Wähler strafen große Koalition dramatisch ab und stärken die AfD

Massive Stimmenverluste für die Koalitionsparteien Union und SPD, starke Zugewinne für AfD: Nach der Bundestagswahl vom Sonntag werden sich die Kräfteverhältnisse im Parlament erheblich verschieben.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) werde im Amt bleiben.Foto: ODD ANDERSEN/AFP/Getty Images
Epoch Times24. September 2017

Union und SPD erzielten Hochrechnungen zufolge historisch schlechte Ergebnisse. Die AfD dürfte als drittstärkste Kraft in den Bundestag einziehen. Die FDP kehrt zurück, Grünen und Linkspartei gelingt der Wiedereinzug. Die SPD schloss eine Fortsetzung der großen Koalition aus.

Mit der AfD zieht zum ersten Mal seit sechs Jahrzehnten eine Partei in den Bundestag ein. Der unterlegene SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz bezeichnete den Einzug der AfD als „Zäsur“ und sagte ihr den Kampf an: „Wir sind das Bollwerk der Demokratie.“ Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sprach von einem „schlimmen“ Ergebnis für die AfD. Deren Spitzenkandidat Alexander Gauland kündigte eine aggressive Oppositionspolitik an: Die AfD werde die Bundesregierung „jagen“.

Die bisher als Juniorpartner regierende SPD erklärte wenige Minuten nach Schließung der Wahllokale, dass sie in die Opposition gehen will. „Wir werden den Oppositionsauftrag der Wähler annehmen“, sagte Parteivize Manuela Schwesig. Oppermann sagte: „Der Platz der SPD ist in der Opposition.“ Parteichef Schulz kündigte an, im Amt bleiben zu wollen.

Die bisherigen Koalitionsparteien CDU, CSU und SPD verloren Hochrechnungen zufolge zusammengerechnet rund 14 Prozentpunkte. Unionsfraktionschef Kauder erhob trotz der Verluste seiner Partei den Anspruch auf Regierungsbildung: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) werde im Amt bleiben, sagte er.

Nach der Absage der SPD wird sich die Kanzlerin allerdings neue Koalitionspartner suchen müssen. Rechnerisch möglich wäre ein Dreierbündnis der Union mit der FDP und den Grünen. Für eine solche Jamaika-Koalition müssten die Parteien aber erhebliche inhaltliche Differenzen überbrücken.

FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki machte klar, dass ein Jamaika-Bündnis für seine Partei „keine Selbstverständlichkeit“ sei. Nur weil die SPD sich „vom Acker mache“, bedeute das nicht, dass die Liberalen „die Ausputzer“ seien, sagte Kubicki in der ARD.

Auch die Grünen äußerten sich zurückhaltend zu einer Regierungsbeteiligung, die sie allerdings nicht ausschlossen. „Das werden komplizierte Gespräche“, sagte Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt. „Wir sind auch kein einfacher Partner, das ist klar.“

Dem neuen Bundestag werden sechs Fraktionen angehören – so viele wie seit sechs Jahrzehnten nicht mehr. Hochrechnungen der Institute Infratest dimap in der ARD und der Forschungsgruppe Wahlen im ZDF sahen die Union bei rund 33 Prozent. Die SPD steuert demnach mit gut 20 Prozent auf ihr schlechtestes Ergebnis bei Bundestagswahlen zu.

Fast jeder vierte Wähler stimmte für Parteien, die bislang nicht im Bundestag vertreten waren: Die AfD kann mit rund 13 Prozent rechnen, die FDP lag in den Hochrechnungen bei gut zehn Prozent. Die Linke landet bei knapp neun Prozent, die Grünen erreichen gut neun Prozent.

Insgesamt waren rund 61,5 Millionen Deutsche zur Stimmabgabe bei der Bundestagswahl aufgerufen. Es standen 42 Parteien zur Wahl – so viele wie nie seit der Wiedervereinigung. (afp)

 



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