Warum Chinas Wirtschaft trotz Problemen nicht zusammenbricht

COVID-19, Immobilienblase, Stromausfälle – die chinesische Wirtschaft hat mit einigen Problemen zu kämpfen. Doch sie wächst weiterhin. Das habe vor allem mit der Abhängigkeit der USA von China zu tun, meint die Ökonomin He Qinglian.
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Lange verfolgten US-Konzerne die Strategie „hier erfinden, dort herstellen“. Doch seit geraumer Zeit gilt das Motto „dort erfinden, dort herstellen“, was die chinesische Wirtschaft antreibt.Foto: STR/AFP via Getty Images
Von 16. November 2021

Chinas Wirtschaft bricht nicht zusammen – und das trotz großer Hürden wie der Immobilienblase und dem Handelskrieg mit den USA. Paradoxerweise halten Chinas Handelsbeziehungen mit den Vereinigten Staaten – und die Abhängigkeit der USA von chinesischen Waren – die Wirtschaft des Landes am Laufen.

Trotz der Debatte in Washington über die Abkopplung von Peking und der Entscheidung der Biden-Regierung, die meisten Zölle der Trump-Ära (zumindest vorerst) beizubehalten, wollen die USA die Handelsbeziehungen mit China aufrechterhalten.

Chinas BIP-Wachstumsrate kann man nicht trauen

Nathaniel Taplin vom „Wall Street Journal“ schrieb kürzlich einen Artikel über Chinas wirtschaftliche Probleme. Dem Autor zufolge stehen die drei Säulen des chinesischen Wirtschaftswachstums – Immobilieninvestitionen, Konsumausgaben und Exporte – allesamt auf „wackeligen Beinen“ und die Aussichten für 2022 sind nach wie vor ungewiss.

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Taplin nennt vier Faktoren, die das chinesische Wirtschaftswachstum momentan bremsen: das Immobilienschuldenfiasko, der Ausbruch der Delta-Variante, Stromausfälle und blockierte Schifffahrtswege. „Ein deutlich schwächeres Wachstum von 4,9 % im letzten Quartal gegenüber dem Vorjahr war erwartet worden“, schrieb er.Meiner eigenen Beobachtung nach war die Wachstumsrate des chinesischen Bruttoinlandsprodukts jedoch schon immer alles andere als vertrauenswürdig, vor allem, weil sie vom Regime immer stark manipuliert wurde. Ich würde mich auch nicht auf die Richtigkeit der Berichte der Weltbank oder des Internationalen Währungsfonds (IWF) über Chinas Wirtschaft verlassen. Denn ihre China-Berichte werden oft mit Daten erstellt, die direkt aus Peking stammen. Ein Beispiel dafür ist der jüngste Skandal um die geschäftsführende Direktorin des IWF, Kristalina Georgiewa, die angeblich Mitarbeiter der Weltbank unter Druck setzte, um Chinas Ranking im „Doing Business“-Bericht zu verbessern.

US-Markt abhängig von chinesischen Waren

Inmitten der Pandemie befinden sich die USA derzeit in einer Lieferkettenkrise – die Häfen sind stark überlastet, Hunderttausende Container befinden sich im Rückstau und in vielen Geschäften herrscht ein Warenmangel oder die Regale sind sogar leer. Jetzt wachen viele Amerikaner auf und werden sich dieser Realität bewusst. China und die USA haben seit Langem eine gemeinsame internationale Lieferkette für Waren – China ist der Lieferant der Waren, die die Amerikaner kaufen. Die beiden größten Volkswirtschaften der Welt stehen in einer wechselseitigen Beziehung zueinander.

Ein Frachtschiff läuft in den Hafen von Bayonne, New Jersey, ein. Foto: Spencer Platt/Getty Images

Wie man es auch dreht und wendet, Tatsache ist, dass die US-Verbraucher nach wie vor Produkte „Made in China“ benötigen – das ist der eigentliche Motor der chinesischen Wirtschaft.

Nach Angaben der chinesischen Zollbehörde belief sich der Gesamtwert der Ein- und Ausfuhren Chinas von Januar bis August auf 3,83 Billionen Dollar, was einem Anstieg von 34,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Der Handelsüberschuss betrug 362,49 Milliarden Dollar – ein Anstieg von 28,9 Prozent gegenüber 2020.

Der Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN), die Europäische Union, die USA und Japan sind nach offiziellen Angaben Chinas erst-, zweit-, dritt- beziehungsweise viertgrößter Handelspartner. Mit allen außer Japan verzeichnete China einen Handelsüberschuss – mit ASEAN beträgt dieser 57,34 Milliarden Dollar und mit der EU 117,82 Milliarden Dollar.

Der Handel zwischen China und den USA belief sich auf 477,8 Milliarden Dollar, wobei Chinas Exporte in die USA bei 358,8 Milliarden Dollar lagen. China erzielte einen massiven Überschuss von 241,2 Milliarden Dollar.

Interessant ist, dass China trotz der US-Handelszölle weiterhin seinen größten Handelsüberschuss mit den USA erzielt – eine Zahl, die weit über dem liegt, was das Land von allen anderen Handelsblöcken und Ländern zusammen erhält.

Die Daten für die USA sehen etwas anders aus, zeigen aber denselben Trend: Chinas Exporte in die USA bleiben stabil, auch wenn die Spannungen zwischen den beiden Ländern zunehmen.

Handel zwischen den USA und China

Seit den 1990er-Jahren sind die Beziehungen zwischen den USA und China von einem stetigen Zufluss von US-Kapital und einer raschen Ausweitung des bilateralen Handels geprägt. Obwohl es auf dem Weg dorthin aufgrund der grundlegenden Unterschiede zwischen den beiden Ländern in Bezug auf universelle Werte und Menschenrechtsfragen zu politischen Rückschlägen kam, vertieften sich ihre wirtschaftlichen Beziehungen immer weiter.

Aufgrund des komparativen Kostenvorteils Chinas wurde die einheimische verarbeitende Industrie der USA in den letzten drei Jahrzehnten ausgehöhlt, was zu einer stabilen internationalen Lieferkette für Waren zwischen den USA und China führte. Die derzeitige Lieferkettenkrise in den USA ist auf diese starke Abhängigkeit von der chinesischen Produktion zurückzuführen.

„In vielen Branchen schuf China erfolgreich unübertroffene Ökosysteme der industriellen Produktion, die die gesamte Wertkette von den Rohstoffen bis zum Endprodukt umfassen“, heißt es in einem Bericht von „MForesight“, einer US-Denkfabrik für das verarbeitende Gewerbe.

Da viele US-Konzerne in Forschung und Entwicklung in Übersee investieren und die Offshore-Produktion in der fortschrittlichen Fertigung einen Wendepunkt erreichte, wurde aus der Strategie „hier erfinden, dort herstellen“ „dort erfinden, dort herstellen“, so die Denkfabrik in ihrem Bericht.

Im Laufe der Jahre las ich viele Artikel, in denen versucht wurde, einen Boom oder Crash für Chinas Wirtschaft vorherzusagen. Doch Chinas Wirtschaft war nie so blühend, wie viele westliche Investmentbanker es voraussagten, da chinesische Behörden oft sehr kurzsichtige Entscheidungen trafen, um die Entwicklung zu beschleunigen. Nach kurzem Wohlstand tauchen daher zwangsläufig versteckte Gefahren auf, wie wir an der aktuellen Schuldenkrise in der chinesischen Immobilienbranche sehen können.

Allerdings wird Chinas Wirtschaft nicht sofort zusammenbrechen. Wie der aktuelle Stand des Handels zwischen den USA und China zeigt, braucht die chinesische Industrie den US-Markt und umgekehrt. Die starke Nachfrage aus den USA verleiht der chinesischen Wirtschaft die nötige Kraft. Kapital folgt immer den Gewinnen, und die US-Wirtschaft hat in absehbarer Zeit nicht vor, den lukrativen chinesischen Markt aufzugeben. 

Das ist der Grund, warum die chinesische Wirtschaft trotz aller Krisen überlebte und noch eine ganze Weile überleben wird.

He Qinglian ist eine bekannte chinesische Autorin und Wirtschaftswissenschaftlerin. Ihr erfolgreichstes Buch ist „The Pitfalls of Modernization“, in dem es um die Korruption bei Chinas Wirtschaftsreformen in den 1990er-Jahren geht. Außerdem schrieb sie das Buch „The Fog of Censorship: Media Control in China“, das sich mit der Manipulation und Einschränkung der Presse in China befasst. Qinglian schreibt regelmäßig über aktuelle gesellschaftliche und wirtschaftliche Themen in China. Sie lebt derzeit in den USA.

Dieser Artikel erschien im Original auf The Epoch Times USA unter dem Titel: Why China’s Economy Continues to Survive (deutsche Bearbeitung von as)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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