Zwei Seiten derselben Medaille: Prof. Werner J. Patzelt zum Verhältnis von AfD und Pegida

Pegida und die AfD seien zwei Seiten derselben Medaille, meint der Dresdner Politikprofessor Werner J. Patzelt. Warum beide ausgerechnet in Sachsen so stark sind, erklärt er in einem Gespräch mit der Münchner Hanns-Seidel-Stiftung.
Epoch Times6. September 2018

Pegida und die AfD seien zwei Seiten derselben Medaille, meint der Dresdner Politikprofessor Werner J. Patzelt. Bei einem Vortrag an der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung in München stellte er seine Ansicht über das Verhältnis zwischen AfD und Pegida dar. Seiner Ansicht nach sei die AfD die politische Partei zur „APO“ Pegida. 

Politische Parteien  entwickelten sich um dauerhafte politische Großkonflikte herum, stellt Patzelt fest. So wie für die Entstehung der Grünen die Anti-Atomkraft und Umweltbewegung in den 1980iger Jahren von entscheidender Bedeutung gewesen sei, sei heute das Ringen um die Frage der Nationalstaaten und des wachsenden globalen Migrationsdrucks ausschlaggebend für Veränderungen in der Parteienlandschaft. Wenn die etablierten Parteien darauf keine klaren Antworten geben könnten, dann entstehe natürlich eine Lücke, in diese nun die AfD gestoßen sei.

Viele Menschen würden sich schon seit Jahren von den etablierten Parteien nicht mehr ernst genommen oder repräsentiert fühlen. Und was die CDU betreffe, so habe die  „Frontbegradigung der CDU nach links ohne Integrationsbemühungen des rechten Flügels“ zu einem Wählerverlust geführt.

Doch warum zeigt sich das ausgerechnet in Sachsen so deutlich? Warum ist Pegida ausgerechnet hier entstanden? Patzelt hat eine sehr anschauliche Begründung dafür:

„Unter der Erdkruste Europas brodele das Magma des Rechtspopulismus, im Osten Deutschlands sei die Erdkruste dünner als im deutschen Westen. Der wichtigste Vulkanschlot sei in Dresden, dort breche sich am meisten wahrnehmbar das Magma Bahn an die Oberfläche, hier als Pegida.“

Aber diese Erklärung allein wäre etwas dürftig für Patzelt. In einem nachfolgenden Interview erklärt er gegenüber der Hanns-Seidel-Stiftung, dass Pegida nur in Ostdeutschland entstehen konnte, weil „die Kritik am bundesdeutschen System und seiner Politikerschaft seit der Wiedervereinigung viel schärfer und weiter verbreitet ist als im Westen.“ Zudem habe es ein konservatives Umfeld gebraucht und in ganz Ostdeutschland gebe es keine andere konservative Großstadt als Dresden.

Weitere Punkte, die er anführt, fallen da wohl eher weniger ins Gewicht. Da wären noch ein dicht besiedeltes Umland, der Zufall, dass die Pegida-Organisatoren hier ansässig seien, eine starke Antifa und schöne Hintergrundbilder, wenn man an die Kulisse von Dresden denke.

Weit verbreitetes Sachsen-Bashing hat viele empört

Doch nun kommen die Ereignisse von Chemnitz dazu. Warum immer wieder Sachsen und was könne die Politik dagegen tun, will der Fragesteller wissen. Patzelt antwortet, dass Sachsen von jeher eine Bevölkerung habe, „die sich nicht gerne etwas aufzwingen lässt.“ Und in diesen Jahren wolle man sich gar nicht gerne den „Wandel hin zu einer multiethnischen und multikulturellen Gesellschaft“ aufzwingen lassen. Vor allem aber habe auch das „weit verbreitete Sachsen-Bashing, das Teil der fehlansetzenden Reaktionen auf Pegida war, viele hier empört und zur Solidarisierung mit den Rechtspopulisten gebracht“, so Patzelt.

Dass die AfD in Sachsen zu Wahlerfolg zu Wahlerfolg eile, habe Patzelts Ansicht nach auch damit zu tun, dass sie als „Pegida-Partei“ wahrgenommen werde. Was die Zukunft betrifft, werde sie „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ zweitstärkste Partei in Sachsen werden, meint er. Vor allem „seit den erneut fehlansetzenden Reaktionen auf die jüngsten Ereignisse in Dresden und Chemnitz.

Den schnellen Aufstieg der AfD erklärt der Dresdner Professor damit, dass die CDU „keine Partei mehr auch für Rechte sein wollte, sondern nur noch eine Partei der Mitte“. Somit wurden viele Leute politisch heimatlos, was Chancen für eine neue Partei schuf. Patzelt sagt:

„Weil man glaubte, Kritik am Migrationsgeschehen nach Deutschland wäre allein rassistisch und nationalistisch verursacht, entbehre also jeder realen Grundlage, trieb man besorgte – und später empörte – Bürger blindlings der AfD zu. Obendrein meinte man, dass Kritik, Herabsetzung und Ausgrenzung fürs Niederringen des neuen Gegners ausreichten. Genützt hätte aber allein der ‚kommunikative Nahkampf‘. Für den waren sich freilich viele zu fein – und andere dafür zu feige.“

Mit Blick auf eine weitere Polarisierung im deutschen Parteiensystem geht er davon aus, dass diese zugunsten von AfD und Grüne ausgehen werden, denn nur diese beiden hätten klare Positionen in den jetzt wichtigen Fragen zur Globalisierung. Patzelt: „Die einen sind für „no nations, no borders“, und die anderen wollen das glatte Gegenteil.“

Die SPD sei zwischen beiden Positionen völlig zerrissen, die CDU intern ebenfalls, und der Riss zwischen CDU und CSU sei ebenfalls der Migrationspolitik zuzuschreiben. Der Politikexperte geht davon aus, dass diese Polarisierung weitergehen wird, und zwar zugunsten von Grünen und AfD, zu Lasten von Union und – vor allem – der SPD. „Linke und FDP werden dabei wohl das Schicksal der ihnen nahestehenden Parteien SPD und Union teilen.“

Für die politische und wirtschaftliche Zukunft Deutschlands malt Patzelt ein eher düsteres Bild:

„Die Wirtschaft lahmt, weil Fachkräfte fehlen; es gibt keine Überschüsse in den Staatshaushalten mehr, da die Steuereinnahmen sehr zurückgegangen sind; und die dann unvermeidlichen sozialen Verteilungskonflikte verbinden sich mit ethnisch-kulturellen Konflikten.“

Und was Europa betrifft, so sei die deutsche Migrationspolitik zum „gefährlichsten und folgenreichsten Spaltpilz der EU“ geworden. Keiner außer den Deutschen glaube noch daran, dass Europa eines Tages  – aus Brüssel regiert – immer enger zusammenwachsen wird. Man könne froh sein, wenn das bisher Errungene überhaupt bewahrt werden könnte, so die Ansicht von Patzelt.

(mcd)



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