
Besuch in Warschau: Deutsche Wirtschaftsministerin schlägt neue Töne zur Kernkraft an
Beim Antrittsbesuch in Warschau betonte Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche die enge Verbundenheit Deutschlands mit Polen – in Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft. Trotz zurückhaltender Berichterstattung in polnischen Medien wird der Besuch als Signal für neue Kooperation und pragmatische Energiepolitik gewertet.

Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU).
Foto: Maja Hitij/Getty Images
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Am Montag, 30. Juni, hat Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche ihren Antrittsbesuch in Polen absolviert. Dabei traf sie in Warschau mit ihrem Amtskollegen Krzysztof Paszyk zusammen. Wie die Ministerin auf X mitteilte, hat sie die enge Verbundenheit beider Länder miteinander in Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft betont.
Sie wies darauf hin, dass die beiden Länder noch nie in der Geschichte so lange in Frieden miteinander gelebt hätten. Der 1990 abgeschlossene deutsch-polnische Nachbarschaftsvertrag habe dazu einen entscheidenden Beitrag geleistet.
Reiche betont „enge Verwobenheit“ zwischen beiden Nachbarn
Die Ministerin betonte die Rolle Polens als Partner Deutschlands für Handel und Investitionen und die Notwendigkeit eines „stetigen und konstruktiven Dialogs“. Themen der Wirtschafts- und Energiepolitik standen im Zentrum der Gespräche, betonte die aus dem brandenburgischen Luckenwalde stammende Katherina Reiche.
Der Besuch solle zudem die deutsch-polnischen Beziehungen weiter festigen und das „Weimarer Dreieck“ mit Frankreich ausbauen, „um gemeinsam Europa zu stärken“. In den polnischen Medien fand der Besuch bislang kaum Beachtung. Durchsucht man die Inhalte auflagenstarker Medien wie „Wprost“, „Rzeczpospolita“ oder auch „Wpolityce“, liegen die letzten Artikel, in denen Reiche namentlich erwähnt wird, Wochen zurück.
Momentan stehen in Polens Medien andere Themen im Fokus. Dazu gehören die Bestätigung des Wahlergebnisses zur Präsidentenwahl durch das Verfassungsgericht oder das Tötungsdelikt an einer 24-jährigen Frau in Toruń. Diese wurde in der Nacht zum 12. Juni in einem Park ohne ersichtlichen Grund von einem 19-jährigen venezolanischen Staatsangehörigen angegriffen.
PiS wirft Deutschland vor, Migranten über die Grenze zu schmuggeln
Deutschland spielt auch derzeit in polnischen Medien eine wenig rühmliche Rolle. PiS-Chef Jarosław Kaczyński wirft der Regierung in Berlin vor, „regelmäßig illegale Migranten auf unsere Seite“ zu schmuggeln. Da die Grenzbeamten nicht über die erforderlichen Mittel verfügten, zu handeln, bildeten sich private Schutztruppen, die eigenständig die Grenze bewachten.
Am 29. Mai fand Reiche immerhin in „Wpolityce“ auf positive Art und Weise Erwähnung, da sie in Brüssel lobende Worte für die Kernenergie und deren Renaissance gefunden habe. Gleichzeitig regte sich aber Kritik an der Regierung in Berlin insgesamt, da diese weiterhin zögere, EU-Mittel für den Ausbau der Kernenergie zur Verfügung zu stellen.
Bei Reiches Besuch am Montag war von Misstönen allerdings wenig zu bemerken. Die ehemalige Managerin des Energieunternehmens Westenergie erklärte, „gern nach Warschau“ gekommen zu sein. Sie betont die „tiefe Verwobenheit“ beider Länder, aber auch die Bedeutung der polnischen Wirtschaft in Europa.
Mehr Gleichklang in der Energiepolitik könnte Beziehungen verbessern
Polen steht auf der Liste der größten deutschen Handelspartner auf Platz 5. Mit stabilen Wachstumsraten von jährlich mehr als drei Prozent ist das Land zu einem Wachstumsmotor im weithin stagnierenden Europa geworden. Zuletzt hatten auch mehrere namhafte deutsche Unternehmen ihre Produktion nach Polen verlagert – unter anderem Viessmann und Miele.
Im Nachbarland stieß nicht nur die Migrationspolitik der vergangenen Jahre in Deutschland auf scharfe Kritik. Auch die Energiepolitik Deutschlands wird in Polen als ein Faktor gesehen, der Europa insgesamt schwäche und noch dazu eine Abhängigkeit von Russland geschaffen habe. Zugleich gab es Unmut über deutsche Belehrungen und Bedenken, als man in Polen beschloss, zwei große neue Kernkraftwerke zu bauen. Auch Vertreter deutscher Bundesländer in Grenznähe forderten mehrfach Umweltverträglichkeitsprüfungen.
„Energetyka24“-Chefredakteur: Pragmatismus von Reiche schafft Vertrauen
Jakub Wiech, Chefredakteur des Energieportals „Energetyka24“, äußert gegenüber der „Welt“, man registriere in Polen eine veränderte Rhetorik bezüglich der Kernkraft. Dies gelte insbesondere mit Blick auf Reiche. Niemand erwarte mehr, dass Deutschland sich unter der neuen Regierung weiter gegen den Ausbau der Kernenergie stemme.
Dies schaffe „Vertrauen bei europäischen Partnern“, betont Wiech. Insgesamt werde der Besuch von Katherina Reiche deshalb als ein Schritt zu engerer Zusammenarbeit und pragmatischer Energiepolitik zwischen Deutschland und Polen wahrgenommen.
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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