen, muss die Politik so schnell wie möglich reagieren“, sagte FDP-Chef Christian Lindner am 20. Mai.

Steingart plädiert daher dafür, dass die Berufspolitiker vor neuen Beschlüssen den Praktikern eine Chance geben und ihnen zuhören. Denn so die Überschrift – „Die Jugend rebelliert gegen Merkels ‚kollektiven Vorruhestand‘ in der Pandemie“.

Löhne fallen, Renten steigen Senioren sind die Profiteure der Krise

Nach Ansicht des Ökonomen Bernd Raffelhüschen führen die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise zu Ungerechtigkeiten im deutschen Rentensystem.

„Während die Löhne wegen des Abschwungs fallen, werden die Renten dies nicht tun, obwohl dies ein solidarischer Gedanke über die Generationen hinweg wäre“, sagte Raffelhüschen Anfang August 2020. Stattdessen blieben die Renten infolge der aktuellen Gesetzeslage auch im Fall einer Rezession auf dem jetzigen Stand eingefroren, während das Lohnniveau aufgrund der wirtschaftlichen Krise sinke.

Setze man beide Faktoren ins Verhältnis zueinander, „wird das Rentenniveau durch Corona sogar steigen. Es zeigt sich: Rentner sind die Profiteure der Coronakrise, sie werden keinen Einkommensverlust erleiden. Sie werden sogar besser davon kommen als die anderen, die ihre Rente bezahlen“, so Raffelhüschen.

Die Gefahren gehen nicht von Kindern und Jugendlichen aus

Prof. Wolfgang Kölfen, Chefarzt an der Klinik für Kinder und Jugendliche der Städtischen Kliniken Mönchengladbach, verweist auf die Fallzahlen: „In Deutschland sind 200 Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren bisher im Register gemeldet, dass sie mit Covid erkrankt waren. Es gibt – nach einer RKI-Statistik – drei Todesfälle unter 20 Jahren in Deutschland. Wir reden also über etwas, was extrem selten ist.“

Die Gefahren gingen eher nicht von den Kindern und Jugendlichen aus, sie seien nicht die „Spreader“, die andere infizieren. Ganz im Gegenteil, dies seien die Erwachsenen. Sein Urteil ist eindeutig, schreibt der „Fokus“:

Diese Corona-Politik ist ein Irrweg in Bezug auf unsere Zukunft.“

Ein Leser weist im „Fokus“ darauf hin: „Die Corona Krise

ist keine Krise des Virus sondern der Maßnahmen. Einzig und allein die Maßnahmen haben uns in diese Situation gebracht und die Maßnahmen wurden von Politikern beschlossen. Dass andere Politiker realistischer und besser handeln, sieht man in Schweden hätten alle so gehandelt, wäre Corona bis Jahresende Geschichte.“

Corona-Lockdown hatte „Langeweile“ zur Folge – „Unruhen um der Unruhe willen“

In den Niederlanden kam es bereits zu chaotischen Szenen durch Jugendliche. Der Corona-bedingte Lockdown hatte über Monate hinweg Sportvereine lahmgelegt, zur Schließung von Jugendzentren beigetragen, es gab keinen Zutritt zu Schwimmbädern, ohnehin in prekären Verhältnissen lebende Familien sahen sich finanziell noch zusätzlich belastet und vor allem in dicht besiedelten Gebieten hat sich ein erhebliches Konfliktpotenzial aufgestaut.

Der Soziologe Jaap Timmer von der Freien Universität Amsterdam spricht von „Unruhen um der Unruhe willen“. Politische oder ideologische Ziele verfolgten die beteiligten Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht. Es sei eher „Langeweile“, die als Auslöser fungiere – wie auch Augenzeugen vor Ort gegenüber Medien äußern. Das Leben gerate, so Timmer, „aus den Fugen, wenn es nichts zu tun gibt“.

Langeweile begünstige es, dass sich Jugendliche gegenseitig zu Mutproben anstachelten. Gruppendynamik, verstärkt durch Aufrufe in sozialen Medien, trage ihren Teil zur Eskalation bei. Auch Eltern seien in einer solchen Lage häufig zu sehr mit der eigenen Situation beschäftigt, als dass sie den Jugendlichen Halt geben können. Der Jugendbotschafter von Den Haag, Aad van Loenen, nennt auch die Schließung von Schulen als Faktor: „Wenn Sie Schulen monatelang schließen, […] dann passiert das.“ (ks)



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