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Warnung vor steigenden Preisen

Wirtschaft warnt vor Mindestlohnerhöhung: Politische Eingriffe gefährden Wettbewerbsfähigkeit

Die Bundesregierung will den gesetzlichen Mindestlohn bis 2026 auf 15 Euro anheben. Während SPD-Generalsekretär Miersch eine notfalls politische Durchsetzung in Aussicht stellt, warnt eine breite Allianz aus Wirtschaftsverbänden vor den Folgen staatlicher Lohnfestsetzung – mit Verweis auf Preissteigerungen, Jobverluste und schrumpfende Tarifspielräume.

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Kleinbetriebe in Bernburg, Sachsen-Anhalt. Für sie stellt ein höherer Mindestlohn eine spürbare Belastung dar.

Foto: privat

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Der Koalitionsvertrag von Union und SPD hat einen gesetzlichen Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 als Ziel definiert. Gleichzeitig will man an einer „starken und unabhängigen Mindestlohnkommission“ festhalten. Diese solle sich „sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren“.
Daraus lässt sich ablesen, dass die kommende Bundesregierung auf grünes Licht für die Erhöhung durch die Einschätzung der Mindestlohnkommission vertraut. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch erinnerte dennoch daran, dass der Gesetzgeber diese notfalls auch ohne deren Rückendeckung beschließen könne. Bei Arbeitgeberverbänden sorgte das für Irritationen.

„Staatliche Lohnfestsetzung ist Gift“: Scharfe Kritik von Arbeitgeberverbänden

Bereits zu Beginn der vergangenen Woche hatten mehrere Verbände eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht. Diese trug den Titel „Staatliche Lohnfestsetzung ist Gift für unser Land“. Unterzeichnet haben sie der Handelsverband Deutschland, der Deutsche Bauernverband, der Deutsche Raiffeisenverband (DRV). Dazu kommen Gesamtmetall, der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks und der Gesamtverband der deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände.
In der Erklärung warnen die Verbände vor einer „rein politisch motivierten Anhebung des Mindestlohns“ und weiteren – auch indirekten – Eingriffen in die unabhängige Entscheidungsfindung der Mindestlohnkommission. Diese hätten „fatale Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit“ Deutschlands.
Die Verbände verweisen auf die Erfahrungen des Jahres 2022 und nennen diese als abschreckendes Beispiel. Seitdem sei der Mindestlohn um mehr als 30 Prozent gestiegen. Vor allem mittelständische Arbeitgeber könnten dies nicht mehr stemmen. Die steigende Arbeitslosigkeit und die hohe Zahl der Insolvenzen seien ursächlich auf die politische Entscheidung der Ampelregierung zurückzuführen.

Rückblick auf 2022: Mindestlohnanhebung als Belastung für Mittelstand?

Dazu kämen die ebenfalls stetig weiter steigenden Lohnnebenkosten. Ein Bekenntnis dazu, für die Sozialbeiträge insgesamt eine Obergrenze von 40 Prozent festzusetzen, vermisse man im Koalitionsvertrag.
Dieser bleibt zu dem Thema tatsächlich wortkarg. Ein Verweis auf eine „Kommission zur Sozialstaatsreform“, deren Bildung man anstrebt, gehört zu den konkretesten Aussagen zu diesem Thema.
Die Verbände betonten auch die Bedeutung der in Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz verankerten Tarifautonomie und deren Schutz vor politischen Eingriffen. Dies impliziere eine staatliche Selbstbeschränkung im Bereich der Lohnfindung. Die gesetzliche Mindestlohnerhöhung vom Oktober 2022 habe bereits „zu erheblichen Stauchungen im Tarifgitter vieler Branchen geführt“.
Eine Differenzierung bei den Tariflöhnen für ungelernte Tätigkeiten sei aufgrund des Mindestlohns ebenfalls nicht mehr möglich. Dies führe dazu, dass die Gewerkschaften mit massiven Lohnforderungen in die Verhandlungen gingen, um den Abstand zum Mindestlohn wiederherzustellen. Dies alles befeuere die Lohn-Preis-Spirale und führe dazu, dass die Beschäftigten trotz nominell höheren Löhnen nicht an Kaufkraft gewännen.

Arbeitgeber befürchten nachlassende Investitionsneigung

Die Effekte seien eine geringere Attraktivität von Tarifbindung und eine gehemmte Investitionsneigung. Bürokratie, instabiles Börsengeschehen und die Zollkonflikte täten ihr Übriges.
Im Jahr 2015 gab es erstmals einen gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland. Dieser lag bei 8,50 Euro. Profitiert haben davon zwischen 4,8 und 5,4 Millionen Menschen, die zuvor weniger verdient hatten. Dies waren beispielsweise Beschäftigte im Frisörhandwerk, deren Tariflohn in Ländern wie Sachsen-Anhalt deutlich unter dieser Marke lag.
In den darauffolgenden Jahren ist der Mindestlohn stufenweise gestiegen, besonders stark jedoch im Oktober 2022, als die Bundesregierung ihn unter dem Eindruck von Inflation und Energiekrise auf 12 Euro anhob. Dieser Eingriff per Gesetz sollte ein außerplanmäßigen Schritt sein, so das Versprechen der damaligen Koalition. Von dieser Erhöhung profitierten damals rund 8 Millionen Beschäftigte.

Forschungsinstitute geben Entwarnung – aber nur bedingt

Forschungsinstitute wie DIW geben Entwarnung. Sie verweisen darauf, dass die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns ab 2015 keine Lohn-Preis-Spirale ausgelöst oder negative Beschäftigungseffekte gehabt habe.
Studien, wie etwa von der Hans-Böckler-Stiftung veröffentlichte, führen eine Schrumpfung des Niedriglohnsektors auf den Mindestlohn zurück. Dieser sei im Jahr 2024 so klein wie zuletzt vor 25 Jahren gewesen.
Zwar hätten einige Kleinstunternehmen, insbesondere in Ostdeutschland, aufgegeben. Allerdings seien Beschäftigte von dort zu stabileren, besser bezahlenden Unternehmen gewechselt. Zudem gebe es weniger Minijobs bei mehre sozialversicherungspflichtigen Stellen.
Befürworter eines ambitionierten Mindestlohns gehen von einer höheren Produktivität aus, weil sich Beschäftigung zu produktiveren Betrieben verlagere und Unternehmen in Effizienz investierten.
Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hingegen warnt vor möglichen Arbeitsplatzverlusten, wenn gesetzliche Mindestlohnerhöhungen in konjunkturschwachen Phasen stattfänden.
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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