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Das Ende einer Ära: MTV stellt Musikkanäle zum 1. Januar ein

Zum Jahresende schaltet der US-Mutterkonzern Paramount Skydance die internationalen MTV-Musikkanäle ab. „MTV war so mächtig, dass es die Jugendkultur definierte“, sagt James Hyman, der in den 1990er Jahren Tanzshows für MTV Europe produzierte.

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MTV brachte auch Musikvideos von Taylor Swift.

Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

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Ein Sender, der nur Musikvideos ausstrahlt – beim Start von MTV 1981 eine bahnbrechende Idee. „Video Killed the Radio Star“ war bezeichnenderweise der erste Musik-Clip, der bei Music Television lief.
Mehr als 40 Jahre später machen nun Streamingdienste und Social Media dem Musiksender den Garaus. Zum Jahresende schaltet der US-Mutterkonzern Paramount Skydance die internationalen MTV-Musikkanäle ab.

YouTube und TikTok verändern die Landschaft

Enttäuschte Fans und ehemalige MTV-Moderatoren bedauern das Ende einer Ära. Doch alles, was MTV zu einem kulturell „revolutionären“ Sender gemacht habe, existiere nicht mehr, sagt die Film- und Medienwissenschaftlerin Kirsty Fairclough von der Manchester Metropolitan University.
Digitale Plattformen wie YouTube und TikTok „haben die Art und Weise, wie wir mit Musik und Bildern umgehen, völlig verändert“.
Das Publikum von heute erwarte „Unmittelbarkeit“ und „Interaktivität“, was Videos im Fernsehen nicht bieten könnten, erläutert die Expertin für Populärkultur.
Der Sender sei erfolgreich gewesen, als das Internet noch in den Kinderschuhen steckte, sagt James Hyman, der in den 1990er Jahren Tanzshows für MTV Europe produzierte. „Es war so aufregend, weil das im Grunde alles war, was die Leute hatten.“
Bei den MTV Movie & TV Awards stimmen die Fans über die Gewinnerinnen und Gewinner ab.

Bei den MTV Movie & TV Awards stimmen die Fans über die Gewinner ab.

Foto: Danny Moloshok/Invision/AP/dpa

Abkehr von wenig bekannten Künstlern

Hyman und Moderatorin Simone Angel waren die Macher von MTV Party Zone – einer Sendung, die die Clubkultur feierte und damals noch neue Techno-, House- und Trance-Musik spielte.
Beide verließen den Sender, als MTV Europe Anfang der 2000er Jahre in regionale Tochtergesellschaften aufgeteilt wurde und sich von Musikprogrammen weg zu Realityshows hin umorientierte. „Ich war untröstlich, als es zu einer Aufteilung in verschiedene Regionen kam. Für mich war das wie der Anfang vom Ende“, sagt die Niederländerin.
Grund für die schwindende Popularität von MTV war ihr zufolge die Abkehr von originellen, innovativen Musikinhalten, die für den Durchbruch wenig bekannter Künstler entscheidend waren. „Anfangs ging es MTV Europe nicht nur darum, möglichst viel Geld zu verdienen. Es war die Experimentierfreudigkeit, die den Sender so spannend machte.“

Was bleibt?

Der deutschsprachige MTV-Sender ging 1997 an den Start und machte Moderatoren wie Kristiane Backer, Ray Cokes, Nora Tschirner und Christian Ulmen einem Millionenpublikum bekannt.
Seit Paramount Anfang des Jahres mit Skydance fusionierte, versucht der Konzern, Kosten zu senken und kündigte im Oktober den Abbau von 1.000 Stellen an. Auch andere Kabelfernsehangebote stehen auf dem Prüfstand.
Einige MTV-Musikkanäle werden in den Vereinigten Staaten weiterhin ausgestrahlt, in Deutschland soll Medienberichten zufolge MTV HD weiter verfügbar bleiben, allerdings mit einem Schwerpunkt auf Unterhaltung statt auf Musik.
„Das ‚M‘ in MTV stand für Musik, und das ist nun weg“, beklagt Hyman. „MTV hat die Popmusik wirklich grundlegend verändert“, resümiert Wissenschaftlerin Fairclough.
Der Sender habe sowohl berühmte als auch unbekannte Künstler in die Wohnzimmer von Musikfans auf der ganzen Welt gebracht. Die Abschaltung von Sendern in vielen Ländern „markiert definitiv das Ende einer Ära in der Art und Weise, wie wir Musik erleben, sowohl visuell als auch kulturell“, sagt sie.

Eminem und Rihanna bei den 2014 MTV Movie Awards.

Foto: Christopher Polk/Getty Images

MTV dominierte die Jugendkultur

Momente wie die Premiere von Michael Jacksons Musikvideo „Thriller“ und Madonnas Auftritt mit „Like a Virgin“ bei den ersten MTV Video Music Awards 1984 prägten die kulturelle Debatte. „MTV war so mächtig, dass es die Jugendkultur definierte“, sagt Hyman und erinnert an den weitreichenden Einfluss des Senders auf Mode, Film und Musik.
In Hymans Wohnzimmer in London wird das alte MTV wieder lebendig. Er hat die VHS-Kassetten der von ihm produzierten Sendungen sorgfältig aufbewahrt und schiebt sie in den Player: Es laufen Clips aus den 90er Jahren, experimentelle Musikvideos, Interviews.
Seit bekannt wurde, dass die Musikkanäle vor dem Aus stehen, drängen Hyman und Ex-Moderatorin Angel Paramount dazu, Archivbänder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
„Für mich fühlt es sich an, als würde MTV schon seit langer Zeit künstlich am Leben erhalten“, sagt Angel. „Aber jetzt, wo tatsächlich der Stecker gezogen werden soll, ist uns allen plötzlich klar geworden, wie viel uns das bedeutet.“ (afp/ks)

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