„Ich war angewidert von der Menschheit“ – Content-Moderatoren im Extremjob für Facebook & Co.

Content-Moderatoren müssen für Facebook, Twitter und Co. löschen, was Sadisten, Pädophile, Tierquäler und Terroristen hochladen. Für viele ist die psychische Belastung zu hoch. Sie leiden unter den Bildern, die sie gesehen haben und es entwickeln sich psychische Störungen.
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"Ich hatte gesehen, was Menschen tun und wie widerlich sie sind. Ich wollte niemanden berühren. Ich war angewidert von der Menschheit“, so eine ehemalige Content-ModeratorinFoto: Symbolbild iStock
Epoch Times16. Oktober 2018

Für Facebook sollen laut BBC weltweit rund 7.500 Content-Moderatoren tätig sein, vorzugsweise angestellt bei externen Dienstleistern – Partnerfirmen, die oft in Billiglohnländern angesiedelten sind. Der Job stellt enorme Anforderungen an die Psyche, denen viele auf Dauer nicht gewachsen sind.

Selena Scola hat als sogenannte Content-Moderatorin beim Dienstleister Pro Unlimited für Facebook gearbeitet, dies hatte für sie gravierende Folgen. Durch ihre Arbeit, bei der sie abertausende Stunden in die Abgründe der menschlichen Seele geblickt hat, hat sie eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt, wie sie sonst eher Soldaten nach Einsätzen in Kriegsgebieten erleiden, schreibt die „Kronen-Zeitung“.

Ähnlich erging es Roz Bowden, einer ehemalige Content-Moderatorin, „Als ich damit aufgehört hatte, konnte ich drei Jahre lang niemandem die Hand geben. Ich hatte gesehen, was Menschen tun und wie widerlich sie sind. Ich wollte niemanden berühren. Ich war angewidert von der Menschheit“, zitiert die Kronen-Zeitung die Frau.

So wie den beiden geht es vielen, die bei Facebook, Twitter und anderen sozialen Medien löschen, was Sadisten, Pädophile, Tierquäler und Terroristen hochladen.

Es gibt keine öffentlichen Studien zu den psychischen Auswirkungen

„Es gibt noch keine öffentlichen Studien über die Langzeitfolgen dieser Arbeit.“ sagt Sarah Roberts, die sich an der University of California mit Content-Moderation beschäftigt. Die Expertin glaubt, dass Moderatoren auch nach Jahren noch psychische Probleme entwickeln können – weil sie immer noch von den grausigen Bildern verfolgt werden – die sie bei ihrer Arbeit gesehen haben. Das Bewusstsein für die Folgen dieser Arbeit, wäre allerdings im Wachsen, heißt es in dem Artikel.

So würde – etwa bei Facebook – heute mehr darauf geschaut, ob der Mitarbeiter für diese Arbeit überhaupt geeignet ist. Partnerfirmen hätten nun die Vorgabe, neue Moderatoren mindestens 80 Stunden lang auf ihre Arbeit vorzubereiten. Außerdem beschäftige Facebook vier klinische Psychologen, an die sich die Moderatoren wenden können. Diese würden allerdings wenig durch die Mitarbeiter genutzt, heißt es in dem Artikel.

Denn es sei ja eine Voraussetzung für den Job, dass man damit zurechtkommt, und die Mitarbeiter wollen nicht, dass ihr Arbeitgeber mitbekommt, dass sie das nicht tun, erklärt Roberts. Wer zum Psychologen ging, fühlte sich schnell innerhalb der Firma stigmatisiert.

Moderator: „Mir fielen büschelweise die Haare aus“

Was eine fehlende Auseinandersetzung mit den Erlebnissen für Folgen haben kann, zeigen Berichte deutschsprachiger Content-Moderatoren, die in Berlin für um die 8,50 Euro pro Stunde beim Dienstleister Arvato für Facebook tätig sind, berichtet die Kronen-Zeitung.

So berichtet ein Mitarbeiter, dass ihm plötzlich büschelweise die Haare ausfielen, nach dem Duschen oder selbst bei der Arbeit. Seine Arzt hätte dann zu ihm gesagt, dass er aus diesem Job rausmüsse, schreibt die Kronen-Zeitung.

Eine Kollegin berichtet, dass sie, seit sie Kinderpornovideos gesehen habe, eigentlich Nonne werden könnte, denn seitdem sei an Sex nicht mehr zu denken. Seit über einem Jahr kann sie mit ihrem Partner nicht mehr intim werden. Sobald er sie berührt, fange sie an zu zittern. Viele hätten gesoffen oder exzessiv gekifft, um damit klarzukommen, berichtet ein anderer Moderator.

Dann wird von einem Aussteiger berichtet, der an seinem letzten Tag noch die Tötung eines dreijährigen Kindes mit einem Schlachtermesser mit ansehen musste. „Ich habe selbst ein Kind. Es könnte dieses sein. Ich muss nicht mein Gehirn zerstören wegen dieses Scheißjobs. Ich habe alles ausgeschaltet und bin einfach rausgelaufen. Ich habe meine Tasche genommen und bin heulend bis zur Straßenbahn gelaufen“, zitiert die Kronen-Zeitung den Aussteiger. (er)



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