„D-Day“ für Johnson? Tory-Rebellen wollen Premier stürzen

Genießt Boris Johnson noch das Vertrauen seiner Konservativen Partei? Hinter den Kulissen brodelt es, immer mehr Tories scheinen an seinem Stuhl zu sägen. Die Luft für den britischen Premier wird dünner.
Titelbild
Großbritanniens Premierminister Boris Johnson.Foto: Ian Vogler - WPA Pool/Getty Images
Epoch Times19. Januar 2022

Die parteiinternen Gegner des britischen Premierministers Boris Johnson wittern ihre Chance zur Rebellion. Wie mehrere britische Medien in der Nacht berichteten, wollen zahlreiche Abgeordnete seiner Konservativen Partei dem Regierungschef das Misstrauen aussprechen.

Es sei gut möglich, dass damit jene 54 Stimmen erreicht werden, die für ein Misstrauensvotum gegen Johnson nötig sind. „Seine Zeit ist abgelaufen“, zitierte der „Telegraph“-Reporter Hope einen Parlamentarier. Schon heute drohe Johnson der „D-Day“, der Tag der Entscheidung.

Zu einer Misstrauensabstimmung in der Fraktion würde es kommen, falls sich 15 Prozent der 360 konservativen Abgeordneten gegen Johnson aussprechen – was 54 Stimmen entspricht. In geheimer Wahl in der Fraktion müsste der Premier dann mindestens 50 Prozent der Mitglieder auf seine Seite bekommen, um die Abstimmung zu überstehen.

Johnson steht seit Wochen erheblich unter Druck wegen Enthüllungen über Partys im Regierungssitz während des Corona-Lockdowns. Sein Ansehen in der Bevölkerung und der Partei gilt bereits als schwer beschädigt.

„Ich glaube, wir haben es geschafft“, zitierte die gut vernetzte BBC-Reporterin Laura Kuenssberg einen gegen Johnson aufbegehrenden Tory. ITV-Moderator Robert Peston twitterte, mehrere konservativen Abgeordneten seien sich einig, dass Johnson gehen müsse.

Es sei nur noch nicht klar, ob sie schon jetzt vorpreschen oder bis zur Veröffentlichung eines internen Untersuchungsberichts warten. Bisher haben sieben Tory-Parlamentarier dem Premier ihr Misstrauen ausgedrückt, hinter den Kulissen war aber bereits von mindestens 30 Rebellen die Rede. Nach Zählung der „Times“ haben 58 Abgeordnete Johnson öffentlich kritisiert.

„Pork Pie Putsch“

Für Aufsehen sorgt vor allem, dass es sich bei den neuen Stimmen um Abgeordnete handeln soll, die erst aufgrund von Johnsons fulminantem Wahlsieg 2019 ins Parlament gekommen sind. Sie hatten sich am Dienstag im Büro von Alicia Kearns getroffen. Weil deren Wahlkreis um den Ort Melton Mowbray bekannt für Schweinefleisch-Pasteten ist, sprechen Medien von einem „Pork Pie Putsch“.

Johnson hatte am Dienstag Vorwürfen seines Ex-Beraters Dominic Cummings widersprochen, er habe in der „Partygate“-Affäre gelogen. Niemand habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass eine Veranstaltung im Mai 2020 im Garten seines Amtssitzes gegen die damals geltenden Corona-Auflagen verstoßen könnte, beteuerte der Premier.

Johnson will Corona-Regeln aufheben

Johnson kämpft seit Wochen um sein Amt. Um Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, will er heute – wie von konservativen Hardlinern seit langem gefordert – einige Corona-Regeln aufheben, die er kurz vor Weihnachten wegen der Ausbreitung der Omikron-Variante wieder eingeführt hatte. Dazu zählen die Vorgabe, möglichst von Zuhause zu arbeiten, sowie Impfnachweise als Bedingung für die Teilnahme an größeren Veranstaltungen.

Mögliche Nachfolger

Die Tory-Rebellen scheinen sich jedoch nicht mehr von ihrem Vorhaben abbringen zu lassen. Retten könnte den Premier höchstens noch, dass es keinen klaren Herausforderer gibt, hinter dem sich seine Gegner sammeln könnten.

Als mögliche Nachfolger gelten Außenministerin Liz Truss, die Johnson öffentlich ihre volle Unterstützung zugesichert hatte, sowie Finanzminister Rishi Sunak. Der Schatzkanzler vermied bislang ein Bekenntnis zum Premier und hat sich zuletzt rar gemacht.

Johnson schloss einen Rücktritt auch am Dienstag nicht explizit aus. Er wolle das Resultat der internen Untersuchung abwarten, sagte er. Der Bericht könnte bereits am Freitag veröffentlicht werden, doch auch ein späterer Termin sei möglich, hieß es in London. Am Mittwoch stellt sich der Premier im Unterhaus traditionell den Abgeordneten. (dpa/red)



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