Durch fossile Rohstoffe zur Hochkultur: Griechen nutzten vor 3.000 Jahren Braunkohle

Archäologen belegen Nutzung von Braunkohle für Brennöfen im bronzezeitlichen Griechenland vor mehr als 3.000 Jahren und damit 1.000 Jahre früher als bisher bekannt. Das legt jedoch auch nahe, dass der wirtschaftliche und kulturelle Aufschwung der Griechen in fossilen Rohstoffen gründet.
Die goldene Grabmaske des Agamemnon, lässt den Reichtum der mykenischen Kultur erahnen, der laut neuesten Forschungen auf fossilen Rohstoffen beruht.
Die "Goldmaske des Agamemnon" lässt den Reichtum der mykenischen Kultur erahnen, der laut neuesten Forschungen auf fossilen Rohstoffen beruht.Foto: iStock / Wikimedia Commons, CC BY 2.0, Bildmontage: Epoch Times
Von 4. Februar 2022

Die mykenische Kultur in Griechenland ist vielen Menschen aufgrund ihres Reichtums bekannt. Besonders berühmt sind dabei Kunstwerke wie die „Goldmaske des Agamemnon“. Doch sie ist auch jene Kultur, welche erstmals in Europa Schrift verwendete und in Massenproduktion hergestellte Waren exportierte. Am beliebtesten waren aufwendige Keramikgefäße sowie Schmuck, Schwerter und Gefäße aus Bronze.

Ein internationales Team um Prof. Dr. Philipp Stockhammer, Archäologe an der Ludwig-Maximilians-Universität München, konnte nun zeigen, dass diese Massenproduktion vor mehr als 3.000 Jahren wohl vor allem möglich war, weil die Menschen damals bereits systematisch Braunkohle für ihre Brenn- und Schmelzöfen nutzten.

Die Studie erschien in „Scientific Reports“ unter dem Titel: Archaeometric evidence for the earliest exploitation of lignite from the bronze age Eastern Mediterranean

Antike Rückstände noch heute erhalten

Die Belege für den Einsatz von Braunkohle haben die Archäologen und Chemiker im Zahnstein bronzezeitlicher Menschen aus Griechenland gefunden. Die Menschen aus den Werkstätten haben offenbar zu Lebzeiten immer wieder die schädlichen Abgase vom Verbrennen der Braunkohle eingeatmet. „Dieser Befund war eine echte Überraschung“, sagt Prof. Stockhammer, der die Forschungen leitete, in einer Pressemitteilung.

Eigentlich wollten die Forscher besser verstehen, was die Menschen im bronzezeitlichen Ostmittelmeerraum gegessen haben. Sie untersuchten dafür den Zahnstein von Menschen, die im 2. Jahrtausend v. Chr. in Griechenland gelebt haben.

Fundplätze und Braunkohle-Lagerstätten in Griechenland

Karte des östlichen Mittelmeers mit den in der Studie berücksichtigten Fundorten (rote Kreise) und den wichtigsten derzeit bekannten Braunkohle-Lagerstätten (braune Vierecke) im östlichen Mittelmeer. Foto: Buckley et al. (2021), CC BY 4.0

„Wir haben dabei festgestellt, dass im Zahnstein nicht nur Mikroreste, Fette und Eiweiße des jeweiligen Essens eingebettet und über die Jahrtausende erhalten wurden, sondern auch all der Ruß und die Abgase, die durch das Einatmen in den Mund kamen“, erzählt Prof. Stockhammer, der auch am Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig tätig ist. „Wir können also noch nach Jahrtausenden sagen, dass in den Feuerstellen und Öfen, vor denen die Menschen in den Werkstätten saßen, Braunkohle verbrannt wurde.“

Mit chemischen Signaturen aus dem Rauch von Kiefern-, Pinien- und Eichenholz – Bäumen, die auch noch heute in der Region wachsen – hatten die Forscher gerechnet. Einige Menschen hatten auch Rauch eingeatmet, der entsteht, wenn man getrockneten Tierdung verbrennt. Dies ist in holzarmen und zugleich heiß-trockenen Regionen auch heute noch ein übliches Brennmaterial. Doch die Spuren von Braunkohle waren völlig überraschend.

Braunkohle machte Massenproduktion erst möglich

„Als wir die Datenserien aus der mykenischen Burg von Tiryns auf dem südgriechischen Festland und dem westkretischen Hafenort Chania analysierten, konnten wir es zunächst kaum glauben“, sagt Dr. Stephen Buckley von der Universität York, der die chemischen Analysen vornahm. „Die Hälfte aller Individuen, die wir aus beiden Orten untersuchten – Männer wie Frauen – hatten neben den zu erwartenden Hölzern ganz klar auch die chemische Signatur von Braunkohle im Zahnstein“. Diese unterscheide sich deutlich von Holzkohle.

Die Signaturen sind zudem so spezifisch, dass diese sogar mit heute bekannten Braunkohlelagerstätten in Verbindung gebracht werden können. In der Bronzezeit nutzten die Menschen demnach offensichtlich eine Lagerstätte in der Nähe von Olympia im Süden Griechenlands. Diese Lagerstätte befand sich gut 150 Kilometer westlich von Tiryns. In Kreta verwendeten die Menschen dagegen eine Lagerstätte, die sich in der direkten Nähe von Chania befand. „Damit können wir die Ausbeutung von Braunkohle bereits im 14. und 13. Jahrhundert v. Chr. nachweisen und damit gut 1.000 Jahre früher, als man bislang angenommen hat“, so Dr. Buckley.

Die Archäologen sind davon überzeugt, dass es diese erstaunlich frühe Nutzung von Braunkohle den mykenischen Griechen erst ermöglichte, in schier unglaublicher Zahl hochwertige Keramikgefäße und Bronzen herzustellen. „Die Funde mykenischer Keramik von Spanien bis Syrien zeigen, dass in den südgriechischen Werkstätten jährlich wohl Zehntausende Gefäße vor allem auch für den Export produziert wurden“, so Prof. Stockhammer.

Die frühe, fast schon industrielle Massenproduktion sei letztlich in einer dicht besiedelten und weitgehend entwaldeten Region nur deshalb möglich gewesen, weil man systematisch auf den fossilen Brennstoff Braunkohle zurückgriff. „Bislang hatte nichts darauf hingedeutet, dass man bereits in der Bronzezeit Braunkohle nutzte“, sagt Prof. Stockhammer. „Wir müssen jetzt das Ressourcenmanagement im mykenischen Griechenland neu denken.“

Aufstieg, Glanz und Niedergang der mykenischen Kultur

Die mykenische Kultur gilt als eine der am höchsten entwickelten Kulturen des bronzezeitlichen Griechenlands und existierte von etwa 1700/1600 bis 1100/1000 v. Chr. Sie zeichnet sich vor allem durch den Bau großer Paläste, der Verwendung der sogenannten Linear-B-Schrift und einer organisierten, führenden „Herrscherschicht“ aus. Weiterhin dominierten sie den Handel im Mittelmeerraum und erlangten so noch mehr Reichtum.

Namensgeber der Kultur ist der berühmte Fundort Mykene auf dem Peloponnes, einer Halbinsel Südgriechenlands. Auf der Suche nach der sagenumwobenen Stadt Agamemnons, König und Anführer der siegreichen Griechen im Trojanischen Krieg, führte Heinrich Schliemann hier erstmals Ausgrabungen durch.

Während seiner Tätigkeiten entdeckte Schliemann kurz hinter dem berühmten Löwentor in den Felsen eingetiefte Schachtgräber. Diese zeugen mit ihren wertvollen Beigaben – unter anderem 15 Kilogramm Gold – von dem Reichtum der antiken Kultur.

Doch am Ende des zweiten Jahrtausends vor Christus fand die mykenische Palastkultur ein jähes Ende. In der Forschung werden dafür unterschiedliche Gründe gesehen, wie beispielsweise eine Invasion von fremden Seevölkern oder Erdbeben und Brände, welche zur Zerstörung der Paläste führte.

Das Löwentor von Mykene. Foto: iStock

Quelle:

(1) Buckley et al. (2021); doi.org/10.1038/s41598-021-03544-w

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 30, vom 5. Februar 2022.



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