DIW: Spekulationen treiben Preise nach oben – Lohnerhöhungen gefordert

Die Stimmen für Lohnanpassungen als Ausgleich für die stark gestiegenen Preise werden immer lauter. DIW-Präsident Fratzscher warnt vor einer Spirale aus immer schwächerem Wachstum und hoher Inflation.
Hält eine Lohnerhöhung für wichtig, «damit der Konsum weiterhin aufrechterhalten werden kann»: Marcel Fratzscher.
Hält eine Lohnerhöhung für wichtig: Marcel Fratzscher.Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Epoch Times19. April 2022

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hält Lohnanpassungen als Ausgleich für die stark gestiegenen Preise für „absolut notwendig“.

Das sei auch deshalb wichtig, „damit der Konsum weiterhin aufrechterhalten werden kann“, sagte Fratzscher im Deutschlandfunk. „Denn wenn das nicht passiert, dann werden die Unternehmen Schwierigkeiten bekommen, die Arbeitslosigkeit wird steigen, und dann kommen wir in eine Spirale aus immer schwächerem Wachstum und hoher Inflation“, führte der Ökonom aus.

Die Politik müsse den Menschen angesichts der hohen Inflation gezielt helfen, zum Teil habe sie das auch schon gemacht, etwa mit der Energiepauschale von 300 Euro für jeden Beschäftigten. „Das ist schon mal ein guter Schritt“, sagte Fratzscher. Der falsche Weg seien jedoch „populistische Maßnahmen“ wie die Spritpreisbremse. Ein solcher Zuschuss zum Benzinkauf sei kontraproduktiv, „das reduziert nicht den Verbrauch von Energieträgern, sondern wirft letztlich einen großen Teil dieses Geldes den Mineralölkonzernen in den Rachen.“

DIW-Präsident rechnet mit anhaltend hohen Preisen

Laut Einschätzung des DIW müssen sich die Menschen in Deutschland außerdem auf anhaltend hohe Preise einstellen. Die Preise würden sich „auf die nächsten fünf bis zehn Jahre“ erhöhen, sagte Fratzscher am Dienstag. Er nannte als Gründe den Krieg in der Ukraine, große Unsicherheit und ein Ende der Globalisierung in ihrer bisherigen Ausprägung.

Die hohen Preise seien aktuell zum größten Teil „spekulationsgetrieben“, sagte Fratzscher im Deutschlandfunk. Teile des Angebots würden zurückgehalten aus Sorge, dass in Zukunft nicht genug da sein werde. „Die Sorge um die Zukunft treibt die Preise.“ Die Unsicherheit, „was da kommen könnte“, sei das vielleicht größte Gift.

Von der Ampel-Regierung erwartet Fratzscher mehr Entlastungen, denn „wir haben das Ende der Fahnenstange noch nicht gesehen“. Die Politik müsse gezielt helfen, sagte er im Deutschlandfunk. Der DIW-Präsident schlug vor, den reduzierten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf Null zu setzen.

Zudem müsse der Staat deutlich mehr investieren – in die Energiewende, die Digitalisierung und die Bildung. Die Schuldenbremse werde „auf fünf bis zehn Jahre nicht zu halten sein“. Das Land dürfe sich nicht „kaputtsparen“.

Umdenken bei internationalem Handel

Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und dadurch gestörter Lieferketten sei ein Umdenken nötig. „Wir haben bisher eine Globalisierung, die völlig blind war, mit welchem Land man handelt, man hat nur auf Kosten, auf Effizienz geachtet.“ Nun müsse die Globalisierung klüger und widerstandsfähiger gestaltet werden.

Es gelte, die Produktion international auf mehr Standorte zu verteilen und „vielleicht auch wieder mehr in Europa selbst“ zu produzieren, sagte der DIW-Präsident. (dpa/mf)



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