Prozess in Hongkong
Demokratie-Aktivist Lai von Hongkonger Gericht schuldig gesprochen
Hongkongs Justiz spricht den prodemokratischen Verleger Jimmy Lai in einem viel beachteten Prozess schuldig. Das Strafmaß steht noch aus. US-Präsident Trump forderte beim Treffen mit Xi Jinping in Südkorea Lais Freilassung.

Die Polizeipräsenz vor dem Gericht war hoch.
Foto: Chan Long Hei/AP/dpa
Ein Hongkonger Gericht hat den bekannten Demokratie-Aktivisten und Medienunternehmer Jimmy Lai verurteilt. Der 78-Jährige wurde am Montag der „Kollaboration mit ausländischen Kräften“ und des „Aufruhrs“ für schuldig befunden. Das Strafmaß wird zu einem späteren Zeitpunkt verkündet, Lai droht eine lebenslange Haftstrafe. Er kann seine Verurteilung noch anfechten.
Lai, der auch einen britischen Pass hat, gilt als Symbol der Demokratiebewegung. Die Bewegung wurde von den Behörden mit massivem Druck inzwischen de facto zum Erliegen gebracht.
Der Gründer der prodemokratischen Zeitung „Apple Daily“ hatte sich in allen Anklagepunkten nicht schuldig bekannt. Auch drei Unternehmen wurden verurteilt, wie aus dem 856 Seiten langen Urteil hervorging.
Peking setzt sich hart durch
Lai sitzt bereits seit Ende 2020 in Haft. Sein Prozess begann im Dezember 2023. Die Anschuldigungen gegen ihn drehen sich alle um Veröffentlichungen in seiner Zeitung. Die Anklage gegen Lai stützt sich auf das 2020 nach den Massenprotesten in Hongkong von Peking durchgesetzte Sicherheitsgesetz.
Die Behörden in Hongkong hatten Kritik am Umgang mit Lai in der Vergangenheit zurückgewiesen und erklärt, der Fall werde „streng“ auf der Grundlage von Beweisen und „im Einklang mit dem Gesetz“ behandelt.
Bis vor wenigen Jahren galt die Sonderverwaltungszone Hongkong als Bastion der Meinungsfreiheit in China. Seit Peking das Nationale Sicherheitsgesetz erlassen hat, gehen die Behörden massiv gegen pro-demokratische Aktivisten und andere Peking-kritische Stimmen vor.
Wie das Gericht die Entscheidung begründet
Die Richter sehen es als erwiesen an, dass Jimmy Lai über Jahre hinweg gezielt an Verschwörungen gegen die Regierung in Peking und die Führung in Hongkong beteiligt war.
Nach ihrer Auffassung verfolgte er das Ziel, auf den „Sturz der Kommunistischen Partei Chinas“ hinzuwirken. Lai habe dabei nicht nur politische Meinungen geäußert, sondern als „Mastermind“, also als maßgebliche treibende Kraft, gehandelt und die Plattformen der Zeitung „Apple Daily“ bewusst genutzt, um diese Absichten umzusetzen.
Das Gericht verwies auch auf Lais enge Kontakte in die USA. Aus WhatsApp-Nachrichten gehe hervor, dass sein Vertrauter Mark Simon in Washington intensiv daran gearbeitet habe, Treffen mit hochrangigen US-Politikern zu arrangieren.
Genannt wurden Begegnungen im Weißen Haus sowie Treffen mit dem damaligen US-Vizepräsidenten Mike Pence und Ex-Außenminister Mike Pompeo. Diese Aktivitäten werteten die Richter als Teil einer Verschwörung, ausländische Staaten zu Sanktionen und anderen „feindlichen Handlungen“ gegen China und Hongkong zu bewegen.
Ein Prozess in Überlänge
Lai sitzt bereits seit knapp fünf Jahren im Gefängnis und wurde in der Zwischenzeit in anderen Fällen zu Haftstrafen verurteilt. Im Dezember 2023 begann schließlich der Prozess wegen Verstößen gegen das nationale Sicherheitsgesetz, der am 28. August nach mehr als 150 Verhandlungstagen zu Ende ging – angesetzt waren ursprünglich 80 Tage.
Im November 2024 hatte sich Lai erstmals selbst vor Gericht geäußert. Seine Aussage erstreckte sich über 52 Verhandlungstage. Seine Zeitung „Apple Daily“ habe die Grundwerte Rechtsstaatlichkeit, Freiheit, Streben nach Demokratie sowie Religions-, Rede und Versammlungsfreiheit hochgehalten, sagte er. Er habe stets jede Form von Gewalt abgelehnt, erklärte Lai.
Zuletzt machten sich seine Unterstützer zunehmend Sorgen um Lais Gesundheitszustand. Am Prozesstag patrouillierten zahlreiche Polizisten vor dem Gericht im Stadtteil West Kowloon. Neben Lais Angehörigen waren auch ausländische Diplomaten vor Ort, wie Fotos zeigten.
Trump fordert Lais Freilassung
International hatte das Verfahren für großes Aufsehen gesorgt. Großbritanniens Außenministerin Yvette Cooper verurteilte die „politisch motivierte Strafverfolgung“ Lais. „Wir fordern weiterhin die sofortige Freilassung Herrn Lais, alle notwendigen Behandlungen und vollen Zugang zu unabhängigen medizinischen Fachkräften“, schrieb sie in einer Erklärung.
Neben Lais Familie und Freunden kamen auch Diplomaten zur Urteilsverkündung. Zu den besonders prominenten Beobachtern zählt US-Präsident Donald Trump. Beim Treffen mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping in Südkorea hatte er Berichten zufolge, die sich auf Beamte des Weißen Hauses beriefen, Lais Freilassung gefordert.
Auch Großbritanniens Premierminister Keir Starmer hatte beim Treffen mit Xi am Rande des G20-Gipfels im brasilianischen Rio de Janeiro 2024 Sorge über den Zustand Lais geäußert.
„Wir sind empört darüber, dass Jimmy Lai, Hongkongs Symbol für Pressefreiheit, aufgrund erfundener Vorwürfe gegen die nationale Sicherheit für schuldig befunden wurde“, teilte die Organisation Reporter ohne Grenzen mit.
Menschenrechtler kritisierten das Urteil. „Ausländische Regierungen sollten auf die Farce des Prozesses gegen Jimmy Lai reagieren, indem sie auf die Aufhebung des Verfahrens und seine sofortige Freilassung drängen“, forderte die Asienleiterin von Human Rights Watch, Elaine Pearson. (afp/dpa/ks)
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