Alles Bio oder was…?

Epoch Times13. September 2007

Verunsichert durch viele Lebensmittel-Skandale in den vergangen Jahren verlangen viele Verbraucher mehr Sicherheit. Die Folge: Bio boomt. Und das nicht erst seit gestern. Wurden Bio-Landwirte früher belächelt und als linke Öko-Fuzzis abgetan, lacht mittlerweile keiner mehr. Allein in Nordrhein-Westfalen stieg die Zahl der Bio-Betriebe von 437 im Jahr 1996 auf 1.028 im Jahr 2006, die allesamt nach der EU-Öko-Verordnung produzieren.

Auch die Entwicklung des Umsatzes für Bio-Lebensmittel in Deutschland zeichnet eine eindeutiges Bild: Zwischen 2000 und 2006 hat er sich glatt verdoppelt. Doch wer is(s)t heutzutage aller Bio? Wo genau steigen die Umsätze und was hat der deutsche Biobauer davon?
Zunächst haben Bioprodukte ein gutes Image. Für 76 Prozent der Konsumenten sind aktuellen Studien zufolge Bio-Lebensmittel „in“. Mehr als jeder zweite Verbraucher kauft wenigstens gelegentlich Bio-Lebensmittel. Während der Biokunde der 80er und 90er Jahre noch ein „gesellschaftlicher Sonderling“ war, der sich mit Birkenstocksandalen an den Füßen beim Wochenmarkt-Biogärtner und in kleinen Bioläden einfand, so trifft man heute in den Bio-Läden immer seltener den klassischen Bio-Müsli-Mann oder –Frau. Viel mehr besteht die Kundschaft inzwischen aus einer bunten Mischung von Schlipsträgern, Alt-68ern und soliden Familienvätern.

Die unterschiedlichen Zielgruppen werden auch durch unterschiedliche Vermarktungsmodelle bedient. Alteingesessene Vermarktungswege wie durch den Wochenmarkt-Biogärtner in der Stadt als Urmodell eines Biohändlers der ersten Stunde gibt es zwar immer noch, die Umsätze in diesem Marktsegment stagnieren jedoch oder sind sogar leicht rückläufig. Grund dafür ist hauptsächlich das gesteigerte Angebot durch spezielle Fachmärkte und die großen Discounter, die immer mehr Biowaren in ihr Sortiment aufnehmen. Die Umsätze in den Hofläden auf den Biohöfen stagnieren ebensowie auf dem Wochenmarkt, während das Modell des Bioladens alten Schlages an der Straßenecke mit seinem Grundsortiment in den Ikea-Regalen im Moment in recht großen Schritt en von großräumigeren Biosupermärkten mit teils luxuriösem Vollsortiment abgelöst wird. Ein weiterer Vermarktungsweg, der vor allem im Biobereich zur Anwendung kommt, wird durch die wöchentlich nach Hause gelieferten Abokisten abgedeckt. Sie werden inzwischen nahezu flächendeckend von spezialisierten Betrieben in ganz Deutschland angeboten.

Supermarktmodell auch in der Biobranche im Vormarsch

Ganz eindeutig hält ansonsten auch im deutschen Bio-Segment die Angleichung an amerikanisches Einkaufsverhalten Einzug. Bequem fährt der Kunde mit dem Auto zum Supermarkt. Er erhält dieMöglichkeit, aus einer Vielzahl an Angeboten auszuwählen und die erstandenen Waren bequem nach Hause zutransportieren. Während die so genannten 1A-Lagen in den Fußgängerzonen der Innenstädte immer uninteressanter werden, sind die 2A-Lagen, mehr am Rande der Stadt, aber mit reichlich vorhandenen Parkmöglichkeiten ausgestattet gesucht. Der allgemeine Biomarkt hat sich aus seiner Nische heraus entwickelt und in den letzten Jahren den Kundenwünschen der breiten Masse angepasst. In jeder größeren Stadt gibt es heute einen oder sogar mehrere großräumige, konkurrierende Biosupermärkte in den 2A-Lagen. Auch große Discounter wie Lidl haben das Geschäft im Biobereich inzwischen für sich entdeckt. Lidl hat erst jüngst 23 Prozent der Basic AG übernommen. Diese ist auf Biosupermärkte spezialisiert und unterhält – großteils in Süddeutschland – 23 Biosupermarktfi lialen mit einem Umsatzvolumen von 72,6 Millionen Euro. Schwacher Zuwachs bei den ökologisch bewirtschafteten Flächen. Doch während die neuen Biosupermärkte sich im Moment zu wahren Goldgruben entwickeln, verzeichnet der größte Verband der Biogärtner und Bauern „Bioland“ die schwächste Zuwachsrate bei den ökologisch bewirtschaft eten Flächen seit Jahren. Die vom Bundeslandwirtschaftsministerium veröffentlichen Zahlen zum Bio-Landbau in Deutschland für das Jahr 2006 sind ernüchternd. Die Zuwachsrate von 2,3 Prozent bei den ökologisch bewirtschafteten Anbauflächen ist laut „Bioland“ auf einem historischen Tiefstand. Dagegen lag das Wachstum des gesamten Biomarktes im gleichen Zeitraum mit 16 Prozent bei einem Vielfachen. Die Zahl der registrierten Importeure von Biowaren erhöhte sich ebenso um 16,8 Prozent.
Heimische Biowaren sind leider aktuell schon knapp und die Tendenz zeigt einen stark zunehmenden Import von Waren aus dem Ausland.

„Die Politiker müssen endlich positive Signale für eine Umstellung auf Bio-Landbau senden“, sagt der Präsident des Biolandverbands Thomas Dosch. Da für eine rentable und nachhaltige Gemüseproduktion entsprechend fundiertes Fachwissen notwendig ist, wuchs die Öko-Anbaufläche laut der Zentrale Marktund Preisberichtsstelle ( ZMP) in den vergangenen Jahren nicht so stark, wie es der Markt zugelassen hätte. Begrenzend für die Ausweitung der Öko-Gemüseflächen wirkt sich laut der ZMP auch das geringe Interesse der konventionellen Gemüse-Erzeugermärkte am Handel mit Bio-Gemüse aus. Regional mangele es den Bio-Betrieben auch an Pachtflächen für geplante Erweiterungen. In anderen Regionen sei der konventionelle Zuckerrübenanbau attraktiver als der Bio-Feldgemüseanbau, so die ZMP.



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